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Rapsernte 2014: Erntezeitstabilität der Sorten nutzen

Bei der Ernte sollte nach Möglichkeit der richtige Zeitpunkt abgewartet werden, um die Drusch- und Ertragseigenschaften der Rapssorten voll auszuschöpfen. Häufig erfolgt die Ernte aufgrund betrieblicher Engpässe oder des fehlenden „Nervenkostüms“ zu früh. Eigentlich unnötig, denn …

Vorernteverluste bleiben in der Regel auf niedrigem Niveau
Laut Schulz1) können je nach Jahr Vorernteverluste von durchschnittlich 8 bis 65 kg/ha ermittelt werden. Bei einem angenommenen Ertrag von 45 dt/ha sind das 0,2 bis 1,4 %. In einem Druschversuch von Schulz im Jahr 2012 (siehe Abb. 1) zeigte sich, dass die Vorernteverluste bei einem ersten, ortsüblichen Erntetermin 4 bis 18 kg/ha betrugen. Drei Wochen später gedroschen, erhöhten sich die Verluste um 8 bis 49 kg/ha. Damit zeigten zwar alle Sorten schon etwas höhere Vorernteverluste, aber nach fast 23 Tagen Ernteverzögerung lagen die meisten Sorten damit noch auf einem guten Niveau. Am ertragsstabilsten bis zum zweiten Erntetermin zeigte sich die Sorte Visby. Sorten wie Sherpa und Avatar zeigten ebenfalls gute Ergebnisse, eine Verschiebung des Erntetermins führte allerdings schon zu leicht erhöhten Verlusten von zusätzlich bis zu 13 kg pro Hektar. Insgesamt jedoch bestätigt dieser Versuch die Annahme, dass bereits ein Großteil der Sorten über eine gute Erntezeitstabilität und eine sehr gute Schotenplatzfestigkeit (altes Zuchtziel) verfügen. Raps verträgt also ein „Stehenlassen“ gut und kann vergleichsweise lange, über mehrere Tage, die ideale Mähdruscheignung erhalten – ohne große Ausfallverluste und vorzeitiges Schotenplatzen.

Zu frühe Ernte bringt Verluste


Auf der anderen Seite steigt bei einer (zu) frühen Ernte die Gefahr von Druschverlusten. Gemeint sind hier vor allem Schüttler-, Reinigungs- und Ausdruschverluste durch unreife Pflanzen bzw. Schoten. Nach einem Rechenbeispiel von Feiffer (Tab. 1) bedeuten bei einem Rapsbestand mit ca. 170 Schoten/Pflanze fünf unreife, nicht ausgedroschene Schoten eine Ertragsreduzierung von 1,4 dt/ha (ca. 3,3 %). Bei zwei grünen, unausgedroschenen „Gummischoten“ pro Pflanze sind das immerhin noch ca. 0,6 dt/ha (ca. 1,3 %) die den Rapsertrag schmälern. Durch eine Handprobe bzw. Bestandskontrolle vor Erntebeginn können Sie die Anzahl bzw. das Vorhandensein solcher Schoten schnell feststellen und durch „Abwarten“ des Mähdrusches bis zur Vollreife leicht Verluste vermeiden.

„Die Mähdruschleistung hängt zu 10 % von der Sorte ab.“
Dies hat Semmler (AgrarTraining) schon 2011 veröffentlicht und belegt. Im Prinzip gilt dies für alle Hauptkulturen – daher ist die Sortenwahl sowohl für den optimalen arbeitswirtschaftlichen Betriebsablauf sowie für die Ausnutzung der Mähdrescherkapazitäten wichtig.

Wird ein früher Mähdrusch angestrebt, sollten Winterrapssorten gewählt werden, die in der Reifegruppe 4 (BSA) liegen. Als Hochertragshybride kommen hier z.B. Avatar und im gesünderen Robusthybrid-Segment Sherpa oder Visby in Frage. In Betrieben mit hohem Weizenanteil kann eine etwas später abreifende Robustsorte mit BSA-Note 5 von Vorteil sein (z.B. Marathon, Mercedes). Innerhalb der BSA-Reifegruppen liegen mehrere Tage Reifezeitunterschied. Daher gilt u.a. auch der Anbau mehrerer, unterschiedlich abreifender Rapssorten als gute Strategie um ggf. das Ernterisiko zu senken und das Erntefenster weiter zu strecken.

Energieverbrauch und Druscheignung
Energieverbrauch und Druscheignung
Desweiteren hat auch der Einsatz von Fungiziden und/oder Wachstumsreglern einen Einfluss auf den Druschtermin. Denn diese sorgen für gesündere, standfestere Pflanzen sowie platzfestere Schoten (Greeningeffekt) und bedeuten häufig eine Reifeverzögerung von mehreren Tagen, besonders bei intensiv geführten Beständen. Die Mähdruschfähigkeit wird bei späterer Ernte besser, besonders bei Sorten mit höherer Reifezahl oder hoher Stängelgesundheit. Zudem wird sie von der Korn- und Schotenreife sowie von der „Stängelreife“ beeinflusst. Eine homogene Abreife ist vor diesem Hintergrund Grundvoraussetzung für einen leichten Drusch. Einen ersten Hinweis hierfür liefert bereits die Rapsblüte, die am besten kompakt, homogen und ohne viele Nachblüher verlaufen sollte. Eine gleichmäßige Abreife, sowohl des Bestandes als auch von Schotenpaket und Stängel, sorgt für eine gute Druschfähigkeit der Sorte, erhöht die Leistung des Mähdreschers und erleichtert die Ernte. In Versuchen von AgrarTraining (Abb. 2) erwies sich in diesen Prüfkriterien erneut die Sorte Visby als beste Sorte.

Unter den wertgeprüften Neuzulassungen 2013 lässt auch die Sorte Mercedes eine gute Druschfähigkeit erwarten, diese wurde jedoch in den erwähnten Versuchen noch nicht mitgeprüft.

Fazit:
Geduld ist eine Tugend und kann im Falle der Rapsernte zu höheren Erträgen führen. Im Laufe des Züchtungsprozesses werden Rapssorten speziell anhand ihrer Druscheigenschaften selektiert. Grundanforderungen sind dabei u.a. auch eine hohe Erntezeit- und Ertragsstabilität. Dadurch stehen heute Sorten zur Verfügung, die bei Ernteverzögerungen ihr Ertragspotential sowie ihre Mähdruscheignung lange halten können. Vorernteverluste sollten daher in „normalen“ Jahren nicht überschätzt und Druschverluste durch einen zu frühen Erntebeginn nicht unterschätzt werden. Aber wie immer zählt letzten Endes der Ertrag der im Korntank ankommt, kombiniert mit der Dreschbarkeit einer Sorte.

 

Andreas Baer und Dania Bornhöft

 

Stand: 09.07.2014