Welchen Stellenwert hat der Hybridweizen in Ihrer Fruchtfolge?
Diegel: Seit zehn Jahren hat der Hybridweizen einen festen Platz in meinem Anbaukonzept. Auf überwiegend guten Flächen um die 60 Bodenpunkte ernte ich von diesen Flächen zwischen 105 und 115 dt/ha. Damit liege ich 5-15dt/ha über den klassischen Weizensorten. Die Mehrerträge sind für die Rentabilität aber auch notwendig. In dieser Saison teste ich Hybridweizen erstmals auch auf schwächeren Standorten, um zu sehen, welche Erträge dort zu erzielen sind.
unseren Gesprächspartnern:
Helmuth Diegel,
Cornberg (Hessen)
Claus-Dieter Blömer,
Dinklage (Nds)
Andreas Schotte,
Dülmen (NRW)
Andre Erdbrügge,
Dülmen (NRW)
Matthias Wickenhagen, AG eG Hainleite,
Westerengel (Thüringen)
Jörg Schneider,
Abtei Bäuerliche Aktiengesellschaft,
Rauschwitz (Thüringen)
Hans Joachim Roth,
Roth/Thiele GbR, Hohenbergen
(Thüringen)
Wickenhagen: Auch auf unserem Betrieb behalten wir gute Standorte mit ausreichender Wasserversorgung dem Hybridweizen vor, weil wir nur dort Erträge über 100dt/ha erreichen können.
Blömer: Ich mache seit fünf Jahren mit der Sorte Hybnos besonders auf trockenen Standorten sehr gute Erfahrungen. Hybnos übersteht auch lange Trockenperioden ohne nennenswerte Ertragseinbußen. Selbst auf den leichtesten Böden mit nur 20 Bodenpunkten bringt er immer noch 60-65dt/ha oder mehr. Und um diese Erträge muss ich nicht zittern, damit kann ich auch unter extremen Witterungsbedingungen rechnen.
Erdbrügge: Wir haben ähnliche Erfahrungen gemacht. Auch auf sehr wasserdurchlässigen Böden mit Bodenpunkten unter 45 überrascht mich die Ertragssicherheit immer wieder aufs Neue. Hybnos bringt mir im Schnitt der Jahre 90dt/ha – und das auf Standorten, die für ei?nen normalen Weizenanbau absolut ungeeignet sind.
Schotte: Die Erfahrungen meines Nachbarn Andre Erdbrügge hatten mich wirklich überzeugt. Ich bin deshalb vor zwei Jahren komplett auf Hybridweizen umgestiegen. Die 100dt-Grenze ist in greifbare Nähe gerückt. Das hat sich inzwischen weiter rumgesprochen: Rund um Dülmen findet man deshalb fast nur noch Hybridweizen.
Schneider: Tonige Böden mit Bodenpunkten zwischen 30-40, geringe und dazu ungünstig verteilte Niederschläge unter 500 ml – das sind die Standorte, mit denen wir zurecht kommen müssen. Wir sind angewiesen auf Pflanzen mit einem guten Wurzelwerk. So sind wir auch zum Hybridweizen gekommen, der bei uns meist als Stoppelweizen angebaut wird. Stoppelweizenerträge liegen erfahrungsgemäß 2-8 dt niedriger. Der Hybridweizen aber hat das Ertragspotenzial, auch als Stoppelweizen vergleichbare Erträge wie nach einer guten Vorfrucht zu bringen. Das macht ihn so sicher und interessant.
Roth: Hybridweizen besitzt auf unseren extremen Standorten eine hohe Attraktivität. In den Weizenmonokulturen bei Bodenbonitäten um die 40 Bodenpunkte ließ sich mit den Liniensorten die Ertragsgrenze von 50dt/ha nicht überschreiten. Mit dem Wechsel zum Hybridweizen konnten wir die Erträge auf stabile 60-65 dt/ha anheben. Nach 12 Jahren gaben wir dieses Anbausystem aber dennoch auf, weil der Gräserdruck, und damit die Herbizidkosten, überhand nahmen. In den jetzt dreigliedrigen Fruchtfolgen ist der Hybridweizen für bis zu 95 dt/ha gut. Auch im Jahr 2003 lag der Hybridweizenertrag sogar trotz oder gerade wegen der extremen Witterungsbedingungen mit 73dt/ha und erreichter A-Qualität um 10dt höher als bei den Liniensorten. Dieser Weizen schafft die Mehrerträge auch dann, wenn er als Stoppelweizen eine ungünstigere Stellung innerhalb der Fruchtfolge einnimmt. Inzwischen stehen auf etwa 25 Prozent unserer Ackerfläche die Sorten Hybnos1, Perceval und Hybred.
