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Saatstärke optimieren – Erträge sichern

Für Ackerbohnen wurden bislang Saatstärken von 35 oder bestenfalls 40 keimfähigen Körnern/m² empfohlen. Dabei spielten die vorhandene Aussaattechnik, die Höhe der Saatgutkosten und pflanzenbauliche Überlegungen wie die Standfestigkeit eine wichtige Rolle. Neue Ergebnisse zeigen, dass höhere Saatstärken pflanzenbaulich wie wirtschaftlich sinnvoll sind.

Durch Anbauversuche bewiesen: Es gibt keine stärkere Lagerneigung durch höhere Bestandesdichten aufgrund guter Standfestigkeit der heutigen Sorten.
Durch Anbauversuche bewiesen: Es gibt keine stärkere Lagerneigung durch höhere Bestandesdichten aufgrund guter Standfestigkeit der heutigen Sorten.

Ackerbohnen wurden bislang in der Regel im weiten Reihenabstand ausgesät. Das hing auch damit zusammen, dass die niedrigen Saatstärken anders nicht auszubringen waren. Die Aussaattechnik wurde aber weiterentwickelt, sodass heute auch geringere Aussaatmengen im üblichen engen Reihenabstand möglich sind. Gleichzeitig hat die Pflanzenzüchtung dazu beigetragen, dass die Standfestigkeit von heutigen Ackerbohnensorten wesentlich besser ist als die älterer Sorten.
Somit stellt sich die Frage, ob geringe Saatstärken von 35 Körnern/m² weiterhin angebracht sind oder ob das pflanzenbauliche und das wirtschaftliche Optimum bei höheren Saatstärken liegen kann. Diese Frage wurde in den letzten Jahren aus der Praxis wie auch aus der Beratung immer häufiger gestellt. Um sie zu beantworten, wurden von 2010 bis 2013 in einer mehrortigen Versuchsserie höhere Saatstärken geprüft.

Enger Reihenabstand schafft eine bessere Standraumzuteilung.
Enger Reihenabstand schafft eine bessere Standraumzuteilung.
Versuchsanlage
Die Prüfung der Saatstärken fand im Rahmen der Landessortenversuche (LSV) in Schleswig-Holstein statt. Dabei handelt es sich um eine Versuchsserie, die in Zusammenarbeit der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein, des Fachbereiches Agrarwirtschaft der Fachhochschule Kiel und der Norddeutschen Pflanzenzucht durchgeführt wird. Neben der „Standardsaatstärke“ von 35 keimf. Körnern/m² wurden zusätzlich 45 und 55 keimf. Körner/m² geprüft (s. Tab. 1). Für diese Fragestellung wurde die Sorte Fuego verwendet. Sie hatte in den Jahren bis zum Beginn der Versuche die höchsten Erträge geliefert und verfügt, wie fast auch alle anderen derzeitigen Sorten, über eine gute bis sehr gute Standfestigkeit.

Die Pflanzenzahl im Zählrahmen x 7 ergibt näherungsweise die Bestandesdichte in Pflanzen/m2.
Die Pflanzenzahl im Zählrahmen x 7 ergibt näherungsweise die Bestandesdichte in Pflanzen/m2.
In jedem Jahr wurden sechs Versuche angelegt, von denen jeweils vier bis fünf auswertbar waren. Es wurden nur Ver- Durch Anbauversuche bewiesen: Es gibt keine stärkere Lagerneigung durch höhere Bestandesdichten – auch aufgrund guter Standfestigkeit der heutigen Sorten. AUSSAAT 18 praxisnah Sonderheft Leguminosen | 2015 suche in die Auswertung übernommen, die nach der statistischen Analyse auch für die LSV verwendet wurden. Am Standort Hohenlieth wurden die Versuche im weiten Reihenabstand von 25 cm angelegt. An den anderen Standorten werden die Ackerbohnen seit Jahren im sogenannten Getreideabstand mit 13–14 cm Reihenabstand ausgesät.

Tab. 1: Saatstärkenversuch mit Ackerbohnen
Tab. 1: Saatstärkenversuch mit Ackerbohnen
Die Erfassung der Merkmale erfolgte entsprechend den Vorgaben für die LSV. Zusätzlich wurde für die drei Saatstärkenvarianten in den Jahren 2012 und 2013 die Anzahl der Hülsen tragenden Stängel/m² zeitnah zur Ernte erfasst. Neben der Auswertung über den Kornertrag wurden die Ökovalenz und die Standardabweichung der Ökovalenz zur Beurteilung der Ertragsstabilität berechnet. Die Wirtschaftlichkeit der Varianten wurde über die Bereinigte Marktleistung dargestellt. In ihr sind die Saatgutkosten von der Marktleistung abgezogen.

