Aktuelle Ausgabe 01/2024

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Ackerbohnen in der Milchkuhfütterung

Ackerbohnen sind in den letzten Jahrzehnten in der Fütterung „aus der Mode“ gekommen. Durch hohe Sojapreise, die kritische Auseinandersetzung mit genveränderten Pflanzen und die Greening-Diskussion werden sie als Futtermittel wieder interessanter. Dr. Jürgen Weiß erläutert, worauf man bei der Milchviehfütterung achten sollte.

Tipp: UFOP-Praxisinformationen enthalten wertvolle Hinweise zu Ackerbohnen in de Milchviehfütterung
Tipp: UFOP-Praxisinformationen enthalten wertvolle Hinweise zu Ackerbohnen in de Milchviehfütterung
Sowohl Protein- als auch Energielieferant
Ackerbohnen enthalten vor allem Protein und Stärke, deren Anteile weniger von der Blütenfarbe als vielmehr von Sorte, Standort und Anbaujahr abhängen. In der Tab. 1 sind Durchschnittsgehalte für wertbestimmende Inhaltsstoffe und Kennwerte zum Futterwert im Vergleich zu Rapsextraktionsschrot RES und Weizen zusammengestellt. RES ist heute das typische Proteinfuttermittel in der Wiederkäuerfütterung. Weizen ist ein gängiges Energiefuttermittel.

Ackerbohnen liegen im Vergleich zu RES und Weizen beim Rohproteingehalt etwa zwischen beiden und beim Stärkegehalt näher am Weizen. Ackerbohnen sind somit sowohl Protein- als auch Energielieferant. Für den Futterwert sind zum einen neben dem Rohproteingehalt dessen ernährungsphysiologische Qualität und zum anderen der sich aus der Verdaulichkeit der Nährstoffe ergebende energetische Futterwert von Bedeutung.

Tab. 1: Inhaltsstoffe und Futterwert von Ackerbohnen im Vergleich zu Rapsextraktionsschrot und Weizen
(Angaben in g/kg; 88 % TM)

 

Ackerbohnen

Rapsextraktionsschrot

Weizen

  Wertbestimmende Inhaltsstoffe

Rohasche g

34 69 17

Rohprotein g

262 339 121

Rohfett g

14 28 18

Rohfaser g

78 116 26

Stärke g

371 - 583

Zucker g

36 87 29
 

Kennwerte zum Futterwert

UDP %

15 35 20

nXP g

172 225 151

RNB g

+14 +19,5 -5

NEL MJ/kg

7,6 6,4 7,5

bXS g

74 - 87

Quelle: UFOP 2004,2014; DLG Futterwerttabelle 7. Auflage

In der Fütterung von Milchkühen sind bezüglich der Proteinversorgung folgende Kennwerte von Bedeutung:

  • im Pansen unabbaubares Rohprotein (UDP)
  • nutzbares Rohprotein am Dünndarm (nXP)
  • ruminale Stickstoffbilanz (RNB).

Die Nettoenergie Laktation (NEL) gibt den energetischen Futterwert an. Für die Energieversorgung ist auch der Anteil der im Pansen beständigen Stärke (bXS) von Bedeutung. Sie erleichtert die Energieversorgung hochleistender Milchkühe und verringert die Gefahr einer Pansenacidose.

Neu: Monitoring zu Inhaltsstoffen bei der UFOP

Niedrigen UDP-Anteil bei der Rationsgestaltung beachten
Hinsichtlich der Proteinversorgung ist der niedrige UDP-Anteil des Ackerbohnenproteins von Nachteil. Daraus resultiert auch der relativ hohe RNB-Gehalt. Dies ist bei Rationsgestaltungen unter dem Aspekt der Stickstoffnutzungseffizienz zu beachten. Der Energiegehalt der Ackerbohnen ist hoch und entspricht dem von Weizen.

Wie auch bei anderen Futtermitteln unterliegen die den Futterwert bestimmenden Inhaltsstoffe der Ackerbohne mehr oder weniger großen Schwankungen. Beeinflusst werden diese insbesondere durch Sorte, Standort und Witterung. Bei Verfütterung größerer Mengen sollten deshalb bei einer LUFA Inhaltsstoffuntersuchungen vorgenommen werden, die heute über das NIRS-Verfahren schnell und kostengünstig realisierbar sind. Mehr Informationen erwarten wir auch aus dem neu installierten Körnerleguminosen-Monitoring bei der UFOP.

Weiß- oder buntblühende Sorten bevorzugen?
Es wird immer wieder diskutiert, ob man hinsichtlich der Tanningehalte in den Ackerbohnen weiß- oder buntblühende Sorten bevorzugen soll. Es ist keine Frage, dass tanninarme weißblühende Sorten für Monogastrier zu bevorzugen sind, da tanninhaltige buntblühende Sorten in größeren Mengen die Schmackhaftigkeit der Ration und damit die Futteraufnahme verringern.

Wie sieht dies nun bei Milchkühen aus?
Tannine führen zu einer höheren Beständigkeit der Nährstoffe im Pansen. Steingaß und Mitarbeiter (2004) haben hierzu umfangreiche Untersuchungen und Fütterungsversuche durchgeführt. Es wurde die weißblühende Sorte Valeria mit der buntblühenden Sorte Samba verglichen. Im Fütterungsversuch zeigte sich bei Samba eine Tendenz zu höherer Futteraufnahme und höherem Milchfettgehalt wegen eines stabileren Pansenmilieus. Bei Valeria wurden höhere Milcheiweißgehalte gemessen bedingt durch mehr fermentierbare Energie. Die Futteraufnahme lag im Versuch bei knapp 22 kg TM, die durchschnittliche Milchleistung bei 27,6 kg. Daraus wurde folgende Schlussfolgerung gezogen: Tanninhaltige Ackerbohnen haben einen geringeren Energiegehalt, dafür aber mehr nXP. Ihre langsamere Abbaurate der organischen Masse und des Rohproteins führt zu einer stabileren Pansenfermentation und einer besseren Verträglichkeit.

