Aktuelle Ausgabe 01/2024

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Sind erweiterte Fruchtfolgen rentabler?

Der Markt verlangt Weizen und Raps – für viele Landwirte eine Begründung für einseitige Anbausysteme. Aber sind weizen- und rapsbetonte Fruchtfolgen wirklich immer wirtschaftlicher? In erster Linie ist das eine Frage des Standortes, meint Dr. Marco Schneider, Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Blaue Lupine
Blaue Lupine
Ein einseitiger Anbauplan mit Winterungen hat erhebliche Nachteile: Das unternehmerische Risiko steigt, dem konsequenten Pflugverzicht sind Grenzen gesetzt und zur Absicherung eines hohen Leistungsniveaus sind höhere Aufwendungen für Pflanzenschutz und Düngung notwendig. Damit steigen die Stückkosten. Betriebsauswertungen haben gezeigt, dass in vielen Betrieben die Vollkosten zu hoch sind. Ein durchschnittlicher Ackerbaubetrieb in Hessen z.B. produziert Weizen für ca. 20 €/dt, ähnliche Zahlen sind aus anderen Bundesländern bekannt.

Spätestens an dieser Stelle drängt sich die Frage auf: „Sind Bewirtschaftungssysteme mit einer Betonung von Weizen und Raps in der Fruchtfolge wirklich so erfolgreich? Oder ist die Erweiterung der Fruchtfolge u.U. ökonomischer?“

Erträge unterschiedlicher Bodenbearbeitung un Ffruchtfolgen an 4 Standorten
Erträge unterschiedlicher Bodenbearbeitung un Ffruchtfolgen an 4 Standorten

Weizenerträge nach unterschiedlichen Vorfrüchten
Der Anbau von Weizen nach Weizen ist in vielen Marktfruchtbetrieben gängige Praxis. Ein Vergleich der Weizenerträge zeigt aber, dass nicht jeder Standort dafür geeignet ist. Auf einem maritim geprägten Bördestandort im nordwestdeutschen Raum kann dies ohne Auswirkung auf den Ertrag von Winterweizen bleiben (Abb. 1). Unter kontinentalen Klimaverhältnissen mit knapper Wasserversorgung und häufig hitzebedingt abrupter Abreife treten im Mittel der Jahre jedoch bis zu 26 % geringere Erträge durch den Anbau von Weizen nach Weizen auf. Der Stoppelweizenanbau ist hier also kritisch zu hinterfragen. Zusätzlich beeinflussten Standort- und Bodenverhältnisse die Ertragswirkung der Bodenbearbeitung. Auf maritim geprägten Bördestandorten sind bei konservierender Bodenbearbeitung keine Ertragsdepressionen zu erwarten. Auf Standorten mit ungünstigen Wachstumsvoraussetzungen (feuchte Aussaat, lange Vegetationsruhe, trockene Abreife) fallen die Erträge durch den Pflugverzicht dagegen um bis zu 16 % niedriger aus. Auf typischen Trockenstandorten Ostdeutschlands steigen die Weizenerträge der konservierend bestellten Varianten hingegen um 10 %.

Erweiterte Fruchtfolgen erhöhen die DAL
Am Beispiel zweier Standorte soll die Entwicklung der Wirtschaftlichkeit und der Kosten für unterschiedliche Standorte aufgezeigt werden (Abb. 2a und 2b). Die Wirtschaftlichkeit war hier bei einem Wechsel von Halmfrucht und Blattfrucht in Verbindung mit der pfluglosen Bestellung am höchsten. Im Vergleich zum Referenzsystem Pflug in enger Fruchtfolge ergeben sich Vorteile von 59 €/ha am Bördestandort und bis 163 €/ha auf dem ertragsschwächeren Sandstandort.

Die ganze Fruchtfolge profitiert
Beim direkten Vergleich der Einzelkulturen würde die Wirtschaftlichkeit der Leguminosen relativ geringer ausfallen. Aber diese vordergründig geringere Rentabilität wird besonders durch die kostendegressiven Wechselwirkungen von Fruchtfolge und Bodenbearbeitung bei den Arbeitserledigungskosten kompensiert.

Hinzu kommt, dass die Fruchtfolgegestaltung maßgeblich die Höhe der Direktkosten beeinflusst – eine hohe Produktionsintensität in wintergetreidebetonten Fruchtfolgen erhöht auch die Direktkosten. Leguminosen dagegen benötigen keine Stickstoffdüngung, die Pflanzenschutzkosten halten sich ebenfalls in Grenzen. Auch der nachfolgende Weizen profitiert von dieser Vorfrucht durch geringere Düngekosten und niedrigere Pflanzenschutzintensitäten. Die konservierende Bodenbearbeitung weist im Vergleich zum Pflugeinsatz höhere Direktkosten auf. Wechselwirkungen von Fruchtfolge und Bodenbearbeitung auf die Direktkosten treten nicht auf. Mit dem Pflugverzicht in wintergetreidebetonten Fruchtfolgen sinken die Kosten der Arbeitserledigung um 13 %, da der Kapitalbedarf für Mechanisierung, der Arbeitszeitanspruch und die Treibstoffkosten in konservierenden Anbausystemen geringer sind.

