Aktuelle Ausgabe 01/2024

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Shredlage - Erfahrungen aus der Praxis

Länger häckseln, dabei alle Körner zerkleinern – das Shredlage-Verfahren verspricht mehr Struktur und Verdaulichkeit und damit mehr Milch. Neu ist das Grundprinzip nicht – es gibt Betriebe, die schon seit den 90er Jahren damit experimentieren. Ein Erfahrungsbericht aus Niedersachsen.

Bildquelle: Ohrdes
Bildquelle: Ohrdes
Der Betrieb, den Bernd Ohrdes zusammen mit seiner Frau, seiner Tochter und einem Azubi bewirtschaftet, liegt in Sulingen/Niedersachsen. Auf knapp 160 Hektar LN wird das Futter für 160–170 Milchkühe und deren weibliche Nachzucht produziert. Neben Grünland werden Roggen, Mais, Triticale und Raps angebaut.

Die Idee, Maissilage gröber zu häckseln als üblich, um dem Ganzen mehr Struktur zu geben, dabei aber die Körner mindestens intensiv anzuschlagen, hatte der Betrieb schon Ende der 90er Jahre. Die bei der Shredlage verwendete Technik mit gegenläufigen Walzen einerseits und längerer Häcksellänge andererseits ermöglicht es, den Strukturgehalt der Ration zu erhöhen und gleichzeitig die Körner stark zu beschädigen und so die Verdaulichkeit zu verbessern. „Die Häcksellänge wird schon sehr lange fachlich diskutiert. Was dabei aber sehr lange Zeit vernachlässigt wurde – auch in offiziellen Versuchen – ist sowohl das gleichzeitige Anschlagen der Körner als auch der Häckselzeitpunkt“, kritisiert Ernst Kreiselmeier von der Unternehmensberatung Rindvieh- und Schweinehalter Hunte-Weser e.V. „Da wurde oft genug ausschließlich kurze Häcksellänge und lange Häcksellänge in Versuchen miteinander verglichen. Viel wichtiger als die Häcksellänge ist aber, dass die Körner möglichst intensiv gebrochen bzw. zerrieben werden, um so die Verdaulichkeit zu erhöhen. Zudem spielt auch der frühere Häckselzeitpunkt der Shredlage bei der Futteraufnahme und der Verdaulichkeit eine Rolle.“


Sind von Shredlage überzeugt: Rena Ohrdes, Bernd Ohrdes und Ernst Kreiselmeier
Sind von Shredlage überzeugt: Rena Ohrdes, Bernd Ohrdes und Ernst Kreiselmeier
Eckpunkte der Shredlage im Betrieb Ohrdes:

  1. Es wird hier mit 22–24 mm theoretischer Häcksellänge keine extreme Häcksellänge realisiert.
     
  2. Der Häckselzeitpunkt ist mit 32–33 % TM bei der Gesamtpflanze erreicht, der TS-Gehalt des Kolbens liegt dann bei 55–60 %. Diese Werte werden in dieser Region etwa am 20.–25. September erreicht, also etwa 10 Tage früher als der ortsübliche Zeitpunkt für Maissilage vergleichbarer Reifegruppen.
     
  3. Der Cracker wird so eng eingestellt, dass einerseits annähernd jedes Maiskorn komplett aufgebrochen und angerieben ist (s. Bild), der Durchsatz aber trotzdem arbeitswirtschaftlich bleibt.

Häcksellänge bringt mehr Struktur

„Wir haben hinsichtlich der Häcksellänge einige Zeit experimentiert. Es hat sich herausgestellt, dass mit dieser Länge ein guter Kompromiss realisiert wird, mit dem sowohl der tiergerechten strukturreichen Fütterung als auch der guten Silierbarkeit Rechnung getragen wird“, erläutert Ohrdes. Diese Aussage wird nicht aus dem Bauch heraus getroffen, sondern basiert auf Messungen und Analysen. „Die Wärmebildkamera hat gezeigt, dass die Wärmeverteilung in den Shredlage-Silos sehr gleichmäßig ist. Eine unerwünschte Nacherwärmung oder Schimmelbildung haben wir nie festgestellt, auch gibt es kein Problem mit Sickerwasser, und die Dauer des Festfahrens verlängert sich nicht“, zieht Kreiselmeier Bilanz. Er bezieht sich damit nicht ausschließlich auf diesen Betrieb, denn mittlerweile arbeiten ca. 60 % der Mitglieder seines Beratungsringes nach diesem Verfahren.

Zudem könne man, so betont Betriebsleiter Ohrdes, beim Silieren in Silos ohne Betonwände besser bis zur Kante fahren, weil das Material weniger schnell nachgibt.