Tab. 2: Bestandesmerkmale in Abhängigkeit von der Saatstärke
Tab. 2: Bestandesmerkmale in Abhängigkeit von der Saatstärke
Kaum Unterschiede in den Bestandeseigenschaften
Die Bestandesdichten wurden nach dem Feldaufgang ausgezählt (s. Tab. 2). Die unterschiedlichen Saatstärken finden sich nicht in jedem Fall, wohl aber im Mittel über die Standorte wieder. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Ackerbohnen schon sehr früh mit einer Seitenstängelbildung beginnen können. Sie setzt oftmals bereits unter der Erdoberfläche ein, sodass frühzeitig aus einer Pflanze zwei Stängel entstehen. Bei der Bestimmung der Keimpflanzen werden dann beide Stängel oftmals als jeweils eine Pflanze angesehen, weil davon ausgegangen wird, dass es sich um zwei Pflanzen handelt.
Das Merkmal „Mängel nach Aufgang“ ist eine subjektive Bonitur der frühen Bestandesentwicklung. Dünnere Bestände erhalten hier in der Regel eine schlechtere Boniturnote als dichtere Bestände, sodass der Eindruck des Betrachters in den Boniturnoten mit zum Ausdruck kommt. Je höher die Saatstärke, umso besser fielen die Beurteilungen aus. Die dichteren Bestände gefallen in diesen Situationen besser.

Die Pflanzen beginnen teilweise schon früh mit der Bildung von Seitenstängeln. Sie treiben zum Teil bereits unter der Erde aus.
Die Pflanzen beginnen teilweise schon früh mit der Bildung von Seitenstängeln. Sie treiben zum Teil bereits unter der Erde aus.
Sehr geringe Unterschiede gab es in der Pflanzenlänge. Sie wird nach Blühende gemessen, wenn die Pflanzen ihr Längenwachstum beendet haben. In der Tendenz bestätigt sich, dass höhere Bestandesdichten auch zu etwas längeren Pflanzen führen, weil sich die Pflanzen gegenseitig treiben. Die Unterschiede sind aber sehr gering.

Tab. 3: Lagerneigung in Abhängigkeit von der Saatstärke
Tab. 3: Lagerneigung in Abhängigkeit von der Saatstärke
Kein Einfluss auf die Lagerneigung!
Von besonderem Interesse ist die Standfestigkeit der Bestände. In Tabelle 3 wurden die Bonituren für die beiden Merkmale Lager nach Blüte und Lager bei Reife dargestellt. Frühes Lager noch während oder nach der Blüte trat in keiner der Varianten und in keinem der 17 Versuche auf. Im Mittel über alle Versuche wurden alle Varianten mit der Bestnote 1,0 beurteilt. Auch Lager bei Reife trat nur in sehr geringem Umfang auf. 9 von 17 Versuchen waren ohne Lager, alle Varianten wurden hier mit 1,0 bewertet. In den anderen 8 Versuchen war leichtes Lager vorhanden. Die Unterschiede zwischen den Saatstärkenvarianten waren aber gering. Lediglich bei der höheren Saatstärke von 55 Körnern/m² war eine etwas erhöhte Lagerneigung feststellbar. Insgesamt sind diese Noten aber immer noch sehr gut. In ihnen kommt auch die gute Standfestigkeit der heutigen Ackerbohnensorten zum Ausdruck, die auch mit erhöhten Bestandesdichten gut zurechtkommen.

