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Sorte und Technik: Sorteneinfluss auf Leistung und Kosten im Mähdrusch

In einem gemeinsamen Sortenversuch von SAATEN-UNION und CLAAS wurden sieben Weizen- und Triticalesorten in ihren Druscheigenschaften verglichen. Dabei zeigten sich erhebliche Sortenunterschiede beim Kraftstoffverbrauch. Doch was bedeutet das für die Sortenwahl? Thomas Gerling, Produktmanager Mähdrusch bei CLAAS Deutschland, hat nachgerechnet.

In dem gemeinsamen Versuch 2009 wurden sieben Sorten in zwei Fungizidvarianten 1 verglichen. Gemessen wurden die Erträge für Stroh und Korn, der Leistungsbedarf des Mähdreschers und die Abscheideleistung, ohne allerdings die Einstellung für die Sorte zu optimieren.

Abb. 1 zeigt bei fünf von sieben Sorten in der intensiven Variante einen geringeren spezifischen Kraftstoffverbrauch als bei der reduzierten Variante. Bei den von Natur aus sehr wüchsigen und gesunden Sorten Akratos und Skagen waren die Varianten mit einmaliger Fungizidbehandlung vorteilhafter.

Ein höherer Ertrag durch intensiveren Fungizideinsatz kann also die Effizienz des Mährdrusches verbessern, allerdings nicht unbedingt bei üppig wachsenden, sehr gesunden Sorten.

Die Druscheigenschaften einer Sorte haben in diesem Beispiel somit erheblichen Einfluss auf den Kraftbedarf und somit auch auf den Verbrauch eines Mähdreschers. In dem Versuch gab es deutliche Unterschiede zwischen den Sorten – im Extrem bis zu 24 %! Diese Kenntnis ist sehr wichtig, um den Drescher in der Praxis optimal einzustellen. (In diesem Versuch waren die Einstellungen bei allen Sorten identisch.) Die Sortenunterschiede in der Druschleistung werden in der Praxis kaum wahrgenommen, da andere Faktoren wie Reife, Ertrag oder Feuchte in den Vordergrund treten. Außerdem sind diese Werte kaum wissenschaftlich abgesichert, so dass keine fundierten Informationen über die Druscheigenschaften der Sorten vorliegen.

Sorte – Abscheideleistung
Im Versuch waren auch in der Abscheideleistung des Mähdreschers beträchtliche Unterschiede festzustellen, allerdings nicht konform zu den Unterschieden im Kraftstoffbedarf. Diese wird offensichtlich unabhängig vom Kornsitz maßgeblich auch von der unterschiedlichen Strohbeschaffenheit beeinflusst. Umso wichtiger ist dann, die richtige – auf diese Sortenunterschiede abgestimmte – Dreschereinstellung.

Finden wir diese Sorteneinflüsse auch in der Praxis?
Vergleicht man die Durchsatzleistungen von Mähdreschern in Norddeutschland und in Ostengland, sehen wir Unterschiede von 15 % bis zu 25 %. In Ostengland dominieren leicht zu dreschende, gleichmäßig abgereifte Weizenbestände. Diese gleichmäßige Abreife ist zum einen vom Wetter mit langer Vegetation und Wechsel von Sonne und Regen bestimmt, zum anderen ist der besonders leichte Ausdrusch jedoch maßgeblich auch eine Sorteneigenschaft.

An dem Mähdrescher wird der leichte Ausdrusch in der Korbeinstellung sichtbar: In Ostengland ist ein 10 bis 15 mm weiterer Dreschkorbabstand als in Norddeutschland üblich – bei nahezu gleicher Trommeldrehzahl. Dieser größere Abstand führt zu einem deutlich geringeren Leistungsbedarf des Mähdreschers und zu einer höheren Durchsatzleistung. Unter diesen Bedingungen können Spitzendurchsatzleistungen von 100 Tonnen/Stunde in Winterweizen mit LEXION Großmähdreschern erreicht werden!

Die Erntebedingungen in den Jahren 2010 und 2011 mit einer verzögerten Ernte und sehr reifen Beständen erlaubten auch in Deutschland gelegentlich ähnliche Einstellungen, die auch zu entsprechenden Leistungsanstiegen führten. Den Vorteilen von leicht zu dreschenden Sorten stehen allerdings auch Nachteile gegenüber: Sitzen die Körner locker in der Ähre, fallen sie leichter aus. Das konnte in einigen Regionen Deutschlands in der Ernte 2011 beobachtet werden. Die verzögerte Ernte hat in einigen Fällen zu erheblichen Ausfallverlusten geführt.

Sortenwahl an der Mähdruscheignung ausrichten?
Zur Klärung dieser Frage ein vereinfachtes Rechenbeispiel: In Norddeutschland wird Weizen bei einem Ertragsniveau von 10 t/ha mit einem mittleren Kraftstoffverbrauch von 20 l/ha geerntet. Bei den Sortenergebnissen aus Abb. 1 bedeutet dies Sortenunterschiede von 17,5 l/ha bis 22,5 l/ha, also immerhin ca. 5 l/ha.

