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Was bringt Vereinzelungssaat bei Getreide?

Nach der Etablierung der Einzelkornsaat in Kulturen wie Mais und Zuckerrübe tritt diese nun bei Getreide in den Fokus. Dabei geht es um eine praktikable Lösung mit hoher Flächenleistung, die sogenannte „Vereinzelungssaat“. Erste Erfahrungen aus praxisnahen Feldversuchen mit Weizen und Roggen lassen aufhorchen.

Horsch Pronto mit Vereinzelungsaggregaten; Bildquelle: Horsch
Horsch Pronto mit Vereinzelungsaggregaten; Bildquelle: Horsch
Nach der Etablierung der Einzelkornsaat in Kulturen wie Mais und Zuckerrübe tritt diese nun bei Getreide in den Fokus. Dabei geht es um eine praktikable Lösung mit hoher Flächenleistung, die sogenannte „Vereinzelungssaat“. Erste Erfahrungen aus praxisnahen Feldversuchen mit Weizen und Roggen lassen aufhorchen.

Bei Hybridgetreide – Roggen, Gerste und Weizen – ist der monetäre Wert des einzelnen Saatkornes im Vergleich zum konventionellen Getreide höher. Aus diesem Grund sind dort geringere Saatstärken wirtschaftlich und eine höhere Genauigkeit bei der Ablage und Standraumverteilung der Pflanzen besonders wichtig. Besonders Zuckerrüben, Mais und Raps stellen hohe Anforderungen an die Einzelkornsaat.


Die Technik ist bei Getreide aufwendig

Anders bei Getreide: Hier ist die Einzelkornsaat durch die engen Reihenabstände zwar technisch sehr aufwendig, hinsichtlich der Präzision ist Getreide aber weniger anspruchsvoll als die o. g. Kulturen. Entsprechend ist die Vereinzelung hier ein Kompromiss zwischen den Saatverfahren. Die Vereinzelung wird an der Standarddrillmaschine Horsch Pronto an den Fallrohren angebaut und kann per Bypass hinzu- oder abgeschaltet werden. Die Vereinzelung der Körner erfolgt erst kurz vor dem Säschar, wo der unsortierte Gutstrom über eine Dosierscheibe vereinzelt wird. Daraus resultieren potenziell geringere Saatstärken, eine gleichmäßige Verteilung der Pflanzen in einem Bestand und somit eine optimale Bestandesführung. Kann die Einzelkornsaat bei Getreide eine Alternative zur praxisüblichen Drillsaat darstellen? Aus dieser gemeinsamen Fragestellung heraus konzipierten die Firmen Horsch Maschinen GmbH, HYBRO Saatzucht GmbH und Hanse Agro Beratung und Entwicklung GmbH einen Gemeinschaftsversuch.


Versuchsaufbau

Die Großflächenversuche wurden auf zwei verschiedenen Praxisschlägen in der Nähe der Zuchtstation der HYBRO in Wulfsode angelegt. Die Firma Horsch stellte eine Horsch Pronto in 3 m Arbeitsbreite zur Verfügung. Alle Versuchsvarianten wurden mit einheitlicher und praxisüblicher Technik bestellt.

Saatgut: Das Saatgut wurde in jeweils drei kulturspezifisch angepasste Korngrößenfraktionen sortiert:

  • Weizen 2,2–2,5/2,5–2,8/2,8–3,0 mm,
  • Roggen 2,0–2,6/2,6–2,85/2,85–3,0 mm.

Eine Fraktionierung ist notwendig, um den störungsfreien Verlauf der Vereinzelungsdosierung der Sämaschine zu gewährleisten. Ausschlaggebend ist hierbei die Egalität der Körner, die ein gleichmäßiges Befüllen der Zellenräder in der Dosiereinheit und somit eine gleichmäßige Ablage der Saat ermöglicht.

Variationskoeffizienten im Versuch; zum Vergrößern Abbildung anklicken
Variationskoeffizienten im Versuch; zum Vergrößern Abbildung anklicken
Saatstärke: Ein weiterer Faktor in der Versuchsanstellung ist die Saatstärke, um den Effekt geringerer Saatstärken bei Einzelkornsaat zu untersuchen. Für Roggen lag sie bei 140 bzw. 180 keimfähigen Körnern/m², für die Liniensorten des Weizens bei 200 und 250 keimf. Kö/m² bzw. für Hybridweizen bei 110 und 140 keimf. Kö/m². Die Ernte der Versuche wurde mit Versuchstechnik in definierten Kerndruschbereichen durchgeführt.

Sorten: Die Sortenwahl fiel im Roggen auf die Sorten SU Cossani und SU Performer und im Weizen auf die Liniensorte Nordkap und die Hybride Hybery.

Parameter: Es wurden Feldaufgang und Pflanzenzahlen zu zwei Terminen im Herbst ermittelt, die Pflanzentrockenmasse sowie Triebdichten zu Vegetationsende und -beginn, und vor der Ernte die Ähren tragenden Halme. Die Trockenmasse, die im Herbst und im Frühjahr ermittelt wurde, ist ein Maß für die Entwicklung des Pflanzenbestandes. Die Zahl der ährentragenden Halme dokumentiert die Bestandesdichte und lässt Rückschlüsse auf den Bestockungsfaktor zu. Der Variationskoeffizient (VK), der die Standraumverteilung in der Saatreihe beschreibt, wurde anhand der Boniturdaten im Herbst ermittelt. Dieser VK erreicht Dimensionen von 0–100, wobei ein Wert von 0 bedeutet, dass alle Pflanzen mit einheitlichem Abstand (äquidistant) in der Reihe stehen. Im Vergleich zu der Vereinzelungssaat erreicht die Einzelkornsaat in Zuckerrüben oder Mais in der Regel bessere Werte bei ca. 10 %. Der in der Literatur angestrebte Variationskoeffizient von 30–50 % konnte im Versuch weder mit der Vereinzelungssaat des Weizens noch des Roggens realisiert werden. Jedoch weist die Vereinzelungssaat gegenüber der normalen Drillsaat einen deutlich geringeren VK auf. Daraus wird deutlich, dass die Standraumverteilung der Körner innerhalb der Saatreihe gleichmäßiger ist. Die geringeren Aussaatstärken bei der Hybridweizensorte führten zu einer kräftigeren Entwicklung der Einzelpflanzen.


Fazit

Festzuhalten bleibt, dass eine Vereinzelungssaat im Getreide in der Praxis durchaus möglich ist. Die Gleichmäßigkeit in der Standraumverteilung scheint nach den Eindrücken des ersten Versuchsjahres verbesserungswürdig. In der theoretischen Betrachtung bietet die gleichmäßige Positionierung der Pflanzen ein verändertes Mikroklima im Bestand und kann sich somit positiv auf den Krankheitsbefall auswirken. Das folgende Versuchsjahr wird hier vermutlich mehr Kenntnisse bringen. 

Weiterhin muss die Saatgutbereitstellung, die Fraktionierung oder gar Pillierung (Beiz- oder Nährstoffe), praktikabel sein und eine monetäre Bewertung auf der Grundlage der Erträge und Kosten des Produktionssystems vorgenommen werden.

Die Thematik der Vereinzelungssaat im Getreide bietet demnach noch eine facettenreiche Zukunft und wird weiter für Diskussionen sorgen.

 

Thilo Hahnkemeyer

 

Stand: 11.10.2016