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Für 8 Tonnen/Hektar wie intensiv führen?

In vielen europäischen Ländern wird immer mehr Hafer für die Erzeugung von Lebensmitteln eingesetzt, wo er äußerst attraktive Preise realisieren kann. Um in diesem Segment im Vergleich der Ackerkulturen wettbewerbsfähig zu bleiben, braucht es hohe Erträge und beste Qualitäten.

Qualitätshafer für die Lebensmittelindustrie bringt gute Erlöse.
Qualitätshafer für die Lebensmittelindustrie bringt gute Erlöse.
Haferverarbeiter in Deutschland berücksichtigen darüber hinaus in zunehmendem Maße den Verbraucherwunsch nach regional erzeugten Lebensmitteln. Dort steht Hafer natürlich im Wettbewerb zu anderen Kulturen. Um in diesem Wettbewerb den wachsenden Markt ökonomisch nachhaltig bedienen zu können, sind auch im deutschen Haferanbau hohe Erträge und bestmögliche Qualitäten erforderlich. Kenntnisse über die optimale Anbauintensität der Hafersorten helfen, beiden Anforderungen gerecht zu werden.

Mehr Ertrag in der Praxis ist möglich
Ergebnisse aus Hafer-Feldversuchen der letzten Jahre zeigen sehr deutlich, dass der Abstand zwischen den dort erzielten Erträgen und den Praxiserträgen immer breiter wird (Abb. 1, zur optischen Optimierung bitte anklicken). Diese Differenz ist bei Hafer größer als bei anderen Kulturen. Offenbar wird Hafer auf den Betrieben vielfach nicht als lukrative Marktfrucht, sondern eher als Lückenbüßer angesehen. Entsprechend wenig intensiv setzt man sich mit dieser Fruchtart auseinander. Es gibt jedoch immer wieder Praktiker, die mit modernen Hafersorten unter unseren Bedingungen Erträge von 8 t/ha deutlich überschreiten. Wird dieses Ertragspotenzial mit attraktiver Vermarktungsqualität gekoppelt und ist ein verlässlicher Vermarktungspartner vorhanden, braucht der Hafer bei der ökonomischen Bewertung den Vergleich mit den großen Marktfrüchten nicht zu scheuen. In der Beratung wird Hafer erfahrungsgemäß als Low-Input-Frucht angesehen. Auch in der konventionellen Praxis dominiert neben einer ausreichend bemessenen Mineraldüngergabe eine ein- oder maximal zweimalige Wachstumsreglerbehandlung, während auf Fungizideinsatz sehr häufig verzichtet wird. Intensitätssteigerungen in Hafer-Feldversuchen ergeben meist ein differenziertes Bild: So zeigen ökonomische Kalkulationen der LWK Nordrhein-Westfalen, dass es bei der Bestandesführung sehr wichtig ist, die Eigenschaften der Sorte und die Anbauverhältnisse zu berücksichtigen.

Kornerträge von Hafer in der Praxis und im Versuchswesen
Kornerträge von Hafer in der Praxis und im Versuchswesen
Das Bundessortenamt (BSA) prüft in der Sortenzulassung auch Hafer in zwei Intensitätsstufen. Stufe 1 verzichtet auf Fungizide und Wachstumsregler und erfasst so hinsichtlich des Kornertrages die „reine“ Sortenleistung. In der Stufe 2 werden die Behandlungen zur Optimierung von Ertrag und Qualität an die ortsübliche Praxis angepasst. Das BSA beschreibt die dabei beobachtete sortenspezifische Reaktion in seiner Beschreibenden Sortenliste. Die allermeisten Hafersorten reagieren bei Lagerneigung und Anfälligkeiten für Krankheiten offenbar sehr ähnlich auf eine Steigerung der Anbauintensität.

Sortenspezifische Bestandesführung ist die Grundlage für hohe Erträge
Jede spezifische Anbausituation erfordert eine sortenbezogene Bestandesführung, um sicher hohe Erträge zu realisieren. Aussagen dazu sind aus dem Versuchsnetz des Bundessortenamtes heraus möglich.

Ertrag: In der Tab. 1 sind die Kornerträge bekannter und neuerer Hafersorten aus der Wertprüfung der Jahre 2012 bis 2014 dargestellt. In diesen Jahren haben die meisten Sorten im Durchschnitt in der intensiven Stufe 2 die angestrebten 8 t/ha z.T. deutlich überschritten. Dabei hat als einzige die neue Sorte Yukon diese Zielmarke auch in Stufe 1 fast erreicht. Höhere Erträge hat in Deutschland in der extensiven Stufe noch nie eine Sorte erreicht!