Wie beurteilen Sie die Qualitäten, die Sie mit Hybridweizen erzielen?
Diegel: Das ist das wirklich beeindruckende an diesem Weizen. Er hält die erwähnten Mehrerträge nicht nur unter schwierigen Bedingungen, sondern überzeugt auch stets mit guten Fallzahlen um die 250 und mit guten Proteinwerten. Solche Ergebnisse wirken nach. Jedes Jahr, wenn ich mir die Saatgutkosten vor Augen halte, denke ich: „Mache ich nie wieder, ist viel zu teuer.“ Sobald aber die Ernteergebnisse auf dem Tisch liegen, bestelle ich sofort neues Saatgut.
Schotte: Der Hybridweizen bringt mir verlässliche Top-Vermarktungsqualitäten, die gesamte Ernte geht deshalb ins Kraftfutterwerk. Auch mit Fusarien gab es bislang noch keine Probleme.
Roth: In Thüringen wird derzeit Brotweizen stark nachgefragt. Mit Hybridweizen erreiche ich bei entsprechender Bestandsführung die erforderlichen Qualitäten und Mengen.Hybridweizen stellt andere Ansprüche an die Aussaatstärke und den Saattermin. Wie gehen Sie hier vor?
Erdbrügge: Ich nutze die hohe Saatzeittoleranz der Hybridsorten und säe den Weizen mit 150Kö/ha frühestens Anfang Oktober. Meiner Erfahrung nach entwickeln sich die Bestände dann gesünder.
Blömer: Hybridweizen ist noch weitaus toleranter. Er steht in meiner Fruchtfolge nach dem Eisbergsalat. Ich kann also erst relativ spät Ende Oktober säen. Der Feldaufgang leidet nicht darunter und die Bestände gehen kräftig genug in den Winter.
Diegel: Etwas früher geht es bei uns los, etwa Mitte September bis spätestens 1.Oktober. Bedingt durch unsere Höhenlage benötigen wir auch eine etwas stärkere Aussaat von 170Kö/m2. Dann können wir mit 600 Trieben ausgangs Winter rechnen. Der Hybridweizen bestockt sich erfahrungsgemäß sehr gut, man muss ihm aber die dafür notwendige Zeit geben.
Wickenhagen: Unsere Devise lautet „früh und dünn säen“. Der 10.September ist unser Wunschtermin. Unter 150 Körner gehen wir nicht. Die Möglichkeit eines schlechten Feldaufgangs auf unseren schweren Böden, die wir im Herbst übrigens alle pfluglos bearbeiten, müssen wir im Auge behalten. Grundsätzlich stellt der Hybridweizen hohe Ansprüche an Bodenbearbeitung und Saattechnik. Die Pflanzen müssen die Chance erhalten, ihre enorme Bestockungskraft auszuspielen. Zehn ährentragende Halme wie in diesem Jahr sind dann möglich.
Schneider: Wir säen 150 Körner bis spätestens 22./23. September. Das Saatzeitfenster auf unseren Minutenböden ist sehr eng, der ideale Saatzeitpunkt nicht immer leicht einzuhalten. Beim Hybridweizen muss die Drilltechnik aber hundertprozentig stimmen, damit auch alle gesäten Körner auflaufen können.
Roth: Dünnsaaten stellen immer höhere Anforderungen an die Drilltechnik. Das Saatgut findet nur optimale Keimbedingungen vor, wenn Ablagetiefe, Ablagegenauigkeit und Rückverfestigung stimmen. Die Saatstärke wird von zwei Faktoren bestimmt. Damit ausreichend Körner auch unter trockenen Bedingungen auflaufen, gehe ich nie unter 140 Kö/m2. Aufgrund der Saatgutkosten sollten es aber auch nie mehr als 150 Körner sein. Meine 13-jährige Erfahrung mit Hybridweizen zeigt aber, dass man mit diesen Aussaatstärken optimale Bestände erreicht.
Gibt es Unterschiede beim Wachstumsverlauf zwischen Hybridweizen und Liniensorten?
