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UNTERNEHMEN PFLANZENBAU 2015: Wichtige Faktoren für den Betriebserfolg

Fachwissen und eine gute Ausbildung alleine reichen nicht: Für einen langfristigen Betriebserfolg muss die Betriebsleitung eine Vielzahl an fachlichen und persönlichen Eigenschaften mitbringen. Sönke Huesmann, Beratungsring landwirtschaftlicher Betriebe (GBB), erläutert die wichtigsten Erfolgsfaktoren. Die GBB blickt auf 67 Jahre Beratungserfahrung zurück. Freiberuflich arbeitende Berater betreuen Dauermandate in allen Bereichen des landwirtschaftlichen Unternehmens.

Huesmann
Huesmann
Datenbasis aus 155 Kennzahlen/Betrieb deckt Stärken und Schwächen auf
Neben der kontinuierlichen produktionstechnischen Betreuung, der Auswertung der Jahresabschlüsse bilden Liquiditätspläne und perspektivische Betriebsentwicklung wie z.B. Pachten und Kooperationen wesentliche Bausteine des Beratungsansatzes. Im Fokus steht das Vermögen des landwirtschaftlichen Unternehmens mit seinen Eigentümern. Kernstück der Beratung bildet der offene horizontale Betriebsvergleich, der jährlich auf Basis der Jahresabschlüsse und der Geldrechnung erstellt wird. Anhand von 155 Kennzahlen zur Ertrags- und Aufwandsstruktur werden die Stärken und Schwächen sehr deutlich und dienen in offener Diskussion als Motor für betriebliche Veränderungen.

Diese Betriebsvergleiche zeigen, dass im mehrjährigen Mittel bei annähernd gleichen äußeren Rahmenbedingungen (Boden- und Klimaregion, Fruchtfolge, Betriebsgröße) bis zu 400 €/ha Grundrenten bzw. Reinertragsunterschiede vorzufinden sind, die allein auf das Management zurückzuführen sind! Über welche fachlichen und persönlichen Eigenschaften müssen diese erfolgreichen Betriebsleiter* verfügen?

Fachliche Eigenschaften erfolgreicher Betriebsleiter
Zunächst haben die erfolgreichen Betriebsleiter eine ökonomisch geprägte Ausbildung durchlaufen, wie z.B. ein Studium der Agrarwissenschaften an einer Fachhochschule oder Universität. Dann verfügen diese Betriebsleiter über ein auf die jeweilige Kulturart bezogenes, pflanzenbauliches Spezialwissen. In Phasen des pflanzlichen Wachstums beobachten diese Experten die Kulturen intensiv und sind in der Lage, zu jedem Zeitpunkt der Vegetation zu beurteilen, wie die Kulturpflanze im Idealfall auszusehen hätte, damit sie zum standortangepassten Höchstertrag gebracht werden kann. Dabei gehen sie nicht nach Rezepturen vor, sondern denken die notwendige Maßnahme mit dazugehörigen Kosten durch und stellen das Ergebnis der Überlegungen ins Verhältnis zum erwarteten Ertrag. Sie wissen auch, wie sich die jeweilige Sorte nach Düngungs- und

Bis zu 400 Euro/ha Differenz sind allein auf das Management zurückzuführen.

Pflanzenschutzanwendungen weiterentwickelt und haben dieses bildlich vor Augen. Nicht optimal entwickelte Bestände lösen bei diesen Betriebsleitern sofort eine Betroffenheit und eine Diskussion mit Berater oder Berufskollegen aus. Diese Fähigkeit ist nur bedingt erlernbar. Die in der Vegetation in den Arbeitskreisen regelmäßig durchgeführten Feldrundgänge bieten den weniger talentierten Betriebsführern jedoch die Möglichkeit, diese Fähigkeiten zu adaptieren. Wer die Fähigkeit nicht besitzt, dem kann darüber hinaus empfohlen werden, in Zeiten intensiven Wachstums seine Bestände zeitnah und regelmäßig in Form von umfangreichen Feldkontrollen selbst zu beobachten und daraus Rückschlüsse zu ziehen.

