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Resistenzschutz mit Sortenwahl – diesmal muss es funktionieren!

Berater, Landwirte, Züchter oder Pflanzenschützer: Alle wollen mit maximaler Sicherheit maximale Leistungen bzw. Ökonomie auf dem Acker sehen. Das Ergebnis ist eine drei- bis vierfache Behandlung des Winterweizens und eine pauschale Doppel- bis Dreifachbehandlung der Wintergerste in den Hochertragsregionen. So geht es nicht weiter, meint Henning Jonas, LWK Schleswig-Holstein.

Braunrost - auch hier kann es zur Wirkungsminderung der Fubngizide kommen
Braunrost - auch hier kann es zur Wirkungsminderung der Fubngizide kommen
Je häufiger und je intensiver Fungizide in einer Kultur angewendet werden, desto eher stellen sich die Krankheiten durch Resistenzbildung darauf ein. Dies wiederum macht dann eine erhöhte Fungizidintensität erforderlich. Unser Anbausystem befindet sich in einem Teufelskreis, der letztendlich nur durch Innovationen im Bereich der Wirkstoffe aufrechterhalten werden kann. Doch deren Zahl ist begrenzt und keinesfalls sicher. Eines ist klar: Es muss gelingen, die Intensität der Pflanzenschutzmittelanwendungen gegen die einzelnen Erreger zu reduzieren. Sonst wird die Möglichkeit zur Führung von Flächenkulturen wie wir sie heute kennen in den intensiven Ackerbauregionen Deutschlands wegbrechen – unter großen wirtschaftlichen Verlusten.


Was aber kann man tun? Für multifaktorielle Anbausysteme kann es keine pauschalen Empfehlungen geben. Vielmehr müssen einzelne Problemfelder identifiziert und betriebsindividuelle Lösungsmöglichkeiten charakterisiert werden. Im Folgenden werden deshalb beispielhaft Ansatzpunkte für Reduktionsstrategien auf Basis sortenspezifischer Krankheitstoleranz gegeben.


Fusarium-Mykotoxine im Winterweizen; zum Vergrößern bitte anklicken
Fusarium-Mykotoxine im Winterweizen; zum Vergrößern bitte anklicken
Fusariumresistenz: Resistenzvermeidungsstrategie gegen die Septoria-Blattdürre

Ja, richtig gelesen! Liegen in einer fusariumanfälligen Winterweizensorte günstige Befallsbedingungen vor, so werden hohe Aufwandmengen von Triazolfungiziden zur Bekämpfung während der Weizenblüte notwendig. Präparate der Wahl sind hier Osiris®, Prosaro® und Input® Classic (Abb. 1). Diese enthalten jeweils hohe Mengen der drei gegenüber der Septoria tritici stärksten Triazole Prothiconazol, Epoxiconazol und Metconazol. Hohe Aufwandmengen bedeuten aber auch eine lange Wirkungsdauer auf dem Blatt, gegen Septoria-Blattdürre – auch über die ertragsrelevanten Phasen hinaus. In der Regel, ohne dabei Auswirkungen auf den Ertrag zu haben, entwickelt sich die genannte Blattkrankheit daher meist zu einem Spätbefall. Im Falle einer starken Fusariumbehandlung überleben dabei hauptsächlich die triazolresistenten Pathotypen. Diese wiederum bilden dann den Ausgangsbefall für Infektionen im darauffolgenden Jahr. Die Wahl einer fusariumgesunden Sorte ist daher gelebter Fungizidresistenzschutz, indem er die Wahl geringerer Wirkstoffmengen oder gegen Septoria weniger wirksamer Mittel ermöglicht und damit die Anwendung weniger dauerhaft wirkend macht.


Mehltau im Weizen

Bis Anfang der 2000er Jahre verloren die Strobilurine ihre Wirkung gegen Mehltau vollständig. Das Cyflufenamid nimmt aktuell dieselbe Entwicklung. Die Sterolbiosynthesehemmer Fenpropimorph, Fenpropindin und Spiroxamine befinden sich heute auf im Vergleich zu ihrer Einführung deutlich reduziertem Wirkungsniveau, gleiches gilt für den Wirkstoff Proquinazid. Der Getreidemehltau ist nunmehr nur in seiner empfindlichsten Phase, zu Beginn seiner Befallsausbreitung wirksam bekämpfbar. Zu beachten ist, dass in anfälligen Sorten eine deutlich kürzere Reaktionszeit bei Sichtbarwerden der ersten Symptome vorliegt als in nicht anfälligen. Dies muss zumindest von vornherein bei der Kapazitätsplanung berücksichtigt werden. Definitiv ist der Anteil anfälliger Sorten an der Gesamtfläche einzuschränken. Es empfiehlt sich darüber hinaus mehltauanfällige Sorten nicht zu spät zu säen, denn in früh gedrillten Beständen ist das Befallsrisiko geringer.