Erdbrügge: Im ersten Anbaujahr hat mich der optische Zustand der Flächen etwas verunsichert, die lückigen Bestände sind durchaus gewöhnungsbedürftig. Der Bestand wächst dann aber doch wegen der vielen Bestockungstriebe sehr schnell zusammen. Was am Ende zählt, ist die Zahl der ährentragenden Halme. Die bringen den Ertrag.
Blömer: Man darf sich von der Optik bis zum Ährenschieben wirklich nicht verrückt machen lassen. Erst danach erkennt man das ganze Potenzial des Hybridweizens. Insgesamt macht er während des gesamten Vegetationsverlaufes einen sehr vitalen Eindruck.
Wickenhagen: Wir führen bei uns zudem noch eine mechanische Bestandsanregung durch, indem wir alle Flächen walzen.
Roth: Der Hybridweizen bildet ein sehr starkes Wurzelsystem aus. Vor allem auf trockenen Standorten bringt das Vorteile. Ein deutlicher Wachstumsschub ab dem Schossen bringt auch die Optik wieder ins Gleichgewicht. Über Qualitäten und Fallzahlen entscheiden dann die Witterungseinflüsse zum Erntezeitpunkt. Hier reagiert der Hybridweizen etwas empfindlicher als die Liniensorten.
Wie planen Sie Ihre Düngung, vor allem mit Blick auf Stickstoff?
Schotte: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Bestände auf eine strammere Führung sehr positiv reagieren. Ich bevorzuge deshalb eine kräftige Stickstoffstartgabe von 130kg N/ha über Kalkamonsalpeter und Mischgülle. Insgesamt dürfen es schon 40kg N/ha mehr sein als bei normalem Weizen.
Wickenhagen: Auch ich halte die kräftige N-Andüngung für notwendig, um alle Triebe hochzubringen. Aktuell haben wir in 2007 in einer ersten Gabe 25 cbm (ca. 70kgN) und zusammen mit der Unkrautbehandlung noch einmal 50 Liter AHL (ca. 16-18kg N) ausgebracht.
Diegel: Bei der N-Düngung darf nicht gespart werden, dies ist auch meine Erfahrung. In fünf Gaben bringe ich insgesamt 210kg N auf den Hektar. Bei P und K reichen in der Regel 60kg/ha aus. Alle Nährstoffe werden streng nach Bodenprobe berechnet. Zusätzlich düngen wir mindestens 20kgS, die Spurennährstoffe werden zusammen mit der Fungizidbehandlung ausgebracht.
Schneider: In Thüringen gibt es derzeit gute Vermarktungschancen für Brotweizen. Gefragt sind sichere B-Qualitäten für Grundmahlweizen mit Proteingehalten zwischen 12 und 12,5 Prozent. Diese Werte lassen sich über die Düngung gezielt ansteuern. Die Höhe der ersten, eher verhaltenen, N-Gabe richtet sich auch nach Anzahl der Triebe. Je weniger Triebe, desto stärker die Andüngung. Die 2. Gabe erfolgt mit 80-100kg N/ha ins Schossen, weil dann in der Regel ausreichend Feuchtigkeit zur Verfügung steht.
Welche weiteren Pflanzenschutzmaßnahmen erachten Sie für wichtig, vor allem auch hinsichtlich des zurückliegenden, milden Winters?
Erdbrügge: Unabhängig von der Witterung ist eine rechtzeitige CCC-Behandlung empfehlenswert. Auch diese Maßnahme fördert die Bestockung im Frühjahr. Strobilurine setze ich bewusst spät ein, etwa zum Zeitpunkt des Ährenschiebens, weil ich damit einen hervorragenden Greening-Effekt erziele.
Diegel: Hybridweizen muss hohe Leistungen erbringen, entsprechend muss man ihn mit entsprechenden Maßnahmen unterstützen. Eine Ährenabschlussbehandlung ist deshalb ein Muss.
Wickenhagen: Ich bin in diesem Frühjahr mit Wachstumsreglern etwas reduzierter in den Bestand gegangen und habe die Behandlung vor Ostern noch einmal wiederholt. Ansonsten müssen wir in diesem Jahr sehr wachsam sein. Ein Halmbruch- und Mehltaujahr ist zu befürchten.
Wir danken Ihnen für dieses interessante Gespräch.