Aktuelle Ausgabe 01/2024

Ausgaben

Sonderausgaben

Themen

Abonnement

Impressum

Datenschutzerklärung

Cookie-Einstellungen

Das richtige „Kraftfutter“ für Bienen

Das Ziel des Berufsimkers Sven Rudolph aus Mülsen/Zwickau ist klar: Mit ca. 100 Völkern muss eine Wirtschaftlichkeit erreicht werden. Das funktioniert nur mit leistungsfähigen Bienenweiden – aber was zeichnet eine solche Bienenweide aus?

Sven Rudolph, Mülsener Landimkerei
Sven Rudolph, Mülsener Landimkerei
Sven Rudolph arbeitet für seine Mülsener Landimkerei also gewinnorientiert. „Eine ausreichende Leistung der Völker kann nur erreicht werden, wenn zwei wichtige Voraussetzungen vorliegen: Gesundheit und die richtige Nahrung zur richtigen Zeit“, ist Rudolph überzeugt. In Sachen Gesundheit kann ein Imker sehr viel Einfluss nehmen (Stichwort Hygiene), und das gilt ebenso für die Nahrung. In Sachen Bienenweide arbeitet Sven Rudolph sehr eng mit den Landwirten zusammen, eine gute Kommunikation z. B. über den Ausbringungszeitpunkt von Pflanzenschutzmaßnahmen ist ihm wichtig.

Die Zusammenarbeit mit dem Nebenerwerbslandwirt Frieder Siebdrath ergab sich fast zwangsläufig; man kennt sich seit Jahren und zudem bearbeitet Siebdrath seine Flächen mit viel Sinn für Nützlingsförderung. „Blühmischungen baue ich an, damit der Boden mal zur Ruhe kommen kann, der Humus erneuert und das Bodenleben gefördert wird. Und natürlich als Nahrungsquelle für eine Vielzahl von Insekten“, erläutert er seine Intension. „Nicht nur die Honigbiene profitiert von Blühmischungen, sondern auch Wildbienen, Hummeln und Nützlinge wie Schlupfwespen und Käfer. Außerdem nehme ich damit an der AUK-Maßnahme des Landes Sachsen teil. Das Ganze wird also mit 831 Euro/Hektar fördert.“ Ihm war wichtig, dass ein professioneller Imker von seiner Fläche profitiert.


Bienenstock mit Waage und Wetterstation; Quelle: Mülsener Landimkerei
Bienenstock mit Waage und Wetterstation; Quelle: Mülsener Landimkerei
Gemeinsames Projekt mit dem Züchter: Welche Komponenten sind die richtigen?

Da Frieder Siebdrath über seinen Arbeitgeber einen direkten Draht zu dem Unternehmen P. H. Petersen Saatzucht hat, fädelte er 2017 ein sehr interessantes Projekt ein. Es geht darum, herauszufinden, welche Auswirkungen die einzelnen Komponenten der Blühmischung auf die Leistung der Bienen haben. Ergänzt wird die Fragestellung durch Qualitätsuntersuchungen. Das Jahr 2018 war als Probedurchgang geplant, um zunächst Hinweise zu geben, den Versuchsaufbau in 2019 ggf. zu optimieren.


Der Versuch: Das Volk wird mit einer sogenannten „Bienenwaage“ in Kombination mit einer kleinen Wetterstation beobachtet bzw. vermessen. Die Daten werden per WLAN auf den Computer des Imkers gesendet und dort ausgewertet. So lassen sich verlässliche „Tageszunahmen“ ermitteln. Die Interpretation muss natürlich vor dem Hintergrund der Wetterdaten und von Feldbeobachtungen erfolgen, denn die Entwicklung der Bienenweide und auch die Aktivität sind auch witterungsabhängig.


Phacelai mit Bienen; Quelle: Mülsener Landimkerei
Phacelai mit Bienen; Quelle: Mülsener Landimkerei
Bei der Bienenweide im Versuch handelte es sich 2018 um die Mischung viterra® BIENE mit insgesamt 12 Komponenten (Tab. 1): Phacelia nimmt dabei mit über 49 % die Hauptrolle ein, Weißklee, Inkarnatklee, Alexandriner-Klee, Serradella und Sommerfuttererbse sind ebenfalls wichtige Komponenten. Mit dieser Zusammensetzung erfüllt diese sicher abfrierende Zwischenfruchtmischung auch die Greeningvorgaben.


