Aktuelle Ausgabe 01/2024

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Brauweizen: eine sehr lukrative Nische

Brauweizen ist häufig regional eine höchst lukrative Alternative zu den „klassischen“ Kulturen und Vermarkungswegen. Voraussetzung sind in erster Linie gut funktionierende Vermarktungsstrukturen, wie unser Beispiel aus dem Erzgebirge zeigt.

Weizenlager
Weizenlager
Qualitätsweizenanbau war in der Region um Oederan im sächsischen Erzgebirge früher nie ein großes Thema: Backweizenqualitäten lassen sich auf diesen Gebirgsstandorten nicht sicher erreichen, denn das Wetter erschwert in vielen Jahren eine rechtzeitige Ernte, sodass ausreichend hohe Fallzahlen oft nicht erreicht werden. Auch die Proteinwerte stellen in vielen Jahren ein Problem dar, da witterungsbedingt im Sommer wenig mineralisiert wird und so der im Boden vorhandene Stickstoff nicht in ausreichender Menge nachgeliefert wird. Daher war es lange Zeit in der Regel attraktiver, auf diesen Flächen Futtergetreide oder Braugerste anzubauen. Zusätzlich war die EU-Förderung der benachteiligten Gebiete so ausgelegt, dass der Weizenanbau unattraktiv war*.

Durch die Steigerung des Weizenbierabsatzes und der Änderung der EU-Richtlinien wurde der Brauweizenabsatz interessant. „Brauweizen gelingt in dieser Region recht gut“, erläutert der Vorstandsvorsitzende Götz Eckardt. „Wir haben nur selten sehr lange, trockene Perioden, die Niederschläge fallen ausreichend und gut verteilt. Aufgrund der Höhenlage haben wir zudem selten Hitzestress im Sommer, sodass sich die Körner gut ausbilden können und Sortierungskriterien sicher erfüllt werden. Auch ist die etwas kühlere Witterung gut gegen Pilzbefall.“ Da die Preise des Brauweizens sich am A-Weizen orientieren, die Erträge der hochertragreichen C-Sorten aber deutlich über denen der Qualitätsweizen liegen, ist das Ganze für die Landwirte eine hochattraktive Angelegenheit. Hinzu kommt die Vermarktungs- und Planungssicherheit für einen Teil der Ernte durch die vertragliche Bindung mit der EZG Braugetreide.

„Durch den Absatzweg ins Malz hat der Weizenanbau in unserer Region an Umfang und an Wertschöpfung deutlich zugelegt“, hat Eckardt beobachtet. Aus den Mitgliedsbetrieben der Region um Nossen wird der Weizen in dem Programm „Sachsens Ährenwort“ in die Dresdener Mühle vermarktet. Der Brauweizen geht zzt. ausschließlich an deutsche Mälzereien, z. B. an Weyermann Malz in Bamberg, IREKS Kulmbach, die Malteurop Deutschland GmbH in Heidenau & Langerringen oder die Bamberger Mälzerei, die ihrerseits Kunden auf der ganzen Welt bedienen: Das aus dem Erzgebirgsweizen gebraute Bier landet also u. U. auch schon mal in koreanischen Kehlen.


Anforderungen des internationalen Marktes

Welche Anforderungen stellen international agierende Unternehmen an Brauweizen? „Das wichtigste Kriterium ist die Sortierung. Ähnlich wie bei der Braugerste sollen mindestens 88 % der Körner größer als 2,5 mm sein, daher ist es wichtig, sicher große Körner zu produzieren“, erläutert Eckardt. „Die geforderten maximalen Proteinwerte von 11,3 % Rohprotein – das entspricht 12,5 % Brauprotein – zu unterschreiten, ist meist kein Problem. Wichtig ist auch das Kriterium Fusariumbefall: Hier liegen die Grenzwerte wie beim Backweizen. Fusarium kann im Brauprozess echte Schwierigkeiten machen, denn die Pilze vermehren sich während des Weichens bei Wärme und Nässe sehr schnell. Erhöhter Fusariumbefall kann mit zum Gushing des Bieres führen. Ein K.-o.-Kriterium ist Auswuchs: Partien mit Auswuchs werden nicht akzeptiert!“


Zweck der EZG Braugetreide Mittelsachsen w. V. ist die Vermarktung von Braugerste aus der Region zwischen Chemnitz, Meißen und Frauenstein. Unternehmenssitz ist Gahlenz, auch Lagerstandort der „Erzgebirgskorn Gahlenz e. G.“. Diese Landhandelsgenossenschaft ist im Raum Oederan aktiv. Götz Eckardt ist Vorstandsvorsitzender der Lagergenossenschaft und zugleich der Vorstandsvorsitzende der EZG. Ihm obliegt die Vermarktung der Ware. Mehr Infos unter www.erzgebirgskorn.de

Überschaubarer Markt: traditionell aber offen

Die Vermarktung ist hier vor allem gekennzeichnet durch gewachsene Geschäftsbeziehungen in beide Richtungen: Sowohl die eingebundenen landwirtschaftlichen Betriebe als auch die Mälzereien, sind fast ausnahmslos seit Jahren dabei. Das schafft Vertrauen und Sicherheit für alle Beteiligten. Die gesamte Brauweizenmenge wird über die Erzeugergemeinschaft „Braugetreide Mittelsachsen w. V.“ vermarktet. Das Sortenspektrum gibt die EZG obligatorisch vor – in den letzten Jahren waren dies T* und Elixer, Manitou und Landsknecht befinden sich in der Testphase.