Tab. 4: Bestandesdichten, Hülsen tragende Stängel und Lagerneigung in Abhängigkeit von der Saatstärke 2012–2013
Tab. 4: Bestandesdichten, Hülsen tragende Stängel und Lagerneigung in Abhängigkeit von der Saatstärke 2012–2013
Einfluss auf die Bestockung
In Tabelle 4 wurden die Keimpflanzen den Hülsen tragenden Stängeln gegenübergestellt. Dazu liegen Ergebnisse aus insgesamt 7 Versuchen vor. Zusätzlich wurden die „Bestockungsfaktoren“ in Abhängigkeit von Saatstärke bzw. Keimpflanzen berechnet. Die Anzahl der Keimpflanzen erscheint etwas höher als die ausgebrachten Saatstärken. Eine Erklärung hierfür wurde bereits weiter oben gegeben. Dafür spricht, dass zwischen den drei Saatstärken keine Unterschiede in dem Quotienten Keimpflanzen/Saatstärke vorhanden waren. Die Relation der Hülsen tragenden Stängel zur Saatstärke ist umso größer, je geringer die Saatstärke beziehungsweise umso niedriger, je höher die Saatstärke ist. Gleiches gilt für die hülsentragenden Stängel/Keimpflanze. Bei geringeren Aussaatstärken ist ein höherer Bestockungsfaktor vorhanden, während bei den höheren Saatstärken nur noch ein sehr geringer Bestockungsfaktor vorhanden ist.

Tab. 5: TKM, Rohproteingehalt und Kornerträge in Abhängigkeit von der Saatstärke
Tab. 5: TKM, Rohproteingehalt und Kornerträge in Abhängigkeit von der Saatstärke
Kein eindeutiger Einfluss auf TKM und Rohproteingehalt
In der TKM deutet sich an, dass sie mit höheren Bestandesdichten leicht zurückgeht (s. Tab. 5). Dabei sind allerdings Jahreseffekte vorhanden. Dies war insbesondere in 2010 der Fall. Es erklärt sich im weiteren Verlauf gegebenenfalls daraus, dass die Erträge mit höheren Bestandesdichten entsprechend höher waren. Im Mittel über alle Ergebnisse waren die Unterschiede gering.

Im Rohproteingehalt waren die Unterschiede ebenfalls sehr gering. Lediglich in 2010 waren mit höheren Saatstärken geringere Rohproteingehalte vorhanden. Auch dieses könnte sich aus den höheren Kornerträgen erklären. Im Mittel aller Ergebnisse sind kaum Unterschiede zwischen den Varianten vorhanden.

Bessere Ertragssicherheit und höhere Wirtschaftlichkeit
Mit höheren Saatstärken ging in allen Jahren ein Anstieg der Kornerträge einher (s. Tab. 5). Bereits die Erhöhung der Saatstärke von 35 auf 45 Körner/m² brachte in den Jahren 2010, 2012 und 2013 einen deutlichen Anstieg der Kornerträge von rund 6 %. Die weitere Erhöhung auf 55 Körner/m² hatte im Vergleich dazu nur noch einen geringen Effekt. Einzig in 2011 sah es etwas anders aus. Hier fiel der Ertragszuwachs durch die höheren Saatstärken insgesamt niedriger aus. Im Mittel aller Ergebnisse über die vier Versuchsjahre brachte die Erhöhung der Saatstärke auf 45 Körner/m² einen Anstieg der Erträge um 4,5 %. Die weitere Erhöhung der Saatstärke auf 55 Körner/m² brachte einen geringen zusätzlichen Mehrertrag von 1,5 %.

Abb. 1: Kornertrag (KE) und Variationskoeffizient der Ökovalenz (ÖV) in Abhängigkeit von der Saatstärke (17 Ergebnisse)
Abb. 1: Kornertrag (KE) und Variationskoeffizient der Ökovalenz (ÖV) in Abhängigkeit von der Saatstärke (17 Ergebnisse)
Als Maß für die Ertragsstabilität wurde die Ökovalenz der Varianten berechnet. Während in 2010 keine Unterschiede zwischen den drei Saatstärken vorhanden waren, brachten in 2011, 2012 und 2013 die höheren Saatstärken eine bessere Ertragsstabilität und damit eine höhere Sicherheit der Erträge. Über die insgesamt 17 Ergebnisse führt dies dazu, dass bei der geringsten Saatstärke von 35 keimf. Körnern/m² die Ertragsschwankung am größten war, während bei höheren Saatstärken eine bessere Ertragsstabilität vorhanden war (s. Abb. 1).

Das dürfte unter anderem darauf zurückzuführen sein, dass die Ackerbohnenbestände bei den höheren Saatstärken von einer dementsprechend höheren Anzahl von Hauptwurzeln „getragen“ werden. Die Ackerbohne gilt als Fruchtart, bei der das Wachstum der Seitenwurzeln nicht so intensiv ist. In Wachstumsphasen, in denen es trocken wird und die Wasserversorgung der Standorte nachlässt, geraten die Ackerbohnen schneller unter Stress als andere Fruchtarten. Eine Verteilung des Bestandes auf eine höhere Anzahl von Pflanzen und damit von Hauptwurzeln federt solche Situationen besser ab und trägt zu einer besseren Ertragssicherheit bei.

