Die vorvertragliche Absicherung der Verarbeitungsseite hielt sich bei den niedrigen Preisen in Grenzen, Instrumente der Planungssicherheit und Versorgungssicherung waren gefragt.
2007 stetig steigende Preise
Diese Situation hat sich jetzt grundlegend geändert. Einerseits ist das Interesse der Landwirtschaft an der staatlich geförderten Produktion von Energiepflanzen gestiegen. Andererseits wachsen die Qualitätsanforderungen an Braugerste: Rückstandshöchstmengenverordnung, strengere Regelungen bei Hygiene und Transport sind hier nur einige Stichwörter. Beides hat bereits für den Anbau 2007 zur Erhöhung der Vorvertragspreise für Braugerste auf 165,- € bis 170,- € geführt. Damals entsprach dieser Erzeugerpreis einem Hektaräquivalent von ca. 750,- €, was mit einer Energiepflanze oder auch einer Veredelungsfrucht gleichzusetzen war. Doch die Zurückhaltung der Landwirtschaft auch auf diesem Preisniveau war ein klares Signal: Die Landwirtschaft ist nicht bereit, Qualitätsbraugerste zum Äquivalenzpreis von Energiepflanzen zu produzieren.
Mit weiter sinkenden Anbauflächen für Sommergerste im Frühjahr 2007 und der langen Trockenperiode im Frühjahr bewegen sich die Notierungen für Sommergerste stetig
nach oben.
Heute werden für Qualitätsbraugerste bereits Erzeugerpreise von über 300,- €/t bezahlt. Landwirte, die Vorverträge abgeschlossen hatten und diese bedienen mussten, haben von den stark gestiegenen Preisen nur wenig profitiert.
Preisschwankungen erfordern neue Preismodelle
Aber auch die aufnehmende Hand, die Mälzereien und Brauereien stehen vor einem Braugerstenmarkt, der sich innerhalb weniger Monate grundlegend verändert hat. Stark schwankende Kurse an den Terminmärkten machen eine langfristige Planung oder gar Angebotsstellung unmöglich. So werden einerseits zu aktuellen Marktpreisen Deckungskäufe getätigt, andererseits müssen von den Handelshäusern und Mälzereien noch Verträge erfüllt und abgewickelt werden, die nicht annähernd den Wareneinsatz erlösen.
Daher ist es für die Beteiligten der Wertschöpfungskette Braugerste sehr schwer, einen Vorvertragspreis für den Braugerstenanbau 2008 zu nennen, welcher der Landwirtschaft ein klares Signal für das Bekenntnis zur Braugerstenproduktion gibt. Denn auch die Zusicherung eines Erzeugerpreises von beispielsweise 250,- €/t würde bei den Landwirten keine Euphorie zum Abschluss von Vorverträgen auslösen. Im Gegenteil! Der Handel und die Verarbeitungsindustrie werden sich auf ganz neue Marktbedingungen und Preismodelle einstellen müssen. Malz wird an die Brauer nur noch verkauft, wenn die dazu nötige Braugerste bereits beim Mälzer liegt. Oder aber ihm liegt ein verlässliches Lieferangebot zur Deckung des Verkaufes vor. Handelsunternehmen werden mit ihren Partnern in der Landwirtschaft über eine Grundsicherung zum Festpreis verhandeln und zusätzliche Ware marktgerecht nachdecken müssen.
Deckungsbeitrag auf Weizenniveau
Die deutsche Brauwirtschaft hat bei einem stagnierenden Bierausstoß von ca. 100 Millionen Hektoliter/Jahr einen Braugerstenbedarf von knapp 2 Millionen Tonnen/Jahr. Bierbrauen ist in Deutschland aufgrund des Reinheitsgebotes nur mit Braugerste möglich, die Bierproduktion sichert so einen kontinuierlichen Braugerstenbedarf. Dieser könnte wegen der regionalen Verwurzelung des Brauwesens auch nicht ohne weiteres über den Import gedeