Aktuelle Ausgabe 01/2024

Ausgaben

Sonderausgaben

Themen

Abonnement

Impressum

Datenschutzerklärung

Cookie-Einstellungen

Den richtigen Mais (recht)ZEITIG säen

Die allgemeine Daumenregel „Bei 8 °C Bodentemperatur im Frühjahr soll der Mais gesät werden“ kennt jeder. Allerdings kommt es bei der Maissaat auf viel mehr an, als nur auf die richtige Bodentemperatur. Dr. Wolfhard Schmidt erläutert.

Frühsaat: 28. März 2012 / Normalsaat: 30. April 2012: Links AYRRO S 220, Mitte ALDUNA S~250, rechts SUSANN S 260
Frühsaat: 28. März 2012 / Normalsaat: 30. April 2012: Links AYRRO S 220, Mitte ALDUNA S~250, rechts SUSANN S 260
Der wärmeliebende Mais wird zum Wachstumsbeginn durch einen warmen, gut strukturierten und daher gut durchlüfteten Boden und die Vermeidung von Unkrautkonkurrenz gefördert. Unkraut behindert die Maispflanze in der frühen Jugendentwicklung und zwar nicht nur als Konkurrent um Nährstoffe und Licht. Vielmehr wird durch die Beschattung des Bodens die Erwärmung des Bodens durch die Sonneneinstrahlung reduziert. Bis zum Acht- bis Zehn-Blattstadium reagiert Mais sehr deutlich auf Stress mit einer hellgrünen bis gelb-grünen manchmal auch rötlichen Färbung. Solche Stressphasen kosten Zeit – Vegetationszeit.

So früh wie möglich säen
Zu frühe Aussaaten in zu kalte Böden verlängern die Keimung und erhöhen das Auflaufrisiko, besonders dann, wenn strukturschwache Böden nach der Saat durch Regen verschlämmt werden. Allerdings gibt es immer häufiger schon Mitte April oder früher sehr gare, saatbereite Böden, die jedoch noch nicht die angestrebte Bodentemperatur erreicht haben. Die Entscheidung, trotz der nicht erreichten 8 °C-Marke mit der Maisaussaat zu beginnen, ist nicht einfach, zumal diese auch witterungsbedingt kurzfristig ansteht und nicht langfristig planbar ist. Was ist „zu früh“ und „zu kalt“?

Vorteil früher Aussaaten
Standfester, gesünder, stressstabiler
Maisbestände mit früher Aussaat bleiben gegenüber Normal- oder Spätsaaten meist kürzer, blühen früher und haben in aller Regel auch einen stärkeren Stängel, was die Standfestigkeit und Gesundheit zusätzlich verbessert. Zusätzlich werden die Wurzeln besser ausgebildet, weil mehr Tage für deren Entwicklung zur Verfügung stehen – ein wesentlicher Pluspunkt früher Aussaaten. Die Vorteile liegen auf der Hand: Es wird ein größeres Bodenvolumen erschlossen, das die Wasser- und Nährstoffversorgung gegebenenfalls in späteren Stressphasen länger sicherstellen kann. Während Temperaturschwankungen dem oberirdischen Wachstum stark zusetzen, ist die Wurzel vor Kälte geschützter, da der Boden Temperaturschwankungen abpuffert.

Vegetationsverlauf von Mais 2012 in Abhängigkeit vom Saattermin
Vegetationsverlauf von Mais 2012 in Abhängigkeit vom Saattermin
Mehr Zeit für die Korneinlagerung
Eine frühere Blüte verlängert den Zeitraum der Korneinlagerung und -reife. Das Bild zeigt Kolben der Silomais-Sorte Ayrro (S 220) und die der Doppelnutzungssorten Alduna (S~250/K 250) und Susann (S 260/K 280), die aus Saatzeit-Parzellen 2012 an der SAATEN-UNION Versuchsstation in Moosburg in der ersten Oktoberwoche entnommen wurden. In Natura ist der Effekt noch besser sichtbar als im Bild wiedergegeben.
Links ist jeweils der Kolben der Frühsaat (28. März) und rechts der der Normalsaat (30. April) zu sehen. Besonders bei Ayrro ist die deutlich fortgeschrittene Reife gut zu erkennen. Bei allen drei Sorten zeigt sich die bessere Ausreife durch die intensivere Färbung.
Gegenüber der Normalsaat hatte die Sorte Susann bereits Anfang Oktober einen um 2,8 % höheren TS-Gehalt, bei Alduna waren es 2,5 %. Mit anderen Worten: In den Frühsaaten wurden in dem Versuch die vergleichbaren Kornfeuchten ganze drei Wochen früher erreicht.
Drei wichtige Wochen im Oktober – Zeit, die z.B. für die Saat des nachfolgenden Winterweizens zur Verfügung steht.

Körnermais zuerst säen
Diese frühere Reife ist natürlich auch bei einer Nutzung als Silomais feststellbar. Bei drei bis vier Wochen früherer Aussaat kann gegenüber ortsüblicher Saatzeit eine Sorte mit 20 bis 30 Punkten erhöhten Reifezahl gewählt werden, um zum gewohnten Zeitpunkt häckseln zu können. Die Entscheidung der Sortenwahl bei einer Frühsaat hängt also von der Nutzungsrichtung ab. Generell gilt: Steht schon zur Aussaat fest, dass ein Teil der betrieblichen Maisfläche gedroschen werden soll, dann sollte dieser zuerst gesät werden.

