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Für die Futterrübe auf Tour

Seit einigen Jahren steigt das Interesse an der Futterrübe bei modernen Milchviehbetrieben wieder spürbar an. Stefanie Richwin, Studentin an der Fachhochschule Südwestfalen in Soest, hat die Gründe vor Ort im Rahmen einer Projektarbeit untersucht.

Futterrüben gehen immer!
Futterrüben gehen immer!
Stefanie Richwin studiert Agrarwirtschaft im dritten Mastersemester. Von August bis Ende Oktober 2015 hat sie während eines Praktikums bei der W. von Borries-Eckendorf GmbH & Co. KG an einer unternehmensbezogenen Projektarbeit zum Thema Futterrübe gearbeitet.

Bei dieser empirischen Untersuchung wurden von ihr bundesweit fast 20 Milchviehbetriebe in persönlichen Interviews befragt und analysiert. Nur vier Betriebe halten weniger als 100, die beiden größten Betriebe jew. 400 Kühe. Das Milchleistungsniveau liegt zwischen 6.500 und 11.000 Litern. Dabei lag die Anbaufläche für Futterrüben zwischen 0,4 und 5,5 Hektar (Durchschnitt 2,65 ha) auf Standorten zwischen 18 und 80 Bodenpunkten.

Ziel der Befragung war es, die individuellen betriebswirtschaftlichen Gründe für diese Futterkomponente und die Erfahrungen herauszuarbeiten, um so das derzeitige Potenzial von Futterrüben in der Rinderfütterung zu ermitteln und die zukünftige Entwicklung abzuschätzen.


Für und Wider

„Die verbesserte Tiergesundheit ist das Hauptkriterium, Futterrüben in die Ration aufzunehmen. Insgesamt wurden viele Vorteile der Futterrübennutzung genannt wie z. B. eine höhere Futteraufnahme und weniger Probleme mit Labmagenverlagerungen. Der etwas dünnere Kot führt zu saubereren Spaltenböden, die auch die Klauengesundheit begünstigen. Außerdem wurde eine bessere Fruchtbarkeit der Tiere sowie höhere Eiweiß- und Fettprozente in der Milch festgestellt.“ Aber nicht nur Positives wurde lt. Richwin in den Gesprächen genannt: „Als nachteilig werden der Arbeitsaufwand für eine weitere Futterkomponente, Mechanisierungskosten und der vorhandene Schmutzanteil empfunden.“


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Rodung ist kein Problem mehr

Die Mechanisierung ist auch im Bereich Reinigung, Schnitzeln und Futtervorlage weiter fortgeschritten und trägt dazu bei, den Arbeitsaufwand im Vergleich zu früheren Zeiten deutlich zu verringern. Zusätzlich hat die Futterrübe auch durch die Vorgaben des Greenings an Attraktivität gewonnen.

„Besonders beeindruckt haben mich die vielen betriebsindividuellen Lösungen, mit denen die Futterrüben gerodet und aufbereitet werden. Den Anteil der Betriebe, die selbst über Rodetechnik verfügen, hätte ich geringer eingeschätzt. 37,5 % verfügen über eigene Rodetechnik und diese verschafft ihnen die Flexibilität, schon ab September Futterrüben frisch anbieten zu können“, erläutert die Studentin. Auch der technische Fortschritt bei Zuckerrübenrodern trägt laut Richwin erheblich zur neuen Attraktivität der Futterrübenproduktion bei. Eingebaute Laser und kurze Umrüstmaßnahmen ermöglichen eine problemlose Entblattung und Rodung der Futterrüben. Hinzu kommen moderne Sortentypen, die sehr gut für die maschinellen Prozesse geeignet sind.

Betriebe mit eigener Rodetechnik starten die Ernte um den 15. September, wird die Rodung im Lohn erbracht, müssen sie sich meist nach den Zuckerrübenernteterminen in der Region richten. „Teilweise wird es dann so geregelt, dass bei Rodestart in der Region der erste Teil der Futterrüben geerntet wird und die Restfläche am Ende der Rodesaison folgt. Ende Oktober bis spätestens Mitte November sind die Futterrüben in der Regel komplett geerntet“, erläutert Richwin die verschiedenen Strategien.


Inhaltsstoffe der Sorte Ribambelle; zum Vergrößern bitte anklicken
Inhaltsstoffe der Sorte Ribambelle; zum Vergrößern bitte anklicken
Nassreinigung: für die Meisten kein Thema

Von den befragten Betrieben lässt nur einer die Futterrüben waschen, die als Rübenschnitzel mit Maissilage gemischt werden. Da alle anderen Betriebe die Rüben hauptsächlich in Mieten lagern, vermeiden sie das Waschen aufgrund möglicher Fäulnisbildung. Falls notwendig, wird das Erntegut trocken gereinigt – unmittelbar bevor es verfüttert wird.