Die Haupttracht im Mai/Juni, im Anschluss an die Rapsblüte, bildet Phacelia. „Das Gewicht des Stockes ging erwartungsgemäß stark nach oben“, berichtet Rudolph. Mit Phacelia machen wir den Honigertrag, denn die Blüte von Mai bis Juni ist für die Honigbildung.“ In Normaljahren blüht diese Pflanze bis in den August hinein. Der Besuch der praxisnah war Mitte Juli, es hatte seit Wochen nicht geregnet und die Temperaturen waren sehr hoch. Selbst jetzt blühte die als trockentolerant bekannte Phacelia noch. „Aber das täuscht“, hat der Imker beobachtet. „Die Pflanzen produzieren jetzt zunehmend weniger Nektar. Das gilt auch z. B. für die zzt. blühenden Sonnenblumen.“ Da wird es für die Bienen schnell zu einem energetischen Zuschussgeschäft, die optisch ansprechenden aber fast „leeren“Blüten zu besuchen.


Auch die eingesetzten Kleearten sind hervorragende Bienenweiden mit guter Nektar- und Pollenbildung (Tab. 1), dienen aber den Bienen auch zur eigenen Ernährung bzw. Brutversorgung.


Kompromiss zwischen Imkerei und Landwirtschaft

Die Mischung viterra® BIENE blüht in dieser Zusammensetzung bis in den September/Oktober hinein, bei optimaler Witterung auch länger (siehe Tab. 1). Verglichen mit einigen anderen auf dem Markt befindlichen Bienen-Mischungen, sucht man einige Komponenten hier jedoch vergeblich. Rudolph schätzt z. B. die Kornblume und den „Bienenklassiker“ Buchweizen als Bienenweide und hätte sie auch gerne in der Mischung. Da jedoch kollidiert sein Wunsch mit dem des Landwirtes. „Buchweizen ist für mich in der Nachfolgekultur ein Problem bzw. kann schnell eines werden. Den findet man unter Umständen auch noch in der übernächsten Kultur als unerwünschtes Kraut wieder. Der Herbizideinsatz kann richtig teuer werden“, beschreibt der Landwirt seine Position. Ähnliches gilt für die Kornblume. Auch auf Senf wurde verzichtet, was der Imker aber nicht besonders bedauert.


Bilden die Pflanzen wegen Hitze und Trockenheit nur wenig Nektar, wird der Besuch der Bienen ein energetisches Zuschussgeschäft.
Bilden die Pflanzen wegen Hitze und Trockenheit nur wenig Nektar, wird der Besuch der Bienen ein energetisches Zuschussgeschäft.
2018: Katastrophenjahr für Bienen

2018 war ein schwieriges Jahr – für die Pflanzen und für die Bienen. Die Bestände – selbst die trockenresistenteren Kulturen – bildeten auf den leichteren, grundwasserfernen Standorten schon Mitte Juli kaum noch Nektar. Etwas besser sah es auf den besseren Standorten aus, aber selbst dort ließen die Sonnenblumen schon „die Köpfe hängen“. Und so waren bei unserem Besuch vermehrt Bienen zu beobachten, die viel zu wenig Pollen trugen. 2018 musste daher auch sehr früh mit dem Zufüttern begonnen werden, die Honigernte fiel extrem gering aus.


Schon wegen dieser Extrembedingungen kann dieses erste Jahr nur der Orientierung und Versuchsoptimierung dienen. Und auch die eigentlich geplanten Honiganalysen, die zeigen sollten, welche honigbildende Relevanz einzelne Pflanzenarten haben, sind vor diesem Hintergrund wenig sinnvoll bzw. extrem schwer zu interpretieren.

Veränderter Versuchsaufbau 2019

Es ist daher geplant, 2019 zwei Mischungen auf vergleichbaren Standorten hinsichtlich ihrer Bienenleistung gegenüberzustellen. viterra® BIENE und eine modifizierte Mischung, die andere Komponenten bzw. andere Relationen aufweist. Der Honig wird dann beprobt und analysiert, um zu ermitteln, welche der Komponenten am besten angenommen wurde und welche ertraglichen und qualitativen Auswirkungen dies auf den geernteten Honig hat. Mit diesem Wissen, kann die Mischung weiter optimiert werden – als Kompromiss zwischen Imkerei und Landwirtschaft.

 

Dr. Anke Boenisch

 

Kontakt
Facebook: Mülsener Landimkerei
Instagram: muelsener_landimkerei

Stand: 14.12.2018