In einer Modellkalkulation sollte die Wirtschaftlichkeit der Gerste ermittelt werden. Dazu wurde eine Raps-Weizen-Weizen-Fruchtfolge mit einer Raps-Weizen-Gersten-Fruchtfolge verglichen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Eigenrentabilität der Gerste im Vergleich zum Stoppelweizen deutlich niedriger ausfällt. So errechnet sich auf vielen Standorten eine direktkostenfreie Leistung, die um 50 €/ha unter Stoppelweizen liegt. Die isolierte Betrachtung einzelner Früchte führt allerdings zu falschen Schlussfolgerungen. Bei einer Betrachtung der Wirtschaftlichkeit der Fruchtfolge kann sich dieses Ergebnis deutlich verschieben. Bei Fruchtfolgeversuchen wurden inzwischen deutliche Unterschiede zwischen den Rapserträgen nach Gerste und Weizen festgestellt. Die Ertragsunterschiede zugunsten der Gerste sollen zwischen 2 und 4 dt/ha liegen.
Frühe Saattermine möglich
Die Ursache für die höheren Rapserträge nach Gerste sind in erster Linie in den früheren Saattermin zu sehen. Bei frühen Aussaatterminen kann gespart werden. So kann die Aussaatstärke reduziert werden. Es kommen häufig Populationssorten zum Einsatz, da viele Hybridsorten sich im Herbst zu stark entwickeln würden und damit die Auswinterungsgefahr deutlich ansteigen würde. Bei Spätsaaten haben dagegen Hybridsorten deutliche Vorteile. Besonders bei späten Weizenernten wie im Herbst 2004 im Norden Schleswig-Holsteins mit einer Verschiebung der Rapsaussaat auf Anfang September fehlt dem Raps im Vergleich zur Vorfrucht Gerste an Vegetationsentwicklung vor Winter.
Hinzu kommt, dass neben der Festlegung des Stickstoffs durch die fehlende Strohrotte nach Weizen bei schwacher Entwicklung der Raps häufig noch durch zusätzliche Düngungsmaßnahmen gefördert werden muss. Weiterhin führt die fehlende Zeit für die Stoppelbearbeitung und damit für das Auflaufen des Ausfallgetreides zu einem erhöhten Einsatz an Gräserherbiziden. Besonders in pfluglosen Varianten verschärft sich das Problem.
So wurde gerechnet
In einer Modellkalkulation wurden die beiden o. a. Fruchtfolgen miteinander verglichen. In der Kalkulation wurden die nach der neuen Agrarreform entkoppelten Flächenprämien nicht berücksichtigt. Es wurde unterstellt, dass der Ertrag des Rapses nach Gerste einen um 2 dt/ha höheren Ertrag als nach Stoppelweizen erzielt. Der Stoppelweizen drischt 10 dt/ha weniger als Rapsweizen. Die Gerste soll auf dem Standort 5 dt/ha weniger als der Stoppelweizen dreschen. Weiterhin sei der Weizenpreis um 10 €/t höher als der Gerstenpreis. Durch den späteren Saattermin des Rapses nach Weizen wurde ein Wechsel auf Hybridsaatgut unterstellt sowie etwas höhere Düngungs- und Pflanzenschutzkosten. Aus den Modellannahmen errechnet sich für die Raps-Weizen-Weizen-Fruchtfolge eine direktkostenfreie Leistung von 547 €/ha und für die Raps-Weizen-Gersten-Fruchtfolge eine direktkostenfreie Leistung von 555 €/ha. Bereits dieses knappe Ergebnis zeigt, dass die Vorzüglichkeit von Gerste oder Stoppelweizen sehr stark von den Annahmen bzw. vom Standort abhängt, daher wurden im nächsten Schritt die wichtigsten Einflussfaktoren variiert.
Der Standort ist entscheidend
- Stoppelweizen ist auf Standorten mit einem Mehrertrag von 10 dt/ha gegenüber Gerste und einer fehlenden bzw. niedrigen Ertragsdifferenz zwischen Raps nach Weizen im Vergleich zu Raps nach Gerste wirtschaftlicher als Wintergerste.
- Wintergerste erweist sich auf den Standorten mit geringen Ertragsdifferenzen zwischen Stoppelweizen und Gerste und einem Ertragsvorteil von 2 – 4dt/ha der Rapsfrühsaat gegenüber der Spätsaat als rentabler als Stoppelweizen.
Entzerrung der Arbeitsengpässe
Gerste wirtschaftlicher als ihr Ruf
Letztendlich muss jeder Betriebsleiter seine Standortbedingungen und seine Betriebsorganisation vor Ort prüfen. In Betrieben, in denen Stoppelweizen und Gerste zu nahezu gleichen wirtschaftlichen Ergebnissen führen, erscheint es sinnvoll zu sein nach Rapsweizen die Fläche zwischen Gerste und Stoppelweizen zu teilen. Festzuhalten bleibt, dass die zu erwartende Preisentwicklung am Getreidemarkt, Cross Compliance, der Kostendruck in der Arbeitserledigung sowie Fruchtfolgeaspekte dazu führen werden, dass dem Anbau von Wintergerste wieder mehr Beachtung geschenkt wird.
Dr. Reimer Mohr, Hanse Agro GmbH, Telefon: 04346 3682-0