Aktuelle Ausgabe 01/2024

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Ökonomie: Zukünftige Erfolgsfaktoren im Ackerbau

Aktuell reichen die Produktpreise unter Vollkosten bei den meisten Betrieben noch für ein ausgeglichenes Ergebnis. Kommt es zu einem Verfall der Produktpreise, könnte die Luft bei sehr vielen dünn werden. Welche Stellschrauben bieten sich dann noch den Ackerbaubetrieben, um auch zukünftig erfolgreich am Markt zu agieren? Felix Hollmann, LBB Göttingen, zeigt Möglichkeiten auf.

Von Weizen dominierte Fruchtfolgen werden in Zukunft nicht mehr zur Wettbewerbsfähigkeit beitragen.
Von Weizen dominierte Fruchtfolgen werden in Zukunft nicht mehr zur Wettbewerbsfähigkeit beitragen.
Drei Faktoren beeinflussen die Leistungen im Ackerbau

1) Produktpreise: An der Diskussion zur Einschätzung der Produktpreisentwicklung soll sich dieser Beitrag nicht beteiligen. Produktpreise sind aber nicht alleine von Marktentwicklungen, sondern auch von der Vermarktung abhängig. Unsere Auswertungen zeigen, dass sich die Vermarktungsergebnisse besserer und schlechterer Betriebe nur unwesentlich voneinander unterscheiden. Die Vermarktungsleistung rückt vor allem in Zeiten wenig volatiler Märkte als Erfolgsfaktor in den Hintergrund. Wenn Sie über ein langjähriges, gutes Verhältnis zu einigen Händlern verfügen, fokussieren Sie Ihre Aufmerksamkeit statt auf die Vermarktung stärker auf die Bestandsführung.

2) Naturalerträge: Bei gesunkenen Produktpreisen haben hohe Naturalerträge als Erfolgsfaktor zwar etwas an Bedeutung verloren, nichtsdestotrotz bleiben hohe Naturalerträge aber ein Garant für einen erfolgreichen Ackerbau. Schwieriger ist die Frage zu beantworten, ob unsere Fruchtfolgen langfristig die Basis für einen hohen Naturalertrag bilden können. Ohne Einzeljahreseffekte überzubewerten, scheint sich aber Folgendes herauszukristallisieren:

a) Raps- und Rübenanbau alle vier Jahre, nur in Ausnahmesituationen in Abständen von drei Jahren

b) Kartoffelanbau maximal alle vier Jahre, besser alle fünf Jahre

c) Eine langjährige Fruchtfolge, basierend alleine auf Winterungen ist zu vermeiden

d) Auf Intensivstandorten, auf denen alle zwei Jahre humuszehrende Sommerungen (z. B. Silomais, Kartoffeln, Gemüse) angebaut werden, geht langfristig Bodenfruchtbarkeit und -struktur verloren.

Raps nur alle 4 Jahre - nicht öfter!
Raps nur alle 4 Jahre - nicht öfter!

Trifft auf Ihren Betrieb keines der Argumente zu, wird Ihre Fruchtfolge wahrscheinlich auch zukünftig ihre Daseinsberechtigung haben. Betriebe, auf die eines der Argumente zutrifft, sollten darüber nachdenken, ihre Fruchtfolge zu erweitern, um langfristig Ertragsstabilität auf hohem Niveau zu erreichen. Kulturen, die für eine Diversifizierung der Fruchtfolge infrage kommen, werden – zumindest heute noch – auf kleineren, regionaleren Märkten gehandelt. Hier bietet sich für erfolgreiche Betriebe die Chance, sich durch geschickte regionale Vermarktung von weniger erfolgreichen Betrieben abzusetzen.

3) Beihilfen: Die aktuelle Diskussion lässt sich auf vier nachvollziehbare Argumente reduzieren: In Europa herrscht – anders als in vielen Teilen Deutschlands – eine hohe Arbeitslosigkeit auf dem Land. Die Gesellschaft strebt außerdem nach vermeintlich nachhaltiger produzierten Lebensmitteln, am liebsten produziert in kleinen Familienbetrieben. Gleichzeitig beginnt im schrumpfenden EU-Haushalt ein Verteilungskampf um die verfügbaren Finanzmittel. Vorstellbar erscheint deshalb, dass die Prämie zukünftig deutlich sinkt und zusätzlich noch enger an Produktionsauflagen und Arbeitskräftebesatz geknüpft ist. Kleinere Betriebe könnten dabei noch am besten wegkommen.


Vor allem die Direktkosten und Arbeitserledigungskosten sind beeinflussbar

Auf der Kostenseite lassen sich vor allem die Direktkosten (Saatgut, Dünger, Pflanzenschutz) und die Arbeitserledigungskosten (Lohn, Lohnansatz, Maschinenwertverlust, Maschinenunterhaltung, Treibstoffe, Lohnunternehmer) durch die Betriebsleitung beeinflussen.