In diesem Zusammenhang wurde auch der Einfluss einer thermischen Behandlung (Ringspaltexpander, Jet Sploder) untersucht, weil damit eine höhere Nährstoffbeständigkeit erreicht werden soll. Im Ergebnis konnten zwar gewisse positive Effekte erzielt werden, die Verfahren sind jedoch gemessen an ihrer Wirkung viel zu teuer.

Auf Futtermittelhygiene achten
Bei erhöhtem Wassergehalt des Erntegutes kann es bei der Lagerung zu Schimmelbildung kommen. Die dadurch entstehenden Pilztoxine können die Tiergesundheit und Leistung negativ beeinflussen. Um Schimmelbildung zu vermeiden, sollte der Wassergehalt der Ackerbohnen bei der Einlagerung maximal 12 % betragen. Bei Körnerleguminosen sind innerhalb einer Erntepartie mitunter erhebliche Streuungen zu erwarten, besonders bei ungleichmäßig abgereiften Beständen. Daher muss der Feuchtegehalt durch eine ausreichend große Anzahl an Messungen möglichst exakt bestimmt werden. Bei höheren Wassergehalten ist neben der Trocknung auch eine Feuchtkonservierung mit organischen Säuren oder eine Silierung praktikabel.

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Tab. 2: Rationsbeispiele für den Einsatz von Ackerbohnen in der Milchkuhfütterung bei unterschiedlichen Leistungen
(Grundration 1/2 Gras- und 1/2 Maissilage; TMR)

Milchleistung

20 kg

30 kg

40 kg

Futtermittel kg/Tier/Tag

RES (Rapsextraktionsschrot)+ Ackerbohnen

Grassilage
(35 % TM)

19,5

Maissilage
(35 % TM)

20,5

RES

- 1,0 3,5

Ackerbohnen

2,1 4,0 4,0

Weizen

 - 0,6 1,0

Körnermais

- 0,5 1,6

Trockenschnitzel

- 0,7 0,4

Futterharnstoff

0,03 - -

Futterfett

- - 0,25

Mineralfutter

0,16 0,24 0,25

Quelle: Bonsels, 2014

Einsatzempfehlungen

Milchkühe können tanninhaltige Bohnen besser vertragen als tanninarme.

Der Einsatz von Ackerbohnen muss natürlich im Rahmen der Notwendigkeit einer sachgerechten Rationsgestaltung erfolgen. Unter diesen Bedingungen sind Einsatzmengen bis zu 4 kg je Kuh und Tag möglich und in Fütterungsversuchen abgesichert. In der Tab. 2 sind Beispielrationen für unterschiedliche Milchleistungen bei einer Gras-/Maissilage Grundration als Totale Mischration (TMR) aufgeführt. Im höheren Leistungsbereich kann mit Ackerbohnen die Proteinversorgung nicht sichergestellt werden. Eine Kombination mit Rapsextraktionsschrot bietet sich hier an.

Fazit
Ackerbohnen sind ein wertvolles Proteinfuttermittel. Buntblühende Sorten haben zwar einen etwas geringeren Energiegehalt. Bedingt durch ihren Tanningehalt sind jedoch der UDP-Anteil des Rohproteins und damit der Gehalt an nXP höher als in weißblühenden Sorten. Die langsamere Abbaurate der organischen Masse und des Rohproteins führte in Versuchen zu einer stabileren Pansenfermentation und einer besseren Verträglichkeit. Die Futteraufnahme war im Fütterungsversuch tendenziell sogar etwas höher als bei weißblühender Sorte.

Insofern ist festzuhalten, dass buntblühende Ackerbohnen in der Milchkuhfütterung sehr gut geeignet sind. Aus Sicht der Tierernährung ist somit nichts gegen den in der Praxis vorherrschenden Anbau buntblühender Ackerbohnensorten einzuwenden. Es könnte ruhig mehr sein!

 

EXKURS:

Der Einsatz heimischer Futterkomponenten wird zunehmend ein „Imageträger“ für die Branche Landwirtschaft. Import-Sojaschrot stammt meist aus gentechnisch veränderten Beständen. Ein Verzicht auf dieses Futtermittel wird da besonders wichtig, wo sich (regionale) Vermarktungsstrukturen entwickeln, die den Verzicht von gentechnisch veränderten Futtermitteln fordern. Auch große Lebensmittelketten wie REWE und EDEKA widmen sich vermehrt diesem Thema und fordern, z.B. in Eigenmarken gentechnisch verändertes Sojaschrot vermehrt durch heimische Eiweißträger* zu ersetzen. Dieser Trend scheint sich also fortzusetzen.

* S. z.B. Leitlinien des REWE-Konzerns zur Nachhaltigkeit http://nh.rewe-group.com/nachhaltigkeit/publikationen/leitlinien/leitlinie-fuer-soja-als-futtermittel/
(Stand: 11. Juni 2015)

 

 

 

 

Stand: 17.06.2015