Wir könnten auch eine noch größere Menge vermarkten – die Nachfrage wäre vorhanden.“

„Wir sind natürlich keine „geschlossene Gesellschaft“ und grundsätzlich offen für externe landwirtschaftliche Betriebe, die dann entsprechende Vorkontrakte mit uns abschließen. Es besteht über die EZG aber eine Andienungspflicht. Zudem sollte der Betrieb selbst sortenrein lagern können, um nicht die gesamte Menge noch während bzw. unmittelbar nach der Ernte anliefern zu müssen.“

Die Lagerkapazität am Standort der Erzgebirgskorn Gahlenz e.G. beträgt aktuell 21.000 t. Weitere Ware liegt in den Lägern der EZG-Mitglieder. „Unsere Kunden fordern die benötigten Mengen „just-in-time“ bei uns ab“, erläutert Eckardt. „Wir müssen also sortenreine Partien das ganze Jahr über vorhalten und dann entsprechend bei den Betrieben abrufen. Eine professionelle Lagerung auf den Betrieben ist somit sehr wichtig. Außerdem haben wir hier nur wenige Jahre ohne Nachtrocknung. Eine eigene Trocknung bei den Betrieben ist also auf jeden Fall vorteilhaft. Wir könnten auch eine noch größere Menge vermarkten – die Nachfrage wäre vorhanden.“


Die richtigen Sorten: Basis für gute Brauqualität

Für einen Mälzer zählen natürlich die Vermälzungseigenschaften der angelieferten Partien. Da diese maßgeblich durch die Sorte bestimmt werden, ist eine sortenreine Lagerung so elementar wichtig. „Aus Gründen der Risikobegrenzung haben wir immer mindestens zwei Sorten im Anbau bzw. auf dem Lager, besser sind drei. Mehr sind wegen der zwingend notwendigen getrennten Lagerung nicht möglich. Wir setzen in erster Linie auf T* – die Sorte macht große Körner, ist blattgesund und robust im Anbau. Für die Landwirte ist natürlich auch wichtig, dass sichere Höchsterträge realisiert werden. Als Nummer zwei geben wir in unseren Kontrakten die etwas neuere Sorte Elixer vor: Auch die punktet mit guten Mälzungseigenschaften, hohen Erträgen, ist darüber hinaus wenig anfällig für Fusarium und übersteht auch harte Winter gut“.


Positive Zukunftsaussichten für Brauweizen

Um die Zukunft ist Eckardt nicht bange, denn die Nachfrage ist gut und wird seiner Ansicht nach noch leicht steigen. Zusätzlich zum steigenden Weizenbierverbrauch ist der wachsende Markt des alkoholfreien Weizenbieres zum Teil auch als isotonisches Sportgetränk sehr interessant.

„Wir sind mit diesem Vermarktungskonzept gut aufgestellt, haben gute Beziehungen und zuverlässige Lieferanten. Da man nicht überall Brauweizen anbauen kann und wir uns als zuverlässige Marktpartner etabliert haben, wird unsere Region auch in Zukunft Bedeutung in diesem Markt haben. Im Hinblick auf die Sorten müssen wir uns natürlich langsam Nachfolger aufbauen, aber solange es Basissaatgut gibt, werden wir neben Elixer auch an der alt bewährten Sorte T* festhalten.“

Qualitätskriterien Brauweizen
1.Proteingehalt ≤ 11,3 % bezogen auf die TS (n x 5,7) (ICC 105/2 Kjeldahl)
2.Keimfähigkeit 2.Keimfähigkeit: min. 98,0 %
3. Feuchtigkeit max. 14,5 % (ICC 116/1)
4. Sortierung mind. 88 % über 2,5 mm, max. 3 % Ausputz (kleine und halbe Körner, Schwarzbesatz)
5. Fusarien max. 8 relevant rote Körner pro 200 g
6. DON max. 750 μg/kg (Methode HPLC oder Gaschromatographie)
7. ZEA max. 50 μg/kg (Methode HPLC oder Gaschromatographie)
8. GVO die Ware und auch das dazu eingesetzte Saatgut sind GVO frei
9. Sensorik Aussehen – bräunlich / Geschmack – arteigen / Geruch – arteigen, frisch / Konsistenz – bissfest

Das Gespräch führten Tobias Weiske und Bertram Kühne.

Dirk Hämke, Produktmanager für Braugetreide, zur aktuellen bundes­weiten Marktsituation:

Der Bedarf an Weizen für die Malzproduktion beläuft sich in Deutschland auf ~100.000 t. Das Weizenbier nimmt dabei ca. 10 % des Gesamtbierausstoßes ein (ohne Weizenbiermixgetränke). Zuwächse melden die Brauereien, die alkoholfreies Weizenbier anbieten. Die europäischen Brauer haben nur wenig Anteil am Bedarf an Weizenmalz und decken diesen zumeist bei deutschen Mälzereien oder den deutschen Ablegern internationaler Mälzereigruppen. Hauptländer für die Weizenmalz produziert wird, sind Belgien, die Niederlande und Frankreich. In Ostmitteleuropa ist zwar spürbar wachsendes Interesse an Weizenmalz und -bier vorhanden, aber die Menge „kocht noch auf kleiner Flamme“.

Stand: 25.04.2016