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Raps: Das Gespür für praxisgerechte Sorten

Dr. Martin Frauen, Saatzuchtleiter der Norddeutschen Pflanzenzucht seit 1982, sieht bis heute die Aufgabe des Züchters in einer strengen Selektion. Sie ist gewissermaßen „die Kunst, das Richtige wegzuwerfen“. Aus dieser Selektionskunst sind große Sorten entstanden, die als Meilensteine des Rapsanbaus bezeichnet werden können.

Züchtung: Die Kunst, das Richtige wegzuwerfen
Züchtung: Die Kunst, das Richtige wegzuwerfen
Ceres (1986) bedeutete den Durchbruch in der damals neuen 00-Qualität und den Beginn eines breiten Rapsanbaus. Express (1993) zeigte Verbesserungen im Sortentyp, Ertrag und Gesundheit. 10 Jahre Praxisanbau kennzeichneten den Erfolg des Klassikers. 1995 erfolgte die weltweit erste Zulassung einer restaurierten Winterrapshybridsorte mit dem MSL-System (Männliche Sterilität Lembke). Die Zulassung der ersten „Express-Hybride“ Talent (1999) kennzeichnet den Beginn einer erfolgreichen Hybridgeneration, die europaweit die Praxis begeistert. Seit 2008 ist Visby die große Sorte in Deutschland, deren Zuspruch in der Praxis ungebrochen ist. Ein fünfter „Meilenstein“ mit neuer Genetik könnte Avatar (2011) werden, beachtenswert ist die dreifache BSA-Note 9 für Kornertrag, Ölgehalt und Ölertrag.

Ertragssicherheit ist entscheidend für den Erfolg einer Sorte
Das Kennzeichen der genannten großen Sorten ist die ungewöhnliche breite Adaptionsfähigkeit, der Einsatz neuer Genetik und die hohe Praxistauglichkeit. Als praxistauglich lassen sich verschiedene Einzelkategorien jenseits des Höchstertrages definieren, wie Mulch- und Spätsaateignung, Winterfestigkeit, Standfestigkeit, Gesundheit, Mähdruschfähigkeit. Am Ende münden diese Eigenschaften mehr oder weniger stark in die praxisentscheidende Ertragssicherheit: Leistung unter möglichst vielen verschiedenen Anbaubedingungen. Für Martin Frauen besteht Züchtung heute auch in der Kunst, neue Züchtungstechnologien richtig einzusetzen, innovative Zuchtschwerpunkte zu definieren, geeignete Elternlinien zu kombinieren und an den Erfolg in 10 Jahren zu glauben, wenn die Sorte zugelassen wird. Die Züchtungsintensität hat sich in den letzten Jahren deutlich erhöht und damit den Ertragsfortschritt beschleunigt (s. Abb. 1).

Vielfalt nutzen
Züchtung erfordert nicht nur handwerkliches Können und Beherrschung von Technologien, sondern auch einen züchterischen Blick, der bei Dr. Martin Frauen nicht auf einen einzigen Idealtyp fixiert ist, sondern die Vielfalt nutzt. Dennoch hat die züchterische Handschrift neben Ertrag und Ertragssicherheit einen Schwerpunkt bei eher früh bis mittel abreifenden und möglichst nicht zu langwüchsigen Sorten. Die individuelle Selektion und das besondere Gespür für praxisgerechte Sorten erfolgt im Feld.

„Sorten sind nie perfekt, sonst braucht man keine Züchtung mehr“. Dr. Martin Frauen

Dietmar Brauer

Stand: 10.07.2012