Neue Möglichkeiten
Die Integration der Ökologischen Vorrangflächen in die landwirtschaftliche Anbauplanung und in die Nationale Eiweißstrategie des Bundes wecken das Interesse der Landwirte an der Winterkörnererbse. In Frankreich gibt es mittlerweile langjährige Erfahrungen mit dem Anbau und etablierte Züchtungsaktivitäten.
Bestandesentwicklung
Von Ende September bis Ende Oktober werden Winterkörnererbsen ausgesät. Mit einer Sprosslänge von ungefähr 5 cm vor Einsetzen des Winters bedecken die Erbsen einen Teil des Bodens und beginnen dessen Durchwurzelung. Der Bewuchs kann damit in den Wintermonaten Bodenerosion und Auswaschung verringern. Im Frühjahr beginnen die Winterkörnererbsen zügig mit dem Wachstum, da sie die Winterfeuchtigkeit, Sonneneinstrahlung und die steigenden Temperaturen sofort für die Bestandesentwicklung nutzen können. Im Vergleich zur Sommererbse bedeutet dies einen Entwicklungsvorsprung von ca. drei Wochen.
Die Blüte der Winterkörnererbsen liegt deutlich früher als die der Sommertypen und somit häufig vor einer möglichen Vorsommertrockenheit. Wintererbsen stellen daher auf sommertrockenen Standorten eine echte Alternative zur Sommerform dar. Zu Beginn der Blüte der Winterform ist in der Regel der Insektenflug noch verhalten, woraus ein geringer Befall der grünen Erbsenblattlaus und Erbsenwickler resultiert. Besonders positiv für die Praxis ist die frühe Räumung der Fläche, die meist mit der Ernte der Wintergerste zusammenfällt.
Die Erträge von Wintererbsen kommen je nach Vegetationsverlauf und Standort an die der Sommerkörnererbsen heran oder liegen sogar höher.
Winter- und Sommererbsen unterscheiden sich in dem Aufbau ihrer Ertragsstrukturen. Wintererbsen bilden im Gegensatz zur Sommerform mindestens zwei und mehr vollwertige Nebentriebe, die in gleicher Weise zum Ertrag beitragen. Das TKG liegt für Wintererbsen deutlich unter dem Niveau der Sommerformen. Damit ist der Saatgutbedarf je Hektar geringer.
Winterhärte im Test
Um die Überwinterungsleistung der Zuchtlinien zu messen, werden die Parzellen vor und nach dem Winter beurteilt (bonitiert). In Tabelle 1 sind die Noten der geprüften Sorten und Zuchtstämme zum Stand nach Winter mit ihrer Bandbreite dargestellt. Eine Boniturnote größer als 6 bedeutet eine ausreichende bis gute Überwinterung. Es wird deutlich, dass sowohl die Sorteneigenschaft als auch die Strenge des Winters einen Einfluss auf das Merkmal Winterhärte hatten. Die fehlende Schneeauflage im Winter 2010/11 und der lange Winter 2012/13 nach kaum erfolgter Abhärtung hinterließen ihre Spuren. Beinahe in jedem Jahr hat eine Reihe von Kandidaten den Winter ohne größere Schäden überstanden.
Um im Winter gegen Frost geschützt zu sein, müssen alle Winterungen einen Prozess der Abhärtung durchlaufen, der bei Temperaturen unter 10 °C beginnt und mehrere Wochen dauert. Steigende Temperaturen heben die Frosttoleranz wieder auf. Nach französischen Ergebnissen liegt die maximale Frosttoleranz für die Sorte James bei -18 °C.
Die Zulassung der Sorte James im Jahr 2009 stellte eine deutliche Verbesserung der Winterhärte dar und war für die Wintererbsenzüchtung ein wichtiger Meilenstein. Auch unter deutschen Winterbedingungen konnte sich diese Sorte beweisen. Als Vergleichssorte für das Merkmal Winterhärte hat James immer noch eine Bedeutung. In der Tabelle 2 werden Ergebnisse der Winterhärte und Erträge aus den letzten drei Jahren von etablierten Wintererbsensorten und neuen Zuchtstämmen aus dem Zuchtgarten in Hohenlieth, Schleswig-Holstein, dargestellt.
Die Versuchsergebnisse zeigen, dass die neueren Sorten und Stämme zwar keine bessere, aber eine stabilere Winterhärte haben als James. Der neue Zuchtstamm Dexter ist ein hoffnungsvoller Nachfolge-Kandidat nicht nur für Frankreich. Die französische Sorteneinstufung bewertet James und die Sorte Gangster in der Winterhärte mit der Note 6 am besten, Comanche eine Note schlechter und die Sorte Indiana mit der Note 3 am schlechtesten.
Ausblick
Bestandesführung
Winterannuelle Pflanzen werden während des Winters regelmäßig von Pilzen besiedelt, die sich dann bei andauernd feuchtem Wetter im Frühjahr und Frühsommer massiv weiterentwickeln können. Dies macht deutlich, dass eine Fungizidbehandlung bei starkem Ausgangsbefall zu Beginn des Frühjahrs ein wichtiger Bestandteil der Produktionstechnik sein sollte. Die gewonnenen Erfahrungen erlauben, ein vorläufiges Anbautelegramm zu erstellen (s. Tab. unten).
Silke Hadenfeldt, Dr. Olaf Sass,
Norddeutsche Pflanzenzucht Hans-Georg Lembke KG