Aktuelle Ausgabe 01/2024

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Die Praxis wird es zeigen

Sehr hohe Gerstenerträge sind zwangsweise mit schweren Ähren verbunden, was an die Festigkeit von Halm und Ähre große Anforderungen stellt. Bis heute war keine Wintergerste zu finden, die sehr hohe Erträge und eine gute Halm/Ährenfestigkeit und eine gute Gesundheit kombinierte. Das hat sich jetzt geändert!

Fast drei Jahrzehnte intensiver Züchtungsarbeit  waren notwendig, bis jetzt dem Züchterhaus Nordsaat-Saatzucht mit zwei neuen Sorten der Durchbruch in dieser gefragten Kombination gelungen ist.

Mehrzeilige Wintergerste

Christelle
Christelle

Die Bewertung des Bundessortenamtes der Sorte CHRISTELLE in den relevanten Qualitätsparametern im Vergleich zu anderen mehrzeiligen Wintergersten ist gut (Abb. 1). Aufgrund des bauchigen, gut ausgebildeten Korns (TKM Note 6) besitzt diese Sorte mit einem Marktwareanteil von 99 % eine für mehrzeilige Sorten einzigartige
Sortierung.

Hinzu kommt eine deutliche Verbesserung der Strohstabilität – in Halm- und Ährenknicken ist sie mit 2 bzw. 3 eingestuft (Abb. 2). Gerade vor dem Hintergrund der Witterungsextreme in den letzten beiden Jahren mit teils schlechten und verzögerten Erntebedingungen ist das Zuchtfortschritt, der sich in der Praxis auszahlen wird. Der Ruf nach Kostensenkung wird seitens der Praxis immer lauter. Sorten mit einer genetisch manifestierten Gesundheit gegenüber den kostentreibenden Krankheiten machen bei der Anbauentscheidung immer häufiger das Rennen. Gerade in Regionen mit klimatisch bedingt stark schwankenden Erträgen zählen mehr und mehr Eigenschaften, die den Ertrag absichern.

Die Züchtung hat längst reagiert, so dass keine der neu zugelassenen mehrzeiligen Gersten als besonders anfällig einzustufen ist. Auch CHRISTELLE wird vom Bundessortenamt eine gute Blattgesundheit attestiert. In der Summe bedeutet das: Deutlich erhöhte Ertragsstabilität bei weiter gesenkten Kosten.

Christelle im Vergleich
Christelle im Vergleich

Zweizeilige Wintergerste

Anisette
Anisette
Eine weitere Gerste hat die Zulassung erlangt, deren ungewöhnliche Leistungsfähigkeit eine detailliertere Darstellung rechtfertigt: ANISETTE ist die einzige zweizeilige Sorte, die an das Höchstertragsniveau der mehrzeiligen Sorten heranreicht (Ertragseinstufungen „8“/„8“). Es muss allerdings erwähnt werden, dass diese Sorte keine Immunität gegen das Gelbmosaikvirus besitzt. Die Tatsache, dass sie trotzdem Mehrerträge in unterschiedlichsten Anbausituationen mit und ohne Virusbefall bringt, ist auf die ungewöhnliche Wüchsigkeit zurückzuführen.

Auf schnell erwärmbaren Standorten, speziell leichten und gut drainierten Böden, verwächst sich eine Virusinfektion erfahrungsgemäß schnell, so dass diese Sorte auf solchen Standorten ebenso wie in kontinentaleren Regionen gut angebaut werden kann. Dort wachsen die Pflanzen rasch aus den kritischen Temperaturbereichen (ca. 3-15° C) heraus und daher ist GMV häufig weniger ertragsrelevant.

Vor allem im Hauptanbaugebiet für Zweizeiler in Süddeutschland und auf typischen Standorten für zweizeilige Gerste brachte ANISETTE mit rel. 106,2 Ergebnisse wie die besten Mehrzeiler (Tab. 1). Die gute Stabilität von Halm und Ähre und die ausgewogene Gesundheit sichern dieses hohe Ertragspotenzial ab.

Fazit
Bis jetzt gab es im Wintergerstensortiment keine Kombination von Ertrag, Standfestigkeit und Gesundheit. Entweder die Sorten waren hochertragreich und fielen dann aber um, oder sie waren standfest und gesund, brachten aber keine zuverlässigen Erträge auf hohem Niveau. Lange Zeit sah es so aus, als wäre die Züchtung an ihre Grenzen gestoßen. Zu schwer schien es, diese wichtigen Sorteneigenschaften dauerhaft genetisch miteinander zu kombinieren.

Die jetzt zugelassenen Sorten können diese gelungene Merkmalskombination in voller Breite in die Praxis bringen. Letztere wird sich die vorgestellten Kandidaten sehr genau anschauen. Nicht nur in den kommenden Landessortenversuchen, sondern auch auf dem (eigenen) Feld, denn es sind ausreichend Vermehrungen für die Aussaat 2009 angelegt. Die Praxis wird es zeigen.

Dr. Eberhard Laubach
 

Stand: 10.05.2009