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Mit mehr Verlusten zu mehr Ertrag

„Dicke Nerven“ muss man haben, wenn man eine gute Ernte einfahren will. Wenn viele Landwirte, kaum dass der Tau abgetrocknet ist, auf den Mähdrescher steigen und zum Dreschen fahren, so sieht Dietrich Jänicke lieber noch einmal auf den Luftfeuchtemesser und wartet ab. Wenn er aber dann gegen halb zwölf losfährt, dann verlangt er seinem Mähdrescher alles ab. Seine Erfahrung ist: Auch wenn die Körnerverluste im Schwad etwas ansteigen, bleibt unterm Strich trotzdem mehr im Bunker. praxisnah hat den Landwirt nach seinem Konzept für die Ernteorganisation befragt.

Dietrich Jänicke (links) und Andreas Göbel von der SAATEN-UNION sind sich einig, dass die Fruchtfolge und die Wahl der Kulturen, Sorten und der Schläge langfristig geplant werden muss, damit die Ernte reibungslos vonstatten geht. Bildquelle: Sontheimer
Dietrich Jänicke (links) und Andreas Göbel von der SAATEN-UNION sind sich einig, dass die Fruchtfolge und die Wahl der Kulturen, Sorten und der Schläge langfristig geplant werden muss, damit die Ernte reibungslos vonstatten geht. Bildquelle: Sontheimer
Wer wie Dietrich Jänicke mit fast 600 Hektar Ackerland auf Eigenmechanisierung setzt, ist gezwungen, seine Fruchtfolge und Sortenwahl so zu gestalten, dass Arbeitsspitzen in der Aussaat und in der Ernte so weit als möglich entzerrt werden.

Der Agraringenieur aus dem mecklenburgischen Dörgelin setzt dabei Schwerpunkte: „Wir haben seit 15 Jahren ein stabiles Anbauverhältnis mit 25 Prozent Raps, 2 Prozent Zuckerrüben, 5 Prozent Leguminosen, 35 Prozent Weizen, 23 Prozent Wintergerste und 10 Prozent Hafer. Neben dieser relativ breiten Fruchtfolge – der Raps steht höchstens alle vier Jahre – staffeln wir die Ernte durch die Auswahl früher und später Sorten. Hohen Wert lege ich auch auf gesunde Sorten, die gut dreschbar in die Ernte gehen. So ist es uns auch in schwierigen Jahren fast immer möglich, jede Sorte in ihrem optimalen Erntefenster unter optimalen inneren und äußeren Bedingungen zu dreschen.“

Optimierung von Mähdrescherleistung zu Druschverlusten: Landwirt Dietrich Jänicke aus Dörgelin kontrolliert mittels einer Prüfschale mit einer automatischen Abwurfvorrichtung die Verluste.
Optimierung von Mähdrescherleistung zu Druschverlusten: Landwirt Dietrich Jänicke aus Dörgelin kontrolliert mittels einer Prüfschale mit einer automatischen Abwurfvorrichtung die Verluste.
Ernteerfolg durch langfristige Planung
Was so einfach klingt, ist das Ergebnis einiger Kopfarbeit und gleicht sozusagen einer dreidimensionalen Planungstabelle, die aus der Kultur mit ihrer Stellung in der Fruchtfolge, der Sorte mit ihrem jeweiligen Reifeverhalten und dem Schlag mit seiner Erreichbarkeit und Vernetzung zu anderen Schlägen steht. Pegassos zum Beispiel ist eher frühreif, Tommi und Akratos mittel und die Sorte HyBnos reift fünf Tage später, so dass ein gewisser Spielraum bei der Ernte entsteht.

„Die Gesundheit ist für mich eines der Hauptentscheidungskriterien“, berichtet Jänicke, denn entscheidend ist nicht der maximale Ertrag, sondern ein möglichst hoher Ertrag mit möglichst geringen Kosten. Deswegen setzt der Ackerbauer auf gesunde Sorten wie bei Weizen zum Beispiel Akratos und Tommi mit hoher Resistenz gegen Septoria und Mehltau im späteren Blattbereich, so dass der Aufwand im Pflanzenschutz deutlich verringert werden kann. Bei Raps setzt der Betrieb auf bewährte Sorten wie Talent und Trabant aus dem Rapool-Sortiment. „Wir haben 80 Prozent Hybridraps-Sorten im Anbau, weil die sich von der Robustheit her für unseren Standort besser eignen,“ argumentiert der Betriebsleiter.

Anschließend justiert Dietrich Jänicke die elektronische Anzeige nach.
Anschließend justiert Dietrich Jänicke die elektronische Anzeige nach.
Hohe Stickstoffeffizienz neuer Sorten
Auch achtet der Landwirt sorgfältig darauf, dass er kein Lager im Bestand bekommt, weil das die Ernte enorm erschwert. Die Düngung fällt mit 200 kg N pro Hektar eher moderat aus und soll in Zukunft durch neue Sorten mit hoher Stickstoffeffizienz, wie sie Akratos mitbringt, noch verringert werden. Die Standfestigkeit sichert Jänicke zudem noch mit Wachstumsreglern ab.