Um die Auswirkung der Sorte zu bemessen, kann man vereinfachend auch von folgender Abschätzung ausgehen: Die Ernte eines Hektar Weizen kostet ca. 100 €. Schwankt die Leistung um plus/minus 10 % vom Mittelwert sind entsprechende Kostenunterschiede von plus/minus 10 € zu erwarten. Dieser Kostenunterschied entspricht bei aktuellem Preisniveau lediglich einer Dezitonne Ertragsunterschied! Solange die Maschinenkapazität nicht besonders knapp ist, werden also unterschiedliche Erntekosten durch Ertragsunterschiede sehr schnell relativiert.

Zur Optimierung der Kampagnenleistung eines Mähdreschers kann eine Sorte nur beitragen, wenn sie keinen Ertragsnachteil besitzt und die Druscheigenschaften bekannt sind. Gerade die Ernten in 2010 und 2011 haben gezeigt, dass eine ausreichende Druschkapazität zur Sicherung einer trockenen Ernte und von Qualitätseigenschaften des Getreides unverzichtbar ist!

Fazit

  1. Höhere Erträge durch Zuchtfortschritt und Steigerung der Anbauintensität verringern den Kraftstoffverbrauch je Tonne gedroschenem Getreide.
  2. Sortenunterschiede bestehen bezüglich des Kraftstoffverbrauchs und der Abscheideleistung eines Mähdreschers.
  3. Die Auswirkungen auf die Erntekosten sind aber nicht so groß, dass es die Wahl von ertragsschwächeren Sorten rechtfertigt oder einen relevanten Einfluss auf ökonomische Bewertungen z.B. der Anbauintensität hat. Nur bei ähnlichem Ertragsniveau kann die Druscheignung einer Sorte ein Auswahlkriterium sein.
  4. Nur wenn die Druscheigenschaften einer Sorte bekannt sind, ist eine optimale Dreschereinstellung möglich.

„Druscheigenschaften: nur bei sortengerechter Anbauintensität vergleichbar“

Als mit Einführung des Mähdrusches die Ausreife von der Garbe auf den Halm verlagert wurde, verschob sich der Erntetermin von der Gelb- zur Totreife. War früher die Standfestigkeit das entscheidende Merkmal für eine gute Mähdruschfähigkeit, so ist heute die „Ernteflexibilität“ einer Sorte die eigentliche züchterische Herausforderung. Hierbei gibt es jedoch Zielkonflikte, die Kompromisse notwendig machen:

  • Wenig Stroh ist zwar leichter zu dreschen und zu verteilen, kollidiert jedoch mit dem Wunsch nach einer hohen Anbausicherheit, gesunder Abreife und dem steigenden Bedarf an dem zunehmend wertvolleren Rohstoff Lignozellulose.
  • Eine leichte Kornlösung ist wichtig für einen frühen, energiesparenden und schonenden Drusch, gleichzeitig darf jedoch in überständigen Beständen das Korn nicht schon auf dem Halm ausfallen.
  • Das Korn soll auch bei fortgeschrittener Reife bruchfest sein. Ein hartes und damit bruchempfindlicheres Korn ist bei Backweizen jedoch vorteilhaft für hohe Mehl-, Teig- und Volumenausbeuten.
  • Eine zügige Strohabreife minimiert den Energiebedarf bei frühen und optimalen Druschterminen. Bei überständigen Getreidebeständen hingegen überzeugen die harmonisch abreifenden Sorten mit weniger Kurzstroh und damit effizienterer Kornabscheidung.

Die Züchtung und ebenso die Sortenwahl müssen also vielfältigen und teilweise widersprechenden Anforderungen gerecht werden. Hinzu kommt der Einfluss leistungsfähiger Fungzide auf den Ertrag und das Druschverhalten. Probleme in der Praxis können dann auftreten, wenn von Natur aus sehr frohwüchsige und gesunde Sorten entgegen der Empfehlung mit sehr hoher Anbauintensität gefahren werden. Solche Sorten erreichen eben nicht nur ihren höchsten kostenbereinigten Erlös bei reduziertem Aufwand, sondern – wie belegt – auch ihr optimales Druschverhalten. Auch in diesem Versuch näherte sich der Kraftstoffbedarf der Sorten deutlich an, wenn man die jeweils beste Anbauintensität vergleicht.

Entscheidend ist das gelungene Zusammenspiel von Sorte, Anbau und Technik. Dieses soll in einem weiteren Versuch zur Ernteoptimierung 2012 noch detaillierter untersucht werden.

Sven Böse

1 reduziert = EC 37–51 Fandango Input perfekt, optimal = EC 31–37 Input Talius, EC 49–61 Fandango Input perfekt, EC 61–67 Prosaro

Stand: 13.10.2011