Aktuelle Ausgabe 01/2024

Ausgaben

Sonderausgaben

Themen

Abonnement

Impressum

Datenschutzerklärung

Cookie-Einstellungen

Fruchtfolge: Ist Hafer eine ökonomische Alternative?

Nach jahrelangem Rückgang der Haferanbaufläche, hat das Interesse an dieser
Kultur wieder zugenommen: unter anderem als Problemlöser für zunehmende
ackerbauliche Schwierigkeiten. Andrea Ziesemer von der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern führt aus, wann der Anbau von Hafer wirtschaftlich ist.

Noch vor einem Vierteljahrhundert hatte Hafer einen Anteil von rund 6 % an der Getreidefläche Deutschlands – zur Ernte 2016 waren es nur noch 1,8 %. Und doch hat das Interesse am Haferanbau in letzter Zeit wieder zugenommen. Enge Fruchtfolgen mit einer Zunahme von Schäd­lingen, Ungräsern und Krankheiten sowie Restriktionen durch die Politik stellen die Betriebe vor immer neue Herausforderungen und tragen dazu bei, dass das Interesse an Hafer zunimmt. Wenn Hafer zur Auflockerung enger Fruchtfolgen angebaut wird, wie ist es dann um seine Wirtschaftlichkeit bestellt?

Eine Annäherung an die Antwort auf diese Frage soll am Beispiel Hafer anbauender Referenzbetriebe der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern (LFA MV) erfolgen.


Erträge und Wirtschaftlichkeit

Hafererträge; zur Verbesserung der Qualität bitte anklicken
Hafererträge; zur Verbesserung der Qualität bitte anklicken
Die Ergebnisse der Landessortenversuche zeigen, welches Ertragspotenzial im Hafer steckt (Abb. 1). In den Referenzbetrieben liegen die Erträge im Mittel der Jahre allerdings 16 % darunter, wobei die jährlichen Schwankungen deutlich abweichen können. Die mittleren Landeserträge in MV liegen sogar 40 % unter denen der Landessortenversuche, beinhalten allerdings auch Angaben des ökologisch angebauten Hafers und weichen daher viel stärker ab.
Kennzahlen des Haferanbaus
Kennzahlen des Haferanbaus

Bis zum Jahr 2013 wurde Hafer in den Referenzbetrieben vorrangig auf Splitter- bzw. Restflächen angebaut. Im Jahr 2014 kamen Betriebe zur Auswertung hinzu, die gezielt Qualitätshafer anbauen und die Bestandesführung danach ausrichten. Die Auswertungsfläche vergrößerte sich somit und der Anbau verschob sich auf bessere Böden (Tab. 1). Mit Ausnahme des Jahres 2013 konnte Hafer in den Referenzbetrieben mit Direktkosten produziert werden, die deutlich unter 300 €/ha lagen. Den größten Anteil haben mit knapp 50 % die Düngungskosten. Je ein Viertel der Kosten entfällt auf Saatgut- und Pflanzenschutzaufwendungen. Die erzielten Erzeugerpreise lagen zwischen 16,7 und 20,1 €/dt und sind stark abhängig von der Entwicklung der Getreidepreise im jeweiligen Anbaujahr.

Der Anbau von Qualitätshafer war in den Jahren 2014 und 2016 sehr wirtschaftlich. Bei günstiger Ertrags- und Preiskonstellation konnten Referenzbetriebe Direktkostenfreie Leistungen erzielen, die über denen des Stoppelweizens lagen (Abb. 2).

Vergleich mit Stoppelweizen
Vergleich mit Stoppelweizen


Vor dem Haferanbau erst mal rechnen!
Soll Hafer zukünftig in den Anbau aufgenommen werden, so gilt es, die Fragen nach den Vermarktungsmöglichkeiten, dem erzielbaren Preis sowie den realisierbaren Erträgen zu klären. Dazu kann die Ermittlung des Gleichgewichtspreises und des Gleichgewichtsertrages beitragen. Wird für den Hafer der Stoppelweizenanbau reduziert, muss sich Hafer mit dessen wirtschaftlichem Ergebnis messen. Welchen Erlös/dt bzw. Ertrag/ha muss also der Hafer bringen, um dieselbe Wirtschaftlichkeit wie Stoppelweizen zu erlangen?

