Aktuelle Ausgabe 01/2024

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Greening: Kosten und Anpassungsstrategien

Die Ausgestaltung der EU-Verordnung zum Greening befindet sich auf nationaler Ebene in der finalen Phase. Jetzt stellen sich viele Landwirte die Frage, welcher Einkommensverlust mit dem Greening verbunden sein wird. Dr. Norbert Schulz erläutert die – je nach Betriebsform sehr unterschiedlichen – Optionen und Einkommenskonsequenzen.

Ackerbohnen werden sowohl als Hauptfrucht als auch als Vorrangfläche anerkannt
Ackerbohnen werden sowohl als Hauptfrucht als auch als Vorrangfläche anerkannt
Gibt es Betriebe die stärker oder weniger stark betroffen sind und können Zwischenfrüchte oder Leguminosen dazu beitragen, den durch das Greening bewirkten Einkommensverlust zu mildern?Anhand von drei unterschiedlichen Betriebstypen aus dem gesamten Bundesgebiet werden hier die Auswirkungen des Greenings und mögliche Anpassungsstrategien diskutiert.

Die Beispielbetriebe:

1. Der Milchviehbetrieb
Wir betrachten einen intensiven Milchviehbetrieb mit 140 Kühen auf leichten Böden in Norddeutschland, ein typischer Geeststandort, 119 ha Fläche, davon 65 ha Ackerland. Die restlichen 54 ha sind Dauergrünland. Wegen der Flächenknappheit baut der Betrieb auf den Ackerflächen ausschließlich Silomais an. Damit verletzt er zukünftig gleich zwei Greening-Bedingungen:

  1. Betriebe über 30 ha müssen mindestens drei Kulturen anbauen, wobei keine mehr als 75 % der Ackerfläche einnehmen darf, wenigstens jedoch 5 % einnehmen muss.
  2. Zusätzlich zur erforderlichen Fruchtfolgeerweiterung müsste der Betrieb noch 3 % seiner Ackerfläche in ökologische Vorrangflächen überführen, um die geforderten 5 % zu erreichen. 2 % erbringt er bereits durch Feldränder, die auf die ökologische Vorrangfläche 1:1,5 angerechnet werden.

2. Der Ackerbaubetrieb
Das zweite Beispiel ist ein viehloser Marktfruchtbetrieb in Mecklenburg-Vorpommern mit 250 ha Ackerfläche und der Fruchtfolge Winterraps – Winterweizen – Winterweizen. Auch dieser Betrieb hält so die Fruchtfolge-Bedingungen nicht ein. Außerdem „beißen“ auch hier die 5 % ökologische Vorrangfläche. 2 % können bereits durch
Feldrandstreifen bereitgestellt werden.

3. Der Hackfruchtbetrieb
Als dritten Betrieb betrachten wir einen 120 ha Hackfruchtbetrieb im zentralen Unterfranken mit der Fruchtfolge Zuckerrübe – Winterweizen – Silomais – Winterweizen. Auf diesen „Sahneböden“ sind kaum Feldrandstreifen vorhanden, so kann er nur 1 % auf die erforderlichen 5 % ökologische Vorrangfläche anrechnen.


Möglichkeit der produktiven Flächennutzung
Nach langen Verhandlungen auf der EU-Ebene wurde der Kompromiss erwirkt, dass auch eine produktive Flächennutzung auf der ökologischen Vorrangfläche möglich ist. Besonders interessant sind für unsere Beispielbetriebe vor allem der Anbau von Zwischenfrüchten und Leguminosen. Bei den Leguminosen gibt es keine besonderen Auflagen in der Bestandsführung und sie werden mit einem Gewichtungsfaktor von 0,7 auf die ökologische Vorrangfläche angerechnet.

Die Zwischenfrüchte müssen bis zum 30.09. bestellt sein und dürfen erst nach dem 15.02. wirtschaftlich genutzt werden. Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und mineralischer Düngung ist während dieses Zeitraums untersagt. Erlaubt hingegen ist die organische Düngung mit max. 40 kg N/ha.

Es werden nur Kulturpflanzenmischungen aus mindestens zwei Kulturarten anerkannt. Getreide ist in der Zwischenfruchtmischung nach jetzigem Stand (15.10.2014) nicht erlaubt. Ausnahmen sind Rauhafer sowie die Buchweizenart Fagopyrum. Die Zwischenfrüchte werden mit einem Gewichtungsfaktor von 0,3 anerkannt, in der Praxis entspricht also 1 Hektar Zwischenfrüchte 0,3 Hektar ökol. Vorrangfläche.