Roste im Winterweizen

Gegenüber den Rosten im Winterweizen liegt noch eine hohe Wirksamkeit aus primär drei Wirkstoffgruppen vor: Den Triazolen, den Strobilurinen und den Carboxamiden. Nicht zuletzt aufgrund der noch vielfältigen Bekämpfungsmöglichkeiten wird in der Regel davon ausgegangen, dass es beim Braunrost kein Resistenzproblem gibt. Dies ist nicht richtig, denn:

  1. Wirksamkeitsverluste der Triazole konnten im Braunrost des Weizens bereits an Feldisolaten gemessen werden.
  2. Eine Resistenzentwicklung gegenüber den Carboxamiden kann in Zukunft nicht ausgeschlossen werden.
  3. Der späte Einsatz von Strobilurinen ist aufgrund der Abreifeverzögerung äußerst problematisch.

Die besonders im Gelbrost beobachtete hohe Variabilität der Erregerstämme macht die gezielte Sortenwahl bei diesem Pathogen leider zu einem nahezu unkalkulierbaren Unterfangen. Die Wahl der fungiziden Wirkstoffe ist daher ein wichtiger Faktor bei der Optimierung der Resistenzvermeidungsstrategie. Bisher haben die Getreideroste keine Strobilurinresistenz ausgebildet. Es ist zu erwarten, dass dieser Umstand anhält, daher sollte das Fungizidprogramm des Winterweizens stärker auf Strobilurine fokussiert werden. Dies ist nicht zuletzt deshalb relativ unbedenklich, da diese Wirkstoffgruppe inzwischen gegenüber allen anderen Pathogenen des Winterweizens vollkommen wirkungslos geworden ist (Ausnahme DTR) und daher auch an anderer Stelle nicht weiter selektiert. Konkret wäre eine standardmäßige Behandlung in ES 32 denkbar. Das Präparat Amistar® Opti ist hierfür besonders geeignet, bringt es doch zusätzlich eine starke Protektivwirkung gegen die Septoria-Blattdürre mit sich.


Sorten sind unterschiedlich anfällig, zum Vergrößern bitte anklicken
Sorten sind unterschiedlich anfällig, zum Vergrößern bitte anklicken

Zwergrost der Gerste

Der hohe Anfälligkeitsgrad einiger aktueller Hochertragssorten in Wintergerste gegenüber Zwergrost ist als hochproblematisch zu bezeichnen (Abb. 2). Schnell gerät man vor allem nach milden Wintern in Verbindung mit warmen Frühjahren in die Situation einer Dreifachbehandlung, um den Befall einigermaßen zu kontrollieren. Hierbei fällt die Wahl dann aus Kostengründen einseitig auf die Wirkstoffgruppe der Triazole. Eine explosive Mischung, in der die evolutive Entwicklung aller Erreger hin zu verminderter Triazolsensitivität geradezu vorprogrammiert ist.

  1. Der Anbauumfang der anfälligen Sorten muss zugunsten zwergrostgesunder Sorten eingeschränkt werden.
  2. Man muss lernen, mit einem gewissen Maß an Befall zu leben.
  3. Strobilurin-Fungizide müssen die Basis des Fungizidprogramms bilden.

Fazit

Der beste Resistenzschutz ist die Reduzierung der Konfrontation eines Wirkstoffes mit den Pathogenen. Diese ergibt sich von ganz alleine, wenn mehrere Sorten mit unterschiedlichen Eigenschaften hinsichtlich ihrer Krankheitstoleranz angebaut werden. Schlagbezogene Einzelstrategien lassen dabei die Anwendungshäufigkeit eines Wirkstoffes, den entscheidenden Treiber für Fungizidresistenz, sinken.


Die Wahl krankheitstoleranter Sorten allein verzögert Resistenzentwicklungen gegenüber Fungiziden nicht. Dies funktioniert erst dann, wenn zusätzlich die Intensität der Fungizidanwendungen reduziert wird.

Stand: 14.12.2018