Die Mieten werden auf den Betrieben unterschiedlich gestaltet. Meist wird die Miete klassisch wie bei den Zuckerrüben auf dem Feld angelegt und mit Vlies abgedeckt. Teilweise befinden sich die Mieten auf einer Betonplatte auf dem Hof, in einer Halle oder Scheune. Um die Miete vor Frost zu schützen, verwenden viele Betriebe zum Abdecken Stroh, mit dem entweder die komplette Miete lose abgedeckt oder mit Quaderballen umstellt wird. Diese werden als U-förmige Wand aufgestapelt, ein Vlies dient der Abdeckung. Der Vorteil dieses Verfahrens ist, dass die Futterrüben von drei Seiten windgeschützt sind und bei wechselnden Temperaturen ein arbeitsintensives Auf- und wieder Abdecken mit Stroh entfällt. Des Weiteren ist die Kontaktfläche zwischen den Rüben und dem Stroh geringer.


Wie Bonbons für die Tiere

„Fast alle Betriebsleiter berichteten, dass bei der Futterumstellung die Tiere mit einer gesteigerten Futteraufnahme und einem stärkeren Sortierverhalten reagierten. Einige beobachteten, dass die Tiere schneller durch den Melkstand gehen, weil sie schneller zum Futtertisch gelangen wollen, wenn dort Futterrüben liegen“, berichtet Richwin.

Im Ausgleich zur Futterrübe reduzieren sechs Betriebsleiter die Maissilage, Milchleistungsfutter oder den Getreideanteil. Der maximale Futterrübenanteil, beträgt je nach Betrieb zwischen 6 und 25 kg Frischmasse je Tier und Tag. Im Durchschnitt werden 15 kg Frischmasse/Tier/Tag verfüttert.


Relative Kosten der Futterrüben sind betriebsabhängig

Uneinheitlich waren die Aussagen bei der Frage nach der monetären Bewertung der Futterrübenproduktion im Vergleich zum Silomais. Die Antwort hing davon ab, wie viel Fremdleistung durch Lohnunternehmer erbracht wurde. Zwar fanden 50 % der teilnehmenden Betriebsleiter die Produktion der Futterrüben teurer als Mais. 15 von 16 – also 94 % – jedoch vertreten trotzdem die Ansicht, dass sich die Futterrüben rechnen, da die eventuell höheren Produktionskosten durch den hohen Hektarertrag, die verbesserte Tiergesundheit und Kraftfuttereinsparung mindestens ausgeglichen würden.


Alte Sorten sind immer noch im Rennen

„Sehr interessant fand ich auch die unterschiedlichen Erfahrungen zu den alten und neuen Futterrübensorten. Die Sorte Kyros wird am häufigsten und auf vielen Betrieben „schon immer“ bzw. „seit Jahrzehnten“ angebaut, weil Eigenschaften wie z. B. Gleichmäßigkeit, Sauberkeit, ausgesprochene Lagerfähigkeit, Standfestigkeit und gute Rodeeignung bekannt und stabil sind. An zweiter Stelle folgt die Sorte Ribambelle, die vor allem wegen der Rhizomaniatoleranz geschätzt wird und zudem glattschalig ist, flach in der Erde sitzt, wenig Wurzelwachstum hat und relativ frostsicher ist.“


Fazit

Die Ergebnisse dieser Befragung sind nicht repräsentativ und die meisten Angaben durch die Betriebsleitungen erfolgen aus individuellen Beobachtungen heraus. Daher müssen weitere Untersuchungen zur Futterrübe stattfinden, um den Einfluss der Rüben auf heutige Hochleistungskühe wissenschaftlich zu erfassen.

Diese Befragung bestätigt dennoch die Empfehlung, Futterrüben als ergänzende Komponente in die Fütterung von Rindern aufzunehmen. Der erfolgreiche Einsatz hängt von der individuellen Betriebsstruktur ab.

Stefanie Richwins persönliches Fazit:  
„Den Einsatz von Rüben in der Rinderfütterung finde ich sehr spannend. Mir hat die Tour viel Freude bereitet, und ich möchte mich noch mal ganz herzlich für die Unterstützung bei allen Betrieben bedanken.“

 

Stand: 17.12.2015