Die Situation für …

1. den Milchviehbetrieb: ca. 60 €/ha mit Zwischenfrucht-Greening

Kosten des Greenings für den Milchviehbetrieb
Kosten des Greenings für den Milchviehbetrieb
Dieser Betrieb muss nicht nur ökologische Vorrangfläche bereitstellen, sondern außerdem den Silomaisanbau in Monokultur aufgeben und zwei weitere Früchte einführen. Infrage kommen eine ertragsstarke Hybridroggen-GPS (z.B. SU Stakkato) und Ackergras. Die noch zu erbringenden 3 % an ökologischer Vorrangfläche könnten über den Zwischenfruchtanbau erbracht werden. Die entsprechenden Kalkulationen zeigt Tabelle 1. Zur Umsetzung dieser Strategie würde der Betrieb vier Fruchtfolgen parallel auf seinem Ackerland fahren:

  1. Silomais in Monokultur: 32,5 ha
  2. Silomais – Hybridroggen-GPS – Zwischenfrucht nutzbar auf 13,0 ha
  3. Silomais – Hybridroggen-GPS – Zwischenfrucht greeningfähig auf 13,0 ha
  4. Silomais – Ackergras auf 6,5 ha

Mit dieser Fruchtfolgegestaltung käme der Landwirt auf insgesamt 48,75 ha Silomais (= 75 % der Ackerfläche), 13 ha Hybridroggen-GPS (= 20 % der Ackerfläche) sowie 3,25 ha Ackergras (= 5 % der Ackerfläche). Damit erfüllt er die Bedingung, mindestens 3 Früchte unter Einhaltung der vorgeschriebenen Grenzen für die Anbauanteile anzubauen. Die ökologische Vorrangfläche erbringt er durch den Anbau einer greeningfähigen Zwischenfrucht, wie beispielsweise viterra® MULCH. Die verbleibenden 6,5 ha nach dem Hybridroggen-GPS SU Stakkato kann er mit einer Zwischenfrucht zur Biomassenutzung bestellen, wie beispielsweise einem viterra® GRANOPUR oder viterra® PROTOVID.

viterra MULCH ist greening-fähig
viterra MULCH ist greening-fähig
Insgesamt erhöhen sich im Betrieb die Kosten der Futtererzeugung um ca. 7.350 €/Jahr; bzw. ca. 62 €/ha.
Eine Alternativrechnung für das Stilllegungs-Greening (hier nicht dargestellt) ergibt einen Einkommensverlust von 77 €/ha. Somit lindert der Zwischenfruchtanbau als ökologische Vorrangfläche den finanziellen Schmerz nur sehr bedingt. Es ist auch keine Option, auf das Greening ganz zu verzichten, denn das bedeutet den Verlust der Greening-Prämie von 87 €/ha.

2. den Ackerbaubetrieb: Leguminosen-Greening lindert den Schmerz
Um die Greening-Auflagen zu erfüllen, muss die Betriebsleitung zunächst eine dritte Frucht in die Fruchtfolge aufnehmen. Wenn die Aufnahme einer dritten Frucht mit der Erbringung von ökologischen Vorrangflächen verknüpft werden soll, könnte man eine Sommerung aufnehmen und gleichzeitig vor dieser Sommerung eine Zwischenfrucht anbauen. Dies wäre sowohl bei Sommergerste als auch bei Ackerbohnen der Fall.

Unser Beispielbetrieb erbringt bereits 2 % ökologische Vorrangflächen über Feldränder, die noch benötigten 3 % kann er beispielsweise über 25 ha Zwischenfrüchte darstellen. Folgt der Zwischenfrucht eine Sommergerste, so sind alle Greening-Auflagen erfüllt. Der Einkommensverlust besteht dann primär in der Differenz der Deckungsbeiträge von Stoppelweizen und Sommergerste. Hinzu kommen die zusätzlichen Kosten für den Anbau einer greeningfähigen Zwischenfrucht. In der Tabelle 2 ist dieser Einkommensverlust zusammenfassend dargestellt.

Alternativ könnte der Betrieb auch Ackerbohnen anbauen und würde damit gleich „zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen“:

  1. Ackerbohnen werden als dritte Hauptfrucht im Betrieb anerkannt und
  2. sie werden als ökologische Vorrangfläche gewertet.

Um die Greening-Auflagen zu erfüllen, benötigt er also mindestens 5 % (12,5 ha) einer dritten Kultur. Wählt er hier eine Leguminose, reicht dies, um die noch fehlenden 3 % der ökologischen Vorrangfläche zu decken. Die Deckungsbeitragsdifferenz von 12,5 ha Ackerbohne zu Stoppelweizen kostet den Betrieb in diesem Fall 5.038 €/Jahr bzw. 20 €/ha.