So brachten die Ackerbohnen in 2014, in Schleswig-Holstein ein Jahr mit andauernder Trockenheit von Ende Mai bis Ende Juli und hohen Temperaturen im Juli, mit den verwendeten höheren Saatstärken von 45 keimf. Körner/m² ein hohes Ertragsniveau von vielfach über 60 und oft sogar bis über 70 dt/ha.

Höhere Saatstärken brachten höhere und sicherere Kornerträge.
Höhere Saatstärken brachten höhere und sicherere Kornerträge.
In der Bereinigten Marktleistung (BML) in Abbildung 2 wurden die Saatgutkosten von der Marktleistung abgezogen. Für die Berechnung der Saatgutkosten wurde für alle Varianten von einer einheitlichen TKM von 550 g ausgegangen, für die Ackerbohnen ein Wert von 27 €/dt und für Saatgut Kosten von 60 €/100 kg angenommen (jeweils zzgl. MwSt).
Entsprechend den Kornerträgen war die BML in den Jahren 2010, 2012 und 2013 bei einer Saatstärke von 45 keimfähigen Körnern/m² am höchsten. Sie lag um 3–4 % über der Variante mit 35 keimf. Körnern/m². Die höheren Kornerträge waren also mehr als ausreichend, die gestiegenen Saatgutkosten abzudecken! Nur in 2011 brachte die geringste Saatstärke die höchste BML. Im Mittel hatte die Saatstärke von 45 keimf. Körnern/m² um 38 €/ha oder 2,4 % rel. höhere BML als die Saatstärke von 35 keimf. Körnern/m².

Die noch höhere Saatstärke von 55 keimf. Körnern/m² fiel dagegen in der BML etwas ab. Die geringen zusätzlichen Mehrerträge reichten nicht aus, um die dann noch höheren Saatgutkosten abzudecken.

Zusammenfassung
Gegenüber den langjährigen Empfehlungen sollte die Saatstärke von Ackerbohnen auf 45–50 keimf. Körner/m² angehoben werden. Diese höhere Saatstärke ist pflanzenbaulich gut möglich, denn die heutigen Sorten haben eine gute bis sehr gute Standfestigkeit. Sie führen also nicht zu einer höheren Lagerneigung der Bestände. Die höhere Saatstärke ist hoch wirtschaftlich, denn die höheren Kornerträge sind mehr als ausreichend, um die höheren Saatgutkosten abzudecken. Mit diesen höheren Saatstärken steigt die Wirtschaftlichkeit des Anbaus von Ackerbohnen.

Abb. 2: Marktleistung und Bereinigte Marktleistung (BML) in Abhängigkeit von der Saatstärke (Bereinigte Marktleistung = Marktleistung – Saatgutkosten)
Abb. 2: Marktleistung und Bereinigte Marktleistung (BML) in Abhängigkeit von der Saatstärke (Bereinigte Marktleistung = Marktleistung – Saatgutkosten)
Außerdem leistet die höhere Saatstärke einen wesentlichen Beitrag zur Ertragssicherheit der Ackerbohnen: Höhere Saatstärken bedeuteten geringere Ertragsschwankungen. Insbesondere in Anbaujahren mit einer ausgeprägten Trockenheit im Frühsommer zeigt sich, dass die höheren Saatstärken zu einem deutlichen Anstieg der Erträge führten, wie in 2010 in dieser Versuchsserie und bestätigt durch die guten Erträge der Ackerbohnen in 2014 in Versuchen und Praxisanbau.

Empfehlung
Aus diesen Ergebnissen kann die Empfehlung abgeleitet werden, Ackerbohnen mit 45–50 keimf. Körnern/m² auszusäen. Diese höheren Saatstärken sind pflanzenbaulich möglich, beeinträchtigen nicht die Bestandesentwicklung, wirken sich nicht nachteilig auf Lagerneigung oder ähnliches aus, leisten einen wesentlichen Beitrag zur Ertragssicherheit und verbessern die Wirtschaftlichkeit des Ackerbohnenanbaus. Ackerbohnen sollten im engen Reihenabstand, das heißt, wie Getreide ausgesät werden. Mit heutiger Drilltechnik ist das technisch möglich.

Dr. Wolfgang Sauermann,
Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein (bei Erstveröffentlichung des Artikels)

Stand: 29.01.2015