Würde man allerdings deutsche Verbraucherinnen und Verbraucher nach Lupinenprodukten fragen, wäre wohl fast immer ein ratloses Achselzucken die Antwort. Dr. Peter Römer, erläutert, warum vielleicht dieses uralte Nahrungsmittel auch bei uns bald bekannter und beliebter werden wird.
Lupinen sind aufgrund ihrer Nährstoffzusammensetzung erstaunlich vielfältig einsetzbar, was aber hierzulande nur bei Insidern wirklich bekannt ist.
Im Vergleich zu Erbsen und Ackerbohnen sind die Lupinenkörner durch deutlich höhere Ei-weiß-, Fett- und Rohfasergehalte und das Fehlen von Stärke gekennzeichnet (s. Tab. 1). Zwischen Sorten der Blauen, Weißen und Gelben Lupinensorten bestehen deutlich Unterschiede.
Bekannt: die Verwertung als Tierfutter
Auf die Frage, wie man die Lupinenkörner verwerten kann, wird man zunächst an die Tierfütterung denken. Dies ist im Grundsatz auch richtig. So können alle Lupinenarten in der Wiederkäuerfütterung in Anteilen bis zu 30 % der Kraftfuttermischung eingesetzt werden. In der Geflügelfütterung sollten Maximalanteile von 20 % (alle Arten) und in der Fütterung von Mastschweinen von 20 % bei Blauen und Gelben Lupinen und 10 % bei Weißen Lupinen eingehalten werden. Auf diese Weise können bei hofeigener Verfütterung auch kleinere Mengen Lupinenkörner gut genutzt werden.
Weniger bekannt: die 2000-jährige Tradition als menschliches Nahrungsmittel
Der Einsatz von Lupinenmehlen, vor allem in Backprodukten, nimmt in Europa ständig zu. Das Lupinenmehl hat ein hohes Wasserbindungsvermögen, wodurch das Backprodukt länger frisch bleibt. Durch seine gelbliche Farbe kann es das Ei in Broten, Kuchen und Gebäcken vollständig ersetzen. In vielen dieser Produkte ist bereits heute Lupinenmehl enthalten.
Noch so gut wie unbekannt: Lupinen-Eiscreme und Co.
Neben diesen – eher „versteckten“ – Lupinen in Produkten gibt es auch Nahrungsmittel mit hohen oder 100%igem Lupinenanteil, so beispielsweise Lupinen-Tofu, Lupinen-Kaffee und Lupinen-Eis. Bisher sind die meisten „reinen“ Lupinenprodukten leider nur über spezielle Geschäfte oder Versandhändler oder nur regional zu beziehen.
Neu diskutiert: Alternative zu gentechnisch veränderter Soja
Auf der Suche nach einer Alternative zu gentechnisch veränderten Sojabohnen nahm man sich der Lupinen an. Vor allem aus geschmacklichen Gründen konzentrierte man sich zunächst auf die Weiße Lupine. Wegen der Anthraknose (1)-Problematik gab es allerdings zunehmend Engpässe in der Versorgung der Nahrungsmittelhersteller mit Weißlupinen, so dass man in jüngster Zeit in einigen Produktrichtungen zunehmend Blaulupinen einsetzt.
Mit klinisch nachgewiesener Gesundheitswirkung
Die Frage der Möglichkeiten des Einsatzes von Lupinen – speziell von Weißen Lupinen – wurde im Rahmen des EU-Projektes „Healthy-ProFood“ wissenschaftlich genau untersucht. Beteiligt waren 16 Teilnehmer (darunter 4 Firmen) aus 7 Ländern.
Die Ergebnisse des Projektes, die kürzlich in Mailand vorgestellt wurden, sind beachtlich: Durch den Einsatz von Lupinenmehl in Backwaren wird der Cholesterol-Gehalt der Backprodukte gesenkt. In einer klinischen Studie konnte festgestellt werden, dass bei Patienten, die Lupinenprotein zu sich nahmen, der LDL-Cholersterolgehalt abnahm und außerdem der Blutdruck gesenkt wurde. Der regelmäßige Verzehr von Lupinen(produkten) könnte damit das Risiko der Arteriosklerose und damit das Herzinfarktrisiko senken.
Am Fraunhofer-Institut in Freising – einem der Projektpartner – wurden erfolgreich zahlreiche Lebensmittel mit Lupineneiweiß angereichert, so zum Beispiel Schokoküsse, Mayonnaise, Wurst- und Fleischprodukte sowie Backwaren. Außerdem lassen sich Getränke mit Lupinen ebenso herstellen wie Pralinen.
Allerdings sollte nicht unerwähnt bleiben, dass es nach dem Verzehr von Lupinen auch zu allergischen Reaktionen kommen kann. Dies betrifft einen Teil derjenigen Personen, die eine Allergie gegen Erdnuss haben (man spricht hier von einer „Kreuzreaktion“ von Lupine mit Erdnuss).
Die Anforderugen an die Lupinen der Zukunft sind vielfältig:
Anthraknose-Resistenz, niedrigere Bitterstoffgehalte, höhere Eiweißgehalte sind nur einige davon.
Wie sieht die Zukunft von Lupinen aus?
Wie reagiert die Züchtung auf die neuen/wiederentdeckten Verwertungsmöglichkeiten dieser Kulturpflanze, um nicht nur Inhaltsstoffe, sondern auch die Krankheitstoleranzen und weitere ökonomische Aspekte zu optimieren? Diese Fragen werden zurzeit in einem Innoplanta/Innoregio-Projekt in Sachsen-Anhalt bearbeitet. Die Südwestdeutsche Saatzucht, Zuchtstation Möringen (Altmark) widmet sich dabei der Züchtung frühreifer, ertragreicher und Anthraknose-toleranter Sorten. Der Projektpartner Hochschule Anhalt (Institut für Bioanalytik) führt die begleitenden Inhaltsstoff-Analysen durch, um so einen niedrigen Bitterstoffgehalt und einen hohen Eiweißgehalt in den neuen Sorten zu verankern. Erste Sorten mit verbesserter Anthraknose-Toleranz konnten gefunden werden und befinden sich zurzeit in der Entwicklung. Die erfolgreiche Zulassung durch das Bundessortenamt vorausgesetzt, könnte die erste dieser Sorten ab dem Frühjahr 2009 zur Verfügung stehen.
(1) Die samenbürtige Krankheit Anthraknose wird von dem Pilz Colletrotrichum lupinii hervorgerufen und gehört aufgrund der erheblichen Ertragseinbußen zu den wichtigsten Pilzerkrankungen der Weißen Lupine.