Einkommensverlust durch ZF-Greening im Ackerbaubetrieb
Einkommensverlust durch ZF-Greening im Ackerbaubetrieb
Die hier ermittelten Zahlen und die daraus abgeleiteten Empfehlungen hängen natürlich sehr stark von der Höhe der Deckungsbeiträge ab. Selbst bei den gering angenommenen Deckungsbeiträgen von 312 €/ha für die Ackerbohne ist das Leguminosen-Greening dem Flächenstilllegungs-Greening überlegen. Die Aufnahme einer Sommerung hat zudem weitere Vorteile:

  1. Es entzerrt die Arbeitsspitzen in der Fruchtfolge.
  2. Die Maschinenauslastung im Jahresablauf ist besser.
  3. Die Bekämpfung des zunehmend Herbizid-toleranten Ackerfuchsschwanzes ist mit Körnerleguminosen relativ günstig.

3. den Hackfruchtbetrieb: durch Greening kaum betroffen
Unser 120 ha Hackfruchtbetrieb aus dem zentralen Unterfranken wird durch das Greening kaum betroffen. Die meisten Kernelemente des Greenings erfüllt er bereits. Nur die ökologische Vorrangfläche muss er noch erbringen, wobei auch er durch Feldrandstreifen bereits 1 % vorweisen kann. Welche Möglichkeiten bieten sich hier?

  1. 4 % der Ackerfläche stilllegen
  2. Leguminosen anbauen
  3. Anbau greeningfähiger Zwischenfrüchte

Bei einer Stilllegung der Ackerfläche von 4 % (= 4,8 ha) würde der Betrieb die wettbewerbsschwächste Frucht (in diesem Fall Silomais) reduzieren. Dies zöge einen Erwerbsverlust von ca. 2.900 € jährlich nach sich. Wählt er das Greening durch Leguminosenanbau, könnte er bei einem Gewichtungsfaktor von 0,7 ca. 7 ha Ackerbohnen anbauen. Den besseren Vorfruchtwert der Bohne auf diesen 7 ha würde der nachfolgende Winterweizen in Mehrertrag umsetzen. Bei einer Deckungsbeitrag-Differenz von ca. 220 € (Ackerbohne zu Silomais) beträgt der finanzielle Verlust ca. 1.500 €/Jahr. Noch besser stellt sich die Situation dar, wenn zum Teil Zwischenfrüchte und zum Teil Leguminosen für das Greening genutzt werden. Der Erwerbsverlust würde sich dann auf ca. 1.300 €/Jahr reduzieren, denn er müsste dann nur 4,8 ha mit Leguminosen und einer greeningfähigen Zwischenfrucht bestellen.

Es wird aber noch besser! Er kann die Greening-Auflagen allein durch Zwischenfrüchte erfüllen. Da er ohnehin schon Zwischenfrüchte vor Silomais und Zuckerrüben anbaut, muss er nur auf einem Teil der Fläche, nämlich auf 16 ha ((120 ha * 0,04) / 0,3 = 16 ha), eine greeningfähige Zwischenfrucht anbauen (z.B. viterra® MULCH). Diese Zwischenfruchtmischung verursacht zwar ca. 50 €/ha höhere Kosten durch erhöhte Saatgut- und Bestandsführungskosten, aber der Betrieb wird trotzdem nur mit 880 €/Jahr (7 €/ha und Jahr) belastet.

Fazit
Wie die Berechnungen zeigen, werden gerade intensive Milchviehbetriebe vom Greening stärker betroffen sein als spezialisierte Markt- und Hackfruchtbetriebe. Der hier betrachtete Hackfruchtbetrieb merkt die Greening-Auflagen kaum. Allen Beispielbetrieben ist die Einhaltung der Greening-Vorgaben wärmstens zu empfehlen. Der Einkommensverlust ist in allen berechneten Anpassungsvarianten geringer als der Verlust der Greening-Prämie (87 €/ha).

Dr. Norbert Schulz

Die Betriebe könnten auch in Abhängigkeit des Angebots der einzelnen Bundesländer an einem Agrarumweltprogramm teilnehmen und so die benötigte ökologische Vorrangfläche bereitstellen. Achtung: Eine Doppelförderung ist ausgeschlossen, die Greening-Prämie wird dann zu einem Großteil von der Ausgleichszahlung für das Agrarumweltprogramm abgezogen.

Stand: 16.10.2014