Durch die Integration der Leguminosen in die Fruchtfolge können auf allen Standorten zusätzliche Arbeitserledigungskosten eingespart werden:
  • z.B. durch ein Absenken der Eingriffsintensität in den Boden,
  • durch Brechung der Arbeitsspitzen bei der Bodenbearbeitung und Aussaat,
  • durch eine bessere Auslastung der Arbeitskräfte, Traktoren und Geräte.

In letzter Konsequenz können Maschinen weniger schlagkräftig oder überbetrieblich eingesetzt werden. Dies hat zur Folge, dass die Kosten der Arbeitserledigung bei der Integration von Leguminosen und gleichzeitiger Mulchsaat nur etwa 80 % des Referenzsystems Pflug betragen.

Vorzüglichkeit v. Produktionssystemen in Abhgk. vom Gleichgewichtspreis Weizen
Vorzüglichkeit v. Produktionssystemen in Abhgk. vom Gleichgewichtspreis Weizen
Rechnen sich erweiterte Fruchtfolgen auch bei hohen Preisen?
Mit welchem Produktionssystem ist die höchste Wirtschaftlichkeit erreichbar? Zur Beantwortung dieser Frage wurden die Ergebnisse einer Sensitivitätsanalyse unterzogen (Abb. 3a und 3b). Dabei wurden folgende Annahmen getroffen:

  • Weizen nimmt eine Eckpreisfunktion ein.
  • Der Leguminosenpreis entspricht dem Weizenpreis plus 1 €/dt.
  • Der Rapspreis ist doppelt so hoch wie der Weizenpreis.

Die Analysen ergeben eine vom Standort abhängige wirtschaftliche Vorzüglichkeit der Anbausysteme bei steigenden Marktpreisen. Nordwestdeutsche Binnenlandstandorte, die durch hohe Stoppelweizenerträge gekennzeichnet sind, erreichen in konventionell bestellten wintergetreidebetonten Fruchtfolgen bereits bei einem Weizenpreis von 15,65 €/dt eine höhere Rentabilität. Im Gegensatz dazu ist die wirtschaftliche Stabilität erweiterter pfluglos bestellter Anbausysteme auf zu Vorsommertrockenheit neigenden Standorten auch bei sehr hohen Weizenpreisen gegeben.

Stückkosten in der Weizenproduktion
Bodenbearbeitungs-, Fruchtfolge- aber auch Standorteffekte werden bei der Analyse der Stückkosten deutlich. Auf dem Hochertragsstandort in der Soester Börde ist durchaus eine wettbewerbsfähige Stoppelweizenproduktion nachzuweisen (Tab. 2). Im Mulchsaatsystem kostet Stoppelweizen etwa 1 €/dt mehr als Blattfruchtweizen. Beim Vergleich schneidet der Pflug jedoch aufgrund der höheren Direktkosten (Strohausgleichsdüngung, höhere Fugizidintensität) kaum schlechter ab. Einsparungen bei der Arbeitserledigung werden kompensiert. Aber: Die Kostenvorteile können bei Blattfruchtweizen und Raps über das gesamte Produktionssystem genutzt werden. Die niedrigsten Stückkosten gibt es in erweiterten pfluglos bestellten Fruchtfolgen, wozu vor allem Einsparungen bei den Maschinenfestkosten beitragen. Erträge beeinflussen ganz entscheidend die Höhe der Stückkosten. Auf dem ertragsschwächeren Standort Gülzow traten Ertragsverluste beim Anbau von Stoppelweizen auf. Eine pfluglose Bearbeitung verbesserte die Ertragssituation in allen Fruchtfolgen. Dies ist der Hauptgrund für die stark schwankenden Stückkosten in den einzelnen Produktionsverfahren (Tab. 2). Die Stoppelweizenproduktion ist am Standort Gülzow also deutlich teurer als die des Blattfruchtweizens. Durch die geringeren Erträge des konventionell bestellten Stoppelweizens steigen die Stückkosten nochmals an. Eine kostengünstige Weizenproduktion kann auf diesem Standort nur pfluglos nach einer Blattfrucht realisiert werden.

Erlaubt der Standort gleichbleibend hohe Erträge beim Anbau von Stoppelgetreide, macht bei hohen Getreidepreisen eine Erweiterung der Fruchtfolge mit Leguminosen nicht immer Sinn. Auf ertragsschwächeren Standorten sind hingegen durch die vielfältigen Vorfruchtwirkungen erweiterte Fruchtfolgen auch bei hohen Getreidepreisen wirtschaftlich.

Aber: Eine zunehmende Feldresistenz von Ungräsern gegen gängige Herbizide oder die Zunahme vielfältiger Viruserkrankungen im Getreide verlangen gesündere Fruchtfolgeabläufe. Sind also zukünftig enge Fruchtfolgen noch praktikabel?

Es gibt viele gute Gründe, den vermehrten Einsatz von Leguminosen konstruktiv zu diskutieren.

Stand: 11.10.2012