Die Bereitschaft zur kritischen Auseinandersetzung und Diskussion führt zur Weiterentwicklung.
Die Bereitschaft zur kritischen Auseinandersetzung und Diskussion führt zur Weiterentwicklung.
Zu den weiteren fachlichen Voraussetzungen zählt das technische Verständnis für Maschinen. Es ist von Vorteil, wenn man als Betriebsleiter immer das Bestreben hat, alle Maschinen auf dem Betrieb selbst bedienen zu können. Aber besonders auf größeren Betrieben gewinnt stattdessen vermehrt die Planung und zeitliche Umsetzung von Arbeitsprozessen an Bedeutung. Man muss die Dauer von einzelnen Arbeitsprozessen auf größeren Ackerbaubetrieben einschätzen, um alle Arbeitsgänge möglichst effizient aufeinander abstimmen zu können.

Persönliche Eigenschaften erfolgreicher Betriebsleiter
In einem Produktionsbereich, wo es um standardisierte Massengüter hoher Qualität geht, müssen die Produktionskosten je Getreideeinheit optimiert werden.

Der Produktpreis hat im Einzelfall erheblichen Einfluss auf den Betriebserfolg. Die Fähigkeit, den bzw. die optimalen Verkaufszeitpunkte einzuschätzen, ist jedoch nicht reproduzierbar und wird von Zufälligkeiten geprägt. Wenn die Stückkosten entscheidend sind, zählt kostenbewusstes Wirtschaften zu einer der wesentlichen persönlichen Tugenden eines erfolgreichen Pflanzenbauunternehmers. Das regelmäßige Abgleichen von Soll- mit Ist-Daten aus der eigenen Buchführung verstärkt das Zahlenverständnis und schafft eine Sensibilität für die Höhe von Einnahmen und Ausgaben mit dem Ziel, eine Betroffenheit und eine Reaktion auszulösen, wenn bestimmte Positionen auffallend sind. Trotz der Möglichkeit und dem gesetzlichen Erfordernis des Archivierens von diversen betrieblichen Daten, bleibt die eigene Buchführung mit einer gut strukturierten Finanz- und Naturaldatenstruktur das wesentliche Arbeits- und Kontrollmedium für den Betriebsleiter.

Wichtige Eigenschaften der Betriebsleitung:

  • Ökonomische Ausbildung
  • Spezialwissen
  • Fähigkeit zur Mitarbeitermotivation
  • Technisches Verständnis
  • Positives Denken
  • Beobachten und agieren
  • Bereitschaft, eigenverantwortlich zu handeln

Erfolgreiche Betriebe verfügen darüber hinaus stets über sehr gute Mitarbeiter. Der Anspruch an die Qualifikation der Mitarbeiter in dynamischen Betrieben wächst stetig, weil neben der gewissenhaften Ausführung der Arbeiten vermehrt auch die Beobachtungen der Mitarbeiter und deren Rückmeldung wichtig für betriebliche Entscheidungen werden. Motivation, Leistungsbereitschaft, Identifikation mit dem Betrieb und Zufriedenheit bei den Mitarbeitern erreicht man u.a. durch Kontinuität im täglichen Ablauf, klare Arbeitsanweisungen, persönliche Anerkennung und adäquate Entlohnung.

Die überdurchschnittlichen Betriebsleiter sind darüber hinaus letztendlich physisch belastbar, bereit, Verantwortung zu übernehmen, überdurchschnittlich fleißig, haben Interesse an neuen Entwicklungen und denken positiv.

Zukünftig wird es für erfolgreiche Betriebsleiter wichtiger, ihre Arbeit der landwirtschaftsfremden Gesellschaft zu erklären. Dieser Bereich fordert jeden einzelnen landwirtschaftlichen Unternehmer. Denn man sollte dieses Feld nicht allein den Verbänden und pro landwirtschaftlichen NGOs überlassen.

Möglichkeiten zur Verbesserung der eigenen Qualifikation

  1. Nutzung des Netzwerks der Beratung: Kontakt zu Spitzenbetrieben, Feldrundgänge, Betriebsbesichtigungen, Workshops in Arbeitskreisen etc.
  2. Für junge, angehende Betriebsleiter bildet das Volontariat bei Spitzenbetrieben eine ideale Möglichkeit, von den Experten zu lernen.