Jänicke begleitet jede Sorte von der Aussaat bis zur Ernte individuell für sich. Die Wahl fällt häufig auf großkörnige Sorten, bei denen nachher Fingerspitzengefühl beim Dreschen gefordert ist, damit der Bruchkornanteil nicht zu hoch wird. Bei der Wintergerste hat Dietrich Jänicke sich seit etlichen Jahren auf die zweizeiligen Sorten spezialisiert, Finita und Annicka sind hier seine beiden Zugpferde. Jänicke hierzu: „Bei den zweizeiligen Sorten ist die Kornsortierung gleichmäßiger und der Mähdrescher kann besser darauf eingestellt werden. So haben wir eine höhere Hektarleistung ohne größere Verluste.“

Neben den pflanzenbaulichen Maßnahmen ist der Mähdrescher samt Fahrer ein entscheidender Faktor für den Kornertrag. Denn der schönste Bestand nützt nichts, wenn die Ernte nicht läuft und die Verluste, Stehzeiten oder Trocknungskosten über Gebühr ansteigen.

Verlust ist nicht gleich Verlust
Gerade bei den Verlusten müssen viele Betriebe noch umdenken, denn oft werden die „versteckten Verluste“ zuwenig beachtet und das Augenmerk wird nur auf den sichtbaren Verlust im Schwad gelegt. Dietrich Jänicke: „Viele Fahrer verlassen sich auf die elektronische Verlustanzeige des Mähdreschers und drosseln die Fahrt, wenn mehr als 0,5 Prozent Verlust im Schwad angezeigt werden. Das ist nicht richtig. Ich habe mir eine Prüfschale mit einer automatischen Abwurfvorrichtung konstruiert. So kontrolliere ich quasi manuell nach und justiere die elektronische Anzeige. Ich akzeptiere ein Prozent Verlust im Schwad, habe aber dadurch, dass ich den Mähdrescher an die Leistungsgrenze heranfahren kann, insgesamt geringere Verluste bei höherer Schlagkraft.“

Leistungsvermögen des Dreschers ausnutzen
Dietrich Jänicke und seine zwei Mitarbeiter erhöhen mit ihrer angepassten Fahrweise den Durchsatz an Stroh und damit den Schutz des Korns in der Trommel und verringern die Verluste durch Bruchkorn und Mehlstaub. Denn „wer sich ohne Kontrolle auf die Verlustanzeige verlässt und versucht, die Verluste im Schwad zu minimieren, fährt gleichsam den Mähdrescher mit angezogener Handbremse“, beschreibt Dietrich Jänicke das Dilemma.

Eine weiteres Ernteziel auf dem Betrieb Jänicke ist es, die beste Mähdruschzeit des Tages, nämlich die trockenen Mittagsstunden maximal zu nutzen, um so Nachtrocknungskosten für das Getreide zu vermeiden. Außerdem minimiert Betriebsleiter Jänicke die Leerzeiten des Mähdreschers durch die günstige Anordnung der Schläge und durch das strikte Umladen
während der Fahrt. Hierzu hat er sich einen Überladewagen gekauft, weil er so durch das konsequente Parallelabfahren die Mähdrescherleistung konstant hoch halten kann und auch mit der Spedition transportieren kann.

„In der Ernte muss alles auf diese eine teure Maschine Mähdrescher abgestimmt sein. Bei vielen ist der Abtransport des Korns eine entscheidende Schwachstelle,“ erläutert Jänicke und fährt fort: „Als wir uns 1991 gleich acht Hänger gekauft haben, haben viele gelächelt. Doch wenn man sich klarmacht, dass Stehzeiten des Mähdreschers bis zu zwei Hektar Druschleistung am Tag kosten können, ist das auch ein teurer Spaß. Unser Mähdrescher fuhr jetzt über 15 Jahre mit einer Druschleistung von rund 400 Hektar pro Jahr und die Stehzeiten können wir an einer Hand ablesen. So entsteht aus dem Drehen an kleinen Kostenschräubchen im Laufe der Zeit eine große Kostenersparnis“.

Fazit
Die Ernteoptimierungsstrategie von Dietrich Jänicke lässt sich in vier Hauptpunkte zusammenfassen: Eine weite Fruchtfolge, die günstige Anordnung der Kulturen auf den Schläge im Hinblick auf die Ernte, eine Sortenstaffelung innerhalb der Kultur und die Optimierung der Mähdrescherleistung durch das Justieren der elektronischen Verlustanzeige mit einer Prüfschale. So schafft es Dietrich Jänicke mit einer hohen Eigenmechanisierung und Eigenleistung seine Ernte verlust- und kostenarm einzubringen.

Angelika Sontheimer

Stand: 01.04.2006