Im Kompetenzzentrum Agrarmeteorologie des DWD wird seit Jahrzehnten praxisorientierte Forschung über die Wirkung von Wetter und Klima auf die Landwirtschaft betrieben. Wetterfax oder agrowetter.de als Instrumente zur agrarspezifischen Wetterprognose sind vielen bekannt. Der DWD hat sich in den vergangenen Jahren aber auch zu einer renommierten Instanz für Politik und Entscheidungsträger in Fragen zum Klimawandel entwickelt, insbesondere im Bereich der Landwirtschaft. Der DWD verfügt für diesen Zweck über lange Datenreihen aus seinem Klimadatenarchiv, über geeignete Klimamodelle, an deren Entwicklung er maßgeblich mitgearbeitet hat und über die notwendigen Computerkapazitäten in seinem Großrechenzentrum. In Verbindung mit speziellen agrarmeteorologischen Wirkmodellen lässt sich der zukünftige Klimawandel erfassen und sein Einfluss auf die Landwirtschaft abschätzen.
Klimaszenarien und Landwirtschaft
Ein gegenwärtiger Forschungsschwerpunkt im DWD ist es, aus den für Deutschland vorliegenden Klimaprojektionen Aussagen über die zu erwartenden Änderungen einzelner meteorologischer und agrarmeteorologischer Parameter abzuleiten. Nur wenn diese Änderungen bekannt sind, können Anpassungsstrategien entwickelt werden. Gerade für die Landwirtschaft ist es existenziell wichtig, sich langfristig vorbereiten zu können, denn die Entwicklung angepasster Sorten kostet viel Zeit!
Die zukünftige ökonomische Entwicklung der Länder dieser Welt ist entscheidend für den Verbrauch z.B. fossiler Ressourcen und den CO2-Ausstoß, den Flächenverbrauch (z.B. für die Fleischproduktion) und somit den Ausstoß an Lachgas (NO2) und Methan (CH4) etc. Diese Emissionsszenarien sind wesentlicher Dateninput für die eigentlichen Klima-prognosen. Es liegt auf der Hand, dass die Annahmen zu den Emissionsszenarien unscharf sind und hier breite Prognosespannen existieren. Der DWD verwendet in seinen Berechnungen zzt. noch das sogenannte Szenario A1B, das von „mittleren“ Entwicklungen der Volkswirtschaften ausgeht mit spürbaren Emissionsreduzierungen erst ab Mitte des Jahrhunderts. Ab 2013 werden neu entwickelte Emissionsszenarien zur Anwendung kommen. Sie werden nicht zu einer grundsätzlich anderen Bewertung von Klimatrends führen, jedoch detailliertere Aussagen zur Regionalität und Intensität einiger Klimaparameter ermöglichen.
Praxistaugliche Beratungssoftware für die Landwirtschaft
Im Zentrum für Agrarmeteorologischen Forschung (ZAMF) des DWDs in Braunschweig werden die hochkomplexen Vorgänge der Interaktionen zwischen Boden, Pflanzenentwicklung und Atmosphäre in mathematisch-physikalischen Modellen theoretisch beschrieben und in Experimenten ergänzt und validiert. Die Agrarmeteorologische Beratungssoftware AMBER fasst dieses Wissen zusammen – es gibt in Deutschland kein vergleichbares Instrument zur Wirkung von Wetter und Klima auf die Landwirtschaft. Täglich werden mit diesem Programmpaket bis zu 250 witterungsabhängige agrarmeteorologische Parameter berechnet und landwirtschaftlichen Nutzern zur Verfügung gestellt: z.B. Informationen über den Bodenwasserhaushalt, über die Verdunstung oder auch über das Bestandsklima. Um die Güte der Regionalmodelle zu testen, werden die Modellergebnisse für vergangene Zeiträume mit den tatsächlichen Daten aus dieser Zeit verglichen (Kontrollrechnungen). Nur wenn hier ausreichende Übereinstimmung gegeben ist, ist das Modell grundsätzlich für in die Zukunft gerichtete Aussagen nutzbar. Abweichungen der Ergebnisse der Kontrollrechnungen von der gemessenen Realität lassen Rückschlüsse auf zukünftige Abweichungen von den durch die Klimaszenarien errechneten Werten zu. Die Ergebnisse für die Zukunft dürfen grundsätzlich nur als 30-jährige Mittelwerte betrachtet werden.
Was bedeutet der Klimawandel für den Maisanbau?
Frühsommertrockenheit (I): Der Niederschlag ist für die Landwirtschaft von entscheidender Bedeutung und kann den Anbau von Kulturarten fördern, einschränken oder auch ausschließen. Die in den letzten Jahren oft auftretende Frühsommertrockenheit behinderte das Auflaufen der Pflanzen und führte über fast alle Kulturen hinweg zu Ertragsdepressionen.
Welche Ergebnisse zeigen die verschiedenen regionalen Klimamodelle für diesen Zeitraum (15.4.–15.6.) in der Zukunft (Tab. 1)? Von den 25 dargestellten Modellen prognostizieren lediglich einige wenige eine Zunahme der Frühsommertrockenheiten, mindestens genauso viele gehen aber von einer Zunahme der Niederschläge aus. Aus Sicht der heutigen Klimaprojektionen ist daher nicht mit einer Fortsetzung der beobachteten Frühsommertrockenheiten zu rechnen. Ob die geplanten neuen Szenarien hier das gleiche Ergebnis liefern, bleibt abzuwarten.
Ertragsbildung (II): Für den Mais ist der Zeitabschnitt Fahnenschieben bis Silomaisernte minus 10 Tage sehr wichtig. Trockenstress führt dann zu empfindlichen Ertragsdepressionen. Für diesen Zeitraum zeigen fast alle Modelle eine Abnahme der Niederschläge und dies bereits für den Zeitraum von 2021–2050 (Spalte a). Zum Ende des Jahrhunderts wird sogar ein Rückgang von über 30 % erwartet (Spalte b).
Ernte (III): Auch für den Erntezeitraum für Silo- und Körnermais sind die Prognosen eher negativ: Die errechneten deutlich höheren Niederschläge im Herbst würden die Erntebedingungen massiv erschweren. Das entscheidende Kriterium für die Ernte ist der Zeitpunkt, an dem die Trockenmasse der Gesamtpflanze 28–32 % erreicht hat. Die erwähnte Beratungssoftware AMBER umfasst auch das Erntezeitprognosemodell für Silomais „MaisProg“, das den Trockenmassegehalt von Silomais berechnet. Dieses Modell wurde vom deutschen Maiskomitee e.V. und der Christian-Albrechts-Universität in Kiel entwickelt. Erste Ergebnisse der Untersuchungen mit nur vier Regionalmodellen sind in Abb. 1 dargestellt. Für den Zeitraum 2021 bis 2050 ergibt sich fast flächendeckend eine Verfrühung des optimalen Erntetermins.
Fazit
Die zu erwartenden Klimaänderungen begünstigen durch steigende Temperaturen spät abreifende Maissorten und könnten zu einer Ausweitung des Maisanbaus führen. Allerdings wird zzt. davon ausgegangen, dass besonders in dem Zeitraum der Ertragsbildung zukünftig mit Trockenstress zu rechnen ist. Dies erfordert trockenstressresistente Sorten – hier ist die Maiszüchtung gefordert, zeitnah zu reagieren. Durch eine Zunahme der Winterniederschläge (s. Tab. 1, IV) und der damit verbundenen verbesserten Grundwasserneubildung ist eine Beregnung auch in Zukunft optional möglich.