Mit dieser „Sortenflut“ geht in der Praxis ein häufiger Sortenwechsel einher. Viele der neuen Sorten finden sogar nie den Weg in die Praxis. Aber auch die „Lebensdauer“ der Sorten, die den Einzug in den Anbau schaffen, beträgt mit wenigen Ausnahmen oft nur 3 bis 4 Jahre. Die Einführung spezieller Biogassorten hat darüber hinaus dazu geführt, dass heute in einem allgemein größeren Sortenspektrum spezielle massewüchsige Sorten angeboten werden, deren Einsatz sich in der Fütterung in der Regel verbietet.
Klares Körnermais-Profil
Für die Praxis stellt sich daher mehr denn je die Frage, wie die richtige Maissorte gefunden werden kann. Zunächst müssen betriebsspezifisch Verwertungsrichtung, Standortbedingungen und die unterschiedlichen Sortenanforderungen genau definiert werden.
Bei der Körnermaisnutzung steht dabei in erster Linie der Kornertrag mit potenziell niedrigen Kornfeuchten im Fokus der Betrachtungen und die sich daraus ergebende, um die Trocknungskosten bereinigte Marktleistung. Während in Gunstlagen das höhere Ertragspotenzial späterer Sorten mit hohen Zahnmaisanteilen genutzt werden kann, ist in Grenzlagen des Körnermaisanbaus die bekannte Frühreife neuerer Hartmaissorten stärker zu gewichten. Insbesondere im Körnermaisanbau müssen aber auch agronomische Merkmale wie die Anfälligkeit für Lager und Stängelfäule beachtet werden, die gerade in schwierigen Jahren einen hohen Einfluss auf die Anbausicherheit haben.
Unterschiedliche Anforderungen im Silomaisanbau
Schwieriger zu definieren ist das Sortenprofil für den Silomaisanbau, zumal in diesem Segment neben den klassischen Zweinutzungssorten mit den neuen Spezialzüchtungen für die Bioenergiegewinnung heute ein deutlich breiteres Sortenspektrum zu finden ist.
Damit sowohl das Ertragspotenzial als auch das Qualitätsoptimum einer Maissorte genutzt werden können, muss auch der Silomais standortspezifisch die optimale Reife erreichen können. In der Praxis ist es leider nicht möglich, den Trockenmassegehalt der einzelnen Pflanzenfraktionen genau zu bestimmen (Körner, Kolben, Restpflanze). Als Erfolgskriterien kann hier nur der Gesamttrockenmassegehalt, sowie die Energie- und Stärkekonzentration herangezogen werden. Dabei ist zu beachten, dass insbesondere der Gesamttrockenmassegehalt in Abhängigkeit von den Trockensubstanz (TS)-Gehalten der einzelnen Pflanzenfraktionen und dem Kolbenanteil in weiten Bereichen schwanken kann (Tab. 1, zur optischen Optimierung bitte ankicken). Darüber hinaus spiegelt sich die Wasserversorgung des Bestandes im Gesamttrockenmassegehalt wider: Binden die Pflanzen zur Ernte nur 0,5 mm Niederschlag, bringt das 50 dt/ha zusätzliches Erntegewicht. In Abhängigkeit vom Trockenmasseertrag und Reifestand kann das Schwankungen im Gesamt-TS-Gehalt von 3 bis 4 % zur Folge haben. Die Silomaisreife ist daher, solange es die Abreife der Restpflanze erlaubt, am TS-Gehalt der Körner zu bestimmen.
Frühe Ernte kann Ertrag kosten
Da die Pflanze bis zur physiologischen Reife Stärke in die Körner einlagert, ist die optimale Silomaisreife in der Regel erst gegeben, wenn im Korn TS-Gehalte von 58 bis 60 % erreicht werden. Bei qualitätsbetonten Silomaissorten steigen damit die Trockenkolbenanteile auf bis zu 60 % an. Mit den bis zu diesem Zeitpunkt steigenden Stärkegehalten geht in der Regel auch eine Erhöhung der Energiekonzentration einher. Wird früher gehäckselt, muss also besonders bei Stärke neben Qualitäts- auch mit Ertragseinbußen gerechnet werden.