Die absolute Höhe der Direktkosten unterschied sich in der Vergangenheit kaum zwischen den Betrieben. Erfolgreichere Betriebsleiter erzielen bei gleichem Aufwand durch passenden Anwendungszeitpunkt und angepasste Mengen jedoch höhere Naturalerträge. Der optimale Produktionsmitteleinsatz wird deshalb auch in Zukunft erfolgsrelevant sein. Außerdem ergeben sich aus der neuen Düngeverordnung Einsparpotenziale im Düngerbereich: Überschüssiger organischer Dünger aus den Veredlungsregionen wird inzwischen auch weit in die Ackerbauregionen transportiert. Dabei sind die Bezugspreise je nach Jahreszeit durch das Überangebot sehr attraktiv. Häufig weisen die Düngebilanzen von Rüben- und Silomais anbauenden Betrieben noch Reserven auf. Jeder sollte individuell prüfen, ob er diese Reserven für einen Wirtschaftsdüngereinsatz nutzen kann. Der Einsatz von organischen Düngern bietet dann nicht nur Einsparpotenziale, sondern unterstützt darüber hinaus auch den Humusaufbau, die Bodenfruchtbarkeit und die Ertragsstabilität.

Aktuell beträgt der Anteil von Lohn und Lohnansatz mit zusammen etwa 200 €/ha etwa 40 % der Arbeitserledigungskosten in den von uns betreuten Ackerbaubetrieben mit hohem Druschfruchtanteil. Inzwischen herrscht in vielen Regionen Deutschlands Vollbeschäftigung. Bei zunehmender Konkurrenz um geeignete Arbeitskräfte scheinen Lohnkostensteigerungen dabei unausweichlich. Unter Umständen könnte es zum zentralen Problem der Branche werden, überhaupt Arbeitskräfte zu finden. Unter Einbezug der Büro- und Verwaltungstätigkeit werden in den von uns betreuten Betrieben etwa 11 Akh/ha eingesetzt. Die erfolgreichen Betriebe benötigen allerdings zwei Stunden weniger, die weniger erfolgreichen etwa zwei Stunden mehr pro Hektar.


Eine gute logistische Planung spart Zeit und damit bares Geld.
Eine gute logistische Planung spart Zeit und damit bares Geld.
Wie kann man Arbeitszeiten einsparen?

Die Erfolgreichen wenden 4 statt 5 Stunden pro Hektar für die reine Maschinenführung auf. Sie lasten die Maschinen besser aus, reduzieren Transportarbeiten, vermeiden unnötige Leerfahrten und verringern unproduktive Wartezeiten beim Befüllen und Beladen durch geschickte Organisation. Die erfolgreicheren Betriebe profitieren aber vor allem von weniger Nebenarbeitszeiten. Büroverwaltung und die Rüstarbeiten sind um 3 Akh/ha reduziert. Neben der Motivation und Ausbildung der Mitarbeiter wird auch hier die effektive Organisation aller Arbeitsabläufe durch die Betriebsleitung eine zentrale Rolle spielen.

In einem 500-ha-Betrieb würde diese bessere Organisation zur Einsparung einer Arbeitskraft führen. Das ist genau die Arbeitskraft, die zukünftig vielleicht nicht mehr auf dem Arbeitsmarkt verfügbar ist oder nur sehr teuer zugekauft werden kann. Um den Entwicklungen des Arbeitsmarktes und den voraussichtlich weiter steigenden Maschinenkosten zu begegnen, müssen diese Reserven in der Arbeitsorganisation zukünftig ausgenutzt werden.


Fazit

Wer sich nüchtern mit den mittelfristigen Perspektiven der deutschen Ackerbaubetriebe befasst, wird feststellen, dass bei anhaltender Konjunktur und unveränderten Produktpreisen die Aussichten nicht ausschließlich positiv sind. Um erfolgreich zu wirtschaften, gilt es hohe Naturalerträge zu erzielen, Produktionsmittel passend einzusetzen, anfallende Arbeiten effektiv zu organisieren und möglichen Maschinenüberbesatz zu reduzieren. Über die Anpassung der Fruchtfolge muss in einigen – nicht in allen – Betrieben nachgedacht werden. Der Einsatz von organischen Düngern könnte je nach Region und individueller Düngebilanz zusätzliches Einsparpotenzial bieten und langfristig zu einzelbetrieblich stabileren Erträgen führen.

 

In Zeiten enger Märkte gilt es, alle Reserven in den Betrieben zu heben. Die Betriebsleitung hat dabei in allen Bereichen hohen Einfluss auf das Ergebnis. Wer in seinem Betrieb jetzt Strategien entwickelt, mit denen er auf diese Herausforderungen eingeht, für den werden sich in dieser Zeit auch weiterhin Chancen für die betriebliche Entwicklung in der Region bieten.


Links zu themenrelevanten Beiträgen (Stand 5. Juli 2018), Achtung: Es kann passieren, dass diese Links im Laufe der Monate und Jahre ihre Gültigkeit verlieren.

https://daten.ktbl.de/downloads/dslkr/Leistungs-Kostenrechnung.pdf

ktbl

https://www.lbb-agrar.de/

Stand: 04.07.2018