Winterweizen
Qualitätseinstufung ohne Protein – was kommt da auf uns zu?
Zukünftig wird der Rohproteingehalt der Weizensorten nicht mehr zur Qualitätseinstufung herangezogen. Mit dieser Entscheidung setzt das Bundessortenamt den Schlussstrich unter eine über 25 Jahre währende Diskussion. Was bedeutet dies für die weitere Sortenentwicklung, den Pflanzenbau und die Vermarktung? Weizenexperten der SAATEN-UNION wagen eine erste Einschätzung.
Schnell gelesen (Kurzfassung):
Für die Backqualität ist weniger der Rohproteingehalt als vielmehr die Funktionalität des Kleber/Stärke-Netzwerks verantwortlich. Daher haben Züchter schon lange gefordert, Weizensorten ohne den Parameter Rohprotein Qualitätsgruppen zuzuordnen.
Im aktuellen Weizensortiment verschwimmen damit die Ertragsunterschiede zwischen Qualitäts- und Massesorten, B- und C-Sorten dürften an Bedeutung verlieren.
Die aufnehmende Hand wird aber mangels Alternativen zunächst am RP-Gehalt als Annahmeparameter festhalten. Denn so kann man ohne Kenntnis der Sorten sicher sein, die gewünschte A- oder E-Qualität zu erhalten.
Die Qualitätsprämie dürfte sich in den kommenden Jahren spürbar erhöhen, weil Partien mit diesen Proteinwerten knapper werden bzw. mit geringeren Erträgen und damit höheren Erzeugerkosten einhergehen. Angepasste Fruchtfolgen und Anbauverfahren, vor allem jedoch Sorten mit höherer N-Verwertungseffizienz können diesen Trend zunächst bremsen.
Mit begrenzter N-Düngung und gleichzeitig steigender Sortenleistung werden die Rohproteingehalte immer weiter zurückgehen. Sorten mit höherer N-Nutzungseffizienz, also höherer Produktausbeute bezogen auf das N-Angebot, gewinnen damit an Vorzüglichkeit.
Würden die Proteinanforderungen über alle Qualitätsgruppen um 0,8 % gesenkt, würden die Erträge erheblich steigen, die Produktionskosten und der Flächenbedarf parallel dazu sinken, der CO2-Footprint (Fußabdruck) verringert. Aber dazu braucht es eine engere Kooperation der Marktpartner bei der Logistik.
Unverzichtbar ist zudem eine angepasste Erwartung der Verarbeiter an die Teigrheologie. Denn protein- und damit auch kleberärmere Teige tendieren zu einer geringerer Teigstabilität und Dehnbarkeit. Man wird also auch in Zukunft immer eine bestimmte Menge an proteinreichen Weizenpartien mit einem höheren Gehalt an kräftigem, stabilem Feuchtkleber benötigen.
Kurzfristig ändert sich also wenig, mittel und langfristig gehört die Zukunft jedoch backtechnisch hochwertigen Sorten mit geringerem Kornstickstoffgehalt.