Kalkulation des Gleichgewichtspreises
Kalkulation des Gleichgewichtspreises
Neben den Aufwendungen für Saatgut, Düngung und Pflanzenschutz können für die Erzeugung von Qualitätshafer weitere Kosten für Lagerung sowie Transport anfallen (Tab. 2). Ein Lagerzuschuss für die Anlieferung von Qualitätshafer an die Mühle wurde in der Kalkulation berücksichtigt. Um mit Hafer das gleiche wirtschaftliche Ergebnis zu erzielen wie mit Stoppelweizen, hätte in den Jahren 2012 und 2013 ein Drittel mehr pro Dezitonne Hafer gezahlt werden müssen. In den Jahren 2014 und 2016 hat sich der Anbau von Qualitätshafer dagegen mehr als ausgezahlt! Hafer war dem Stoppelweizen deutlich überlegen. Nicht berücksichtigt wurde in den Kalkulationen der Vorfruchtwert von Hafer, der durchaus 80 €/ha betragen kann (Böse, Getreide auf neuen Wegen, 2016). Unter Einbeziehung des Vorfruchtwertes könnte der Gleichgewichtspreis um rund 1 €/dt sinken.


Auf leichten Standorten mit Roggen vergleichen
Wird Hafer auf sehr leichten Böden mit Ackerzahlen unter 27 angebaut, sinkt die Ertragssicherheit. Die geringeren Erträge und die Kosten für erforderliche Beregnungsgaben führen dazu, dass hier höhere Gleichgewichtspreise als auf besseren Böden ermittelt werden. Bei einem Ertrag von 38 dt/ha hätten 30 €/dt gezahlt werden müssen. Oder anders herum: Würde der Preis für Qualitätshafer bei 18,5 €/dt liegen, müssten 62 dt/ha geerntet werden. Somit kann der Haferanbau bereits bei Berücksichtigung variabler Beregnungskosten unwirtschaftlich werden. Nun kann es sein, dass auf diesen Standorten kaum Weizen angebaut wird und der Hafer sich mit Roggen messen kann. Dann läge der Gleichgewichtspreis bei 22 €/dt bzw. der Gleichgewichtsertrag (bei 18,5 €/dt) sinkt auf 46 dt/ha.


Fazit
Der Anbau von Qualitätshafer kann wirtschaftlich sehr interessant sein, wie die Ergebnisse aus den Referenzbetrieben der LFA MV belegen. Bei einer bevorstehenden Entscheidung für Qualitätshafer muss man mehrjährige Erträge, die Kostenstruktur, zusätzlich anfallende Aufwendungen für Lagerung und Transport mitberücksichtigen. Wirtschaftlich messen muss sich Hafer immer an der im Anbau verdrängten Kultur. Häufig wird dies Stoppelweizen sein oder auf sehr leichten Böden Roggen. Hafer benötigt eine ausgeglichene Wasserversorgung und wird daher auf Böden mit Ackerzahlen unter 27 ertragsunsicher.

Werden hohe Erträge und somit gute Qualitäten erreicht, sollte Hafer seinen Platz in den Fruchtfolgen finden: Als wirtschaftliches Fruchtfolgeglied, das einen wesentlichen Beitrag zur Lösung anstehender ackerbaulicher Probleme leistet. Enge Fruchtfolgen mit hohen Wintergetreide- und Rapsanteilen ermöglichen in Späternteregionen keinen Zwischenfruchtanbau, zumal auf Wintergerste i.d.R. Raps folgt. Die Sommerung Hafer eröffnet die Möglichkeit eines Zwischenfruchtanbaues über das Winterhalbjahr und ist damit eine attraktive Option zur Erfüllung der Greening-Auflagen.

Stand: 10.10.2017