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Zwei Ernten pro Jahr!

Zwei Entwicklungen rücken das Thema Fruchtfolge wieder stärker in die Diskussion: Zum einen der zunehmende Anteil der „Cashcrops“ Winterweizen und Winterraps und damit auch Stoppelweizen. Gerade bei konservierender Bodenbearbeitung kam es so deutschlandweit zu erstem Auftreten von resistenten und damit schwer bekämpfbaren Ungräsern. Zum anderen ist der Ausbau des Biogassektors zu nennen, mit dem Anstieg der Maisflächen erhält die Teller-Tank-Diskussion neue Nahrung. Fachberater Stefan Hesse überlegt, mit „unkonventionellen“ Biogasfruchtfolgen beide Probleme zu lösen.

Blühbeginn nach 8 Wochen Erbse unterdrückt die Ausfallgerste (links) gut
Blühbeginn nach 8 Wochen Erbse unterdrückt die Ausfallgerste (links) gut
Am Anfang der bisher üblichen Fruchtfolgen steht i.d.R. der Winterraps gefolgt von Winterweizen oder auch Winterroggen auf D-Standorten. Dann folgt Wintergerste, Winterroggen oder Triticale zur GPS-Nutzung. Dabei ist die Sortenwahl gezielt auf die Ganzpflanzennutzung auszurichten. Besonders ist auf eine überdurchschnittliche Gesundheit in Kombination mit einer ausreichenden Standfestigkeit und einer hohen Ertragsleistung zu achten. Beispielsweise sind die Sorten Souleyka als Wintergerste und Minello als Winterroggen auch als GPS-Sorten hoch ertragreich. Die Ernte der Ganzpflanzensilage ist in gemäßigten und milden Klimaten zwischen 5. und 15. Juni möglich und sollte spätestens beim Übergang von Milch- in beginnende Teigreife erfolgen. Klassisch könnten nun Biomassehirsen wie Herkules und Bovital oder auch noch ein sehr früher Mais wie Revolver (S160) als Zweitfrucht gedrillt werden. Der Nachteil dieser Kulturen ist allerdings ihr relativ schlechter Vorfruchtwert.
Beispeile erweiterte Biogasfruchtfolgen
Beispeile erweiterte Biogasfruchtfolgen


Im Gegensatz hierzu hat die Körnererbse als Zweitfrucht den deutlich besseren Vorfruchtwert. Von Hauptfruchterbsen wissen wir, dass diese ca. 55 Tage von der Aussaat bis zur Blüte und ca. 105 Tage von der Aussaat bis zur Ernte benötigen. Bei einer Aussaat Mitte Juni ist nach ersten Erfahrungen mit zwei Wochen längerem Wachstum (insgesamt 120 Tage) zu rechnen. Dabei ist vor allem die Temperatursumme im September entscheidend. Unter „normalen Bedingungen“ wird der Erntetermin der Körnererbse zwischen dem 5. und dem 20.Oktober liegen. Es gilt also, die 5 bis 10 strahlungsreichen Tage im Oktober abzuwarten und bei Kornfeuchten zw. 15% und 19% Kornfeuchte zu dreschen. In den Jahren 2009 und 2010 wurden zu dieser Fragestellung in Sachsen erste Versuche angelegt. Es entwickelten sich ansehnliche Bestände mit einem für den Hauptfruchtanbau typischen Hülsenansatz und Einkörnung.

Nach 12 Wochen gehen die Hülsen in die Reife über
Nach 12 Wochen gehen die Hülsen in die Reife über
Zwei volle Ernten pro Jahr!
Hauptfruchterbsen blühen Ende Mai/ Anfang Juni, und damit genau in der Phase von Vorsommertrockenheit und starker Sonneneinstrahlung in Verbindung mit Hitze. Durch Verschiebung der Blüte in den August, einem der regenreichsten Monate in kontinental geprägten Gebieten, gibt es nahezu keinen Blüten- und Hülsenabwurf. Die Blüte und Samenbildung kann ungestört ablaufen und daher sind 10 Hülsen pro Pflanze bei vier bis fünf Körnern pro Hülse machbar. Bei Bestandesdichten von 70 Pflanzen je m² zur Ernte sind rein rechnerisch 40 dt/ha zu erwarten. Zusätzlich zum Ertrag der Gersten- GPS ist also eine volle zweite Ernte im Jahr möglich!

Hervorragender Vorfruchtwert
Nach dem Erbsendrusch kann Mitte Oktober dank der exzellenten Bodengare relativ extensiv Winterweizen oder Winterroggen gedrillt werden, d.h. im besten Falle ohne zusätzliche Bodenbearbeitung. Der in den Ernterückständen gebundene Stickstoff wird vom Getreide von Anfang an genutzt, wodurch diese Bestände doch spürbar höhere Erträge als Stoppelweizen zeigen. Die kostengünstige Bekämpfung von Problemungräsern in der Erbse mit Graminiziden ermöglicht ein aktives Resistenzmanagement.

Zusätzlich sorgt die „attraktive“ Landschaftsgestaltung der Erbse zu diesem späten Zeitpunkt zu einer besseren Akzeptanz der Landwirtschaft und ganz speziell der Biogasbetriebe.

Ausprobieren macht schlauer
In Sachsen werden 2011 erstmals großflächig Anbauten mit Zweitfruchterbsen – z.T. sogar nach frühem Wintergerstendrusch – stattfinden. Aufgrund der oft spärlich entwickelten Gerstenbestände und regional knapp gefüllten Silos wird die GPS-Fläche 2011 zunehmen.

Für Interessenten, die auf kleineren Flächen die Körnererbse als Zweitfrucht ausprobieren möchten, steht noch Erbsen Z-Saatgut zur Verfügung. Neben Rocket ist v.a. die Sorte Nette durch ihren frühen Blühbeginn zu empfehlen.

Es kann daher durchaus sinnvoll sein, bei der Fruchtfolgegestaltung unkonventionelle Wege zu gehen. Stellen Sie Ihre Fruchtfolge auf den Kopf!

Stand: 12.05.2011