Erträge von Hafer im Jahresvergleich
Erträge von Hafer im Jahresvergleich
Die Ertragsreaktion auf die Intensitätssteigerung erfolgte dabei sowohl sorten- als auch jahresspezifisch. Yukon und Bison zeigten im Kornertrag die geringste Reaktion auf die Steigerung der Intensität. Die Sorte Max, die durch die stärkste Anfälligkeit für Lager und Halmknicken gekennzeichnet ist, reagierte geringer als man hätte erwarten können.

Lager und Krankheiten: 2012 und 2014 waren nach früher oder normaler Aussaat Anbaujahre mit stärkerem Lagerdruck und weniger ausgeprägtem Krankheitsbefall, während im Jahr 2013 die Aussaat verspätet erfolgte. Außerdem blieb in 2013 der Lagerdruck bis zur Ernte geringer, und es trat stärkerer Befall mit Blattmehltau auf. Tab. 2 zeigt die Boniturnoten der Sortenmerkmale Neigung zu Lager, Halmknicken und Befall mit Mehltau (1 = sehr gering bis 9 = sehr hoch) aufgelistet. Andere Krankheiten spielten im betrachteten Zeitraum bei Hafer keine nennenswerte Rolle.

Boniturergebnisse
Boniturergebnisse
Es zeigt sich, dass im Jahre 2012 die Lagerneigung den dominierenden Einfluss auf die Sortenreaktion hatte. Die am stärksten lagernde Sorte Max wies durch Behandlung auch die deutlichste Steigerung des Kornertrages auf, während die Sorte Bison als standfesteste Sorte die geringste Reaktion zeigte. Auch 2014 war die Lagerneigung dominierend, aber Max reagierte weniger intensiv als die anderen deutlich standfesteren Sorten. Im Jahre 2014 trat der Lagerdruck zu einem früheren Zeitpunkt als 2012 auf und Max konnte 2014 sehr wahrscheinlich von seiner schnelleren Abreife des Strohs profitieren. Dadurch war Max die einzige Sorte dieses Vergleiches, die 2014 eine niedrigere Lagernote als 2012 verzeichnete. Sorten mit langsamerer Strohabreife wie Poseidon, Symphony und Yukon waren 2014 zum früheren Zeitpunkt des massivsten Lagerdruckes noch weicher im Halm als Max und lagerten so etwas stärker als 2012.

Wachstumreglersplitting auch bei Hafer andenken
Der starke Mehltaubefall im Jahr 2013 führte bei resistenten Sorten wie Bison und Yukon nur zu sehr geringen Behandlungseffekten. Mehltauanfällige, aber standfeste Sorten wie Poseidon und Apollon hatten jedoch einen etwas stärkeren Fungizideffekt. Insgesamt brachte die Krankheitsbehandlung im Jahre 2013 jedoch nicht die Steigerungsraten durch Einsatz von Wachstumsreglern in den Lagerjahren 2012 und 2014. Wie 2014 zeigt, können Jahreseffekte auch die sonst bekannte Lagerneigung von Hafersorten durchaus verschieben. Die Bestandesführung muss dann entsprechend angepasst werden.

Im intensiven Haferanbau sollte daher sortenabhängig ein Splitting der WR-Maßnahme erfolgen: Die erste Behandlung mit einer moderaten WR-Menge zu einem möglichst frühen Stadium ab EC 32.

Resistente Sorten sind ertragssicherer
Fungizide sind nur bei einem massiveren Befall mit Blattkrankheiten ökonomisch sinnvoll. Im hohen Ertragsbereich ist dabei aufgrund der dichteren und besser ernährten Pflanzenbestände erfahrungsgemäß mit einem stärkeren Krankheitsdruck (Mehltau) zu rechnen. Da in Deutschland für Hafer nur wenige Fungizide zugelassen sind, gewinnen Krankheitsresistenzen an Bedeutung. Neue, ertragreiche, sehr gesunde und standfeste Sorten wie Yukon, Apollon und Bison verbessern die Anbausicherheit deutlich.

 

Dr. Steffen Beuch

 

Stand: 17.12.2014