Grundsätzlich gilt dies auch für den Energiemaisanbau, da auch das Ertragspotenzial der späteren Biogassorten erst mit fortgeschrittener Reife realisiert wird. Da es nach wie vor an belastbaren Maßstäben für eine sortenspezifische Gasausbeute fehlt, orientiert sich die Sortenwahl für den Energiemaisanbau neben dem Abreifekriterium in erster Linie am Trockenmasse-Ertragspotenzial der Sorten. Zwar gibt es mittlerweile spezielle Biogassorten, die über eine „frühgezüchtete“ Restpflanzenabreife das Ertragspotenzial später, massewüchsiger Sorten erreichen sollen. Ertragliche Vorteile sind aber auch bei diesen Sorten erst zu finden, wenn Gesamt-TS-Gehalte von mindestens 30 % erreicht werden. Auch wenn bei reinen Biogassorten hohe Stärkegehalte nicht im Vordergrund stehen, sollten aber TS-Gehalte im Korn von mindestens 55 % erzielt werden, zumal die trockenen Körner das in Blättern und Stängeln enthaltene Wasser im Silohaufen binden müssen.
Futterration beachten
Bei begrenzter Flächenausstattung bzw. bei allgemein hohem Pachtpreisniveau steht neben den hohen Anforderungen an die Silagequalität das Energieertragspotenzial bzw. der Stärkeertrag der Sorte im Vordergrund. In der Milchviehfütterung ist aber auch die Gestaltung der Futterration relevant.
In Abhängigkeit vom Sortentyp und vom Kolbenanteil wird die Energie in der Maissilage in erster Linie über die Stärke geliefert. Sehr hohe Stärkegehalte in der Silage sind insbesondere dort erwünscht, wo mit moderaten Maissilage- und hohen Grassilageanteilen gefüttert wird. In diesen Rationen bieten sich Silagen von kolben- bzw. körnermaisbetonten Sorten an, die Stärkegehalte von bis zu 35 % und mehr liefern können. Wird hingegen mit sehr hohen Anteilen Maissilage gefüttert, kann die Ration über die Maisstärke sehr hohe Anteile leicht löslicher Kohlenhydrate enthalten, die pansenazidotische Folgen haben können. In diesen Fällen sind Sorten ideal, die hohe Energiekonzentrationen mit gleichzeitig niedrigeren Stärkegehalten in der Silage erwarten lassen. Bei diesen Sortentypen wird die Energie weniger über die Stärke als viel mehr über eine hohe Restpflanzenverdaulichkeit realisiert.
Die Energie- und Stärkekonzentrationen schwanken bei vergleichbar abreifenden Sorten oft stark (Tab. 2). Sorten mit einer guten Zellwandverdaulichkeit der Restpflanze (Sorte 1) zeichnen sich dadurch aus, dass hohe Energiedichten bei niedrigeren Stärkegehalten erreicht werden. Die Sorte 2 erzielt hingegen die hohe Energiekonzentration mit höchsten Stärkegehalten, so dass sie sich für die Aufwertung grassilagebetonter Rationen anbietet.
Versuchsergebnisse nutzen
Die Sortenwahl sollte also die Nutzungsrichtung, die jeweiligen Standortbedingungen und natürlich die eigenen Erfahrungen berücksichtigen. Zudem liefern Landessortenversuche in den unterschiedlichen Naturräumen wichtige, unabhängige Informationen. Insbesondere Neuzulassungen können aus diesen Versuchen im Vergleich zu den bewährten Sorten beurteilt werden. Da der Jahreseffekt die Leistung oft beeinflusst, ist es ratsam, die Sortenentscheidung auf Basis mehrjähriger Versuchsergebnisse zu treffen. Von den meisten Länderdienststellen werden die aktuellen Versuchsergebnisse auch in aussagekräftige Sortenempfehlungen umgesetzt, die man nutzen sollte.
Auch regionale Erfahrungen und die Ergebnisse anderer Versuchsansteller können dann ergänzend berücksichtigt werden, zumal nicht alle Sorten in den Landessortenversuchen zu finden sind. Neue Sorten sind generell zunächst für einen Probeanbau einzuplanen.