Man kann deutlich die Stärkekörnchen auf dem Silagegut erkennen.
Man kann deutlich die Stärkekörnchen auf dem Silagegut erkennen.
Früher Erntezeitpunkt macht keine Probleme

„Totes Material schmeckt keiner Kuh. Je weniger totes Material also einsiliert wird, desto schmackhafter ist das Ganze. Und bei dem früheren Häckselzeitpunkt sind die Pflanzen noch deutlich grüner – da bleibt nichts auf dem Futtertisch zurück. Dass zu diesem Zeitpunkt vielleicht etwas weniger Stärke in den Körnern vorhanden ist, wird durch das Anschlagen der Körner und damit höherer Verdaulichkeit der Inhaltsstoffe mehr als kompensiert“, ist der Landwirt sich sicher. Der frühe Häckselzeitpunkt sei zudem ein arbeitswirtschaftlicher Vorteil, denn zu einem späteren Zeitpunkt gäbe es unter Umständen die Schwierigkeit, einen Lohnunternehmer zu finden, zumal in dieser Region dann eine Konkurrenzsituation zu den Biogasanlagen bestünde. „Wir müssen vor den Biogasanlagen fertig sein, sonst wird es eng“, so sind die Erfahrungen der Vorjahre.


Cracken: nie ohne durchgehende Kontrolle

Wichtig ist die Einzugsgeschwindigkeit, denn sind der Einzug und das Cracken zu langsam, staut sich das Material schnell. Ohrdes spricht in diesem Zusammenhang auch mit Blick auf den Lohnunternehmer von „praxisrelevanten Fahrgeschwindigkeiten“.

Die Tatsache, dass nahezu alle Körner zerrieben sind, führt zu einer weniger selektiven Futteraufnahme und zudem zu einer deutlich besseren Verwertung der Stärke. „Da die meisten Pflanzenzellen bei dem Vorgang quasi „geöffnet“ und die Körner vermust werden, wird das gesamte Zellwasser freigesetzt und bei den Ansäuerungsprozessen vollständig erfasst. Das führt zu einem sehr ausgeglichenen Feuchtigkeitshaushalt im Silo, zu mehr „Ruhe“ im vorgelegten Futter und zu mehr verwertbarer Stärke“, führt Kreiselmeyer aus. „Man bekommt mit diesem Verfahren mehr Stärke/Kuh/Tag ohne höhere Kosten zu haben. Untersuchungen aus den USA sprechen sogar von 500–1.000 g1. Damit bekommt man mehr Leistung aus dem Grundfutter, was sich dann natürlich auch auf die Zusammensetzung der Ration auswirkt.“

Grundsätzlich extrem wichtig, das betonen alle Beteiligten, sei eine mehrstufige Kontrolle: am Häcksler hinsichtlich der Einstellung der Maschine und der Schnittqualität, am Haufen bezüglich der Verdichtung und später die Kontrolle der Inhaltsstoffe der Silage.

Wie sieht es denn mit den Kosten aus – ist das Shredlageverfahren für den Landwirt teurer als normales Häckseln? Zumindest in dieser Region sind die Häckselkosten nur marginal höher: Bernd Ohrdes bekommt für die Shredlage nur bis zu 10 Euro/ha mehr berechnet. „Die Lohnunternehmer in unserer Region haben die Preise für Shredlage auf dem alten Niveau gelassen oder nur um bis zu 20 Euro/ha erhöht. Die Begründung lag in dem geringeren Dieselverbrauch bei diesem Verfahren und der höheren Kundenbindung durch das Verfahren an sich“, erläutert Kreiselmeier.


Gute Gesundheit, gehaltvolle Milch

So weit zu den technischen und arbeitswirtschaftlichen Aspekten, aber wie sieht es mit den Endnutzern – den Kühen – aus und letztlich mit dem Endprodukt Milch?

Die Milch, betont Ohrdes, sei sehr gehaltvoll, mit hohen Eiweiß- und Fettgehalten. Das Ziel von mindestens 4 % Fett werde fast immer erreicht. Die Milchleistung der Herde läge bei knapp 9.600 Litern mit 4,16 % Fett und 3,46 % Eiweiß. Die Tiergesundheit sei sehr gut, es gäbe keine Verdauungs- und Stoffwechselprobleme, die Klauengesundheit ließe nicht zu wünschen übrig. „Wir liegen im bundesweiten Vergleich mit 3,0 Laktationen zwar ganz gut, aber da ist noch Luft nach oben, da werden wir noch besser.“


Immer mehr Betriebe setzen auf Shredlage

Rinderspezialberater Ernst Kreiselmeier stellt eine hohe Akzeptanz dieses Verfahrens in seinem Umfeld fest: „Von unseren ca. 80 Mitgliedern füttern ungefähr 60 % Shredlage, wobei sich einige noch in der Experimentierphase befinden. Es gibt aber kaum einen Betrieb, der letztlich nicht dabeibleiben würde. Denn wer mehr Geld verdienen kann, wäre ja dumm, wenn er darauf verzichten würde.“

 

Dr. Anke Boenisch und Winfried Meyer-Coors

 

1 Anmerkung der Redaktion: C. Holtz 2015: http://ahrhoff.de/images/download/seminare/2015/holtz/Protokoll%20Corwin%20Holtz%20Kunden.pdf, abgerufen am 20.09.2016

 

 

Stand: 11.10.2016