Sortenwahl: sehr wichtiges Instrument der Betriebsoptimierung
Die Saatgutkosten umfassen lediglich 6 v. H. der Produktionskosten (Abb. 1). Dabei unterscheidet sich diese Position in ihrer Höhe kaum zwischen erfolgreichen und weniger erfolgreichen Betrieben.

Dennoch liegt darin der Schlüssel zum Betriebserfolg, indem nämlich die Sortenwahl den Ertrag und u.U. auch die Höhe der Spezialkosten wie N-Düngung und Pflanzenschutz bestimmt. Besonders deutlich wurde dieses in den Erntejahren 2013 und 2014 mit der Sorte Tobak, die bei bedeutsamem Anbauumfang eine besondere Ertragsüberlegenheit aufwies (Tab. 1). Man muss schon in der Zeit sehr lange zurückgehen, um eine derartige Korrelation zwischen Sortenwahl und Betriebserfolg feststellen zu können.

Für eine optimale Bestandesführung bedarf es genauer Kenntnis über die jeweilige Sortenreaktion auf z.B. Bodengüte, Vorfrucht, Saatstärke, N-Düngung, Wachstumsregler und Fungizide bei unterschiedlichen Witterungsbedingungen. Um an dieses Wissen zu gelangen, benötigt man bei Getreide 2–3 Anbaujahre. Die Sortenbeurteilungen der Züchterhäuser oder des Bundessortenamtes reichen dafür nicht aus, denn in der Praxis liegen oft sehr spezifische Probleme vor. Die Gefahr, bei einer noch unbekannten Sorte produktionstechnische Fehlentscheidungen zu treffen, ist hoch. Daher werden auch in größeren Marktfruchtbaubetrieben kaum mehr als 3 Weizen- und 3 Gerstensorten angebaut. Neue Sorten werden auf kleineren Flächen auf einem Umfang von max. 20 % erstmalig eingeführt. Viele Betriebsleiter sind sehr innovativ, verfügen über eine enorme pflanzenbauliche Passion und durchaus über pflanzenbauliches Geschick – und stürzen sich auf neue Sorten. Dies wirkt sich aber im Gesamterfolg des Unternehmens, meistens in der Kostenstruktur, sehr oft nachteilig aus. Letztendlich liefern neben den eigenen Erfahrungen, die Ernteauswertungen der Ringbetriebe sowie die Landessortenversuche der Offizialberatung die wesentlichen Informationen für die Sortenwahl.

Fazit:
Die Persönlichkeit des Betriebsleiters ist also mindestens so wichtig für den Erfolg, wie eine gute Ausbildung und Fachkenntnis. Das meiste ist erlernbar, dazu muss man aber schon bereit sein, über den „Tellerrand“ hinauszuschauen. Die Sortenwahl war in den vergangenen Jahren ein wichtiges Kriterium für den Betriebserfolg.

GBB GrossBetriebsBeratung Landwirtschaftliche Unternehmensberatung

In Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein vereint der Beratungsring landwirtschaftlicher Betriebe (GBB) in 8 Arbeitskreisen 240 Betriebe mit zusammen 220.000 Hektar Ackerfläche. Die Durchschnittsgröße beträgt inzwischen über 900 Hektar in einem Korridor von 300 bis 6.000 Hektar. Die Betriebe werden produktionstechnisch und betriebswirtschaftlich beraten. Es handelt sich dabei im Wesentlichen um Marktfruchtbaubetriebe mit einem Anteil an tierischer Veredlung von 20 v.H. der Betriebe. Zusätzlich zu den 8 Marktfruchtberatern arbeiten zwei weitere Berater ausschließlich für die Bereiche Biogas und Schweinehaltung.

Mehr Information unter www.gb-beratung.com

 

* Anmerkung der Redaktion: … meint immer auch Betriebsleiterinnen. Zugunsten einer besseren Lesbarkeit verzichten wir auf das Ausschreiben beider Formen im Text bzw. auf die Verwendung des neutralen, aber sperrigen Wortes „Betriebsleitung“.

 

Stand: 18.06.2015