Konsequenzen einer Spätsaat

Vorteile der frühen Saat:
  • Frühere Blüte und daher ein längerer Zeitraum für die Korneinlagerung
  • Bessere Standfestigkeit und Gesundheit
  • Besseres Wurzelwachstum und daher höhere Stressstabilität bei Wassermangel

Im vergangenen Jahr wurde bei der SAATEN-UNION Moosburg der Frage nachgegangen, wie sich Maissorten bei Spätsaat bzw. extremer Spätsaat verhalten. Eine Situation, wie wir sie nach der Ernte von GPS-Getreide vorfinden. Der Standort Moosburg ist klimatisch bedingt für mittelspäte Silomais-Sorten bis S 280 und für Körnermais-Sorten der mittelfrühen Reifegruppe bestens geeignet. Bei der Sortenwahl für eine Spätsaat geht es primär darum, die Silierreife verlässlich zu erreichen und erst in zweiter Instanz ist das Ertragspotenzial von Interesse.

Weniger Blattmasse
In dem Versuch wurden sechs verschiedene Sorten von der sehr frühen Reifegruppe bis mittelfrühen Reifegruppe über drei verschiedene Saatzeiten (30. April, 15. Mai und 01. Juni) verglichen: von der sehr frühen Sorte Revolver (S 160) bis zum mittelfrühen Sunstar (S 240). Erwartungsgemäß zeigten die Beobachtungen während des vegetativen Wachstums, dass die gleichen Entwicklungsstadien entsprechend der Saatzeiten später erreicht werden, hier dargestellt in der Anzahl voll entwickelter Blätter (Abb. 1). Auch die reduzierten Wuchshöhen im Vergleich zur Normalsaat verwundern nicht. Die finalen Pflanzenlängen nehmen mit zunehmend verspäteter Saatzeit ab und die Anzahl ausgebildeter Blätter ist rückläufig. Wegen der deutlich wärmeren Tage würde man ein zügigeres vegetatives Wachstum bei spät gesätem Mais erwarten und damit auch einen schnelleren Reihenschluss. Interessanterweise ist aber genau das nicht der Fall! Lässt man die Sortentyp-Unterschiede unbeachtet, so setzt der Reihenschluss etwa bei einem Meter Wuchshöhe ein und wird bei Spätsaaten trotz höherer Temperaturen nicht etwa früher erreicht.

Der Beginn der generativen Phase (Beginn Narbenblüte) wurde am 13. Juli bzw. 22. Juli erreicht, wobei die Sorten im zeitlichen Verlauf nicht gleich reagierten (Tab. 1).

Späte Ernte
Spätsaaten werden spät geerntet bzw. gehäckselt, in diesem Fall am 2. Oktober. Dies ist ca. drei Wochen später, nachdem die frühen Silomaissorten (bis S 220) mit Normalsaat die volle Siloreife bereits erreicht hatten. Deswegen kann ein sinnvoller Vergleich der Gesamttrockenmasse-Gehalte nur zwischen den beiden späten Saatzeiten geführt werden (Tab. 2). Wie zu erkennen ist, erreicht selbst die mittelfrühe Sorte Sunstar oder die mit einem starken Staygreen ausgestattete Sorte Supreme an einem Gunststandort wie Grünseiboldsdorf noch sehr sicher die Siloreife. Der sehr frühe Revolver ist selbst bei der späten Saatzeit an diesem Standort noch zu früh.

Beginn Narbenblüte 2012
Beginn Narbenblüte 2012
GTM-Gehalt
GTM-Gehalt

Bei der Reifezahl aufpassen!
Diese Ergebnisse zeigen, dass bei einer Spätsaat die Wahl der Reifezahl an den Standort angepasst werden muss. Keinesfalls muss es immer und überall die früheste Sorte sein. Zwar kann die Erfahrung aus einem Jahr und einem Standort nicht verallgemeinert werden, dazu sind Standort- und Jahreseffekte zu groß. Für den Standort Moosburg/Grünseiboldsdorf ist die richtige Sorte für eine Spätsaat im Reifebereich zwischen S 220 bis S 240 zu finden, also etwa 30–40 Reifepunkte niedriger als bei den Sorten, die man zur üblichen Saatzeit drillt. Diese Größenordnung könnte eine Orientierungsgröße für andere Standorte darstellen.

Bei Mais gilt also „früh, aber nicht zu früh“ – d.h. Frühsaaten sind auf einem Teil der betrieblichen Maisfläche bei Böden in guter Struktur zu empfehlen, denn die Vorteile gegenüber einer Normalsaat überwiegen. Steht Mais zwangsläufig spät, wie z. B. GPS, muss die Sortenwahl in erster Linie über die Reifezahl erfolgen – niedrigere Reifezahlen als ortsüblich für Normalsaat sind gefordert.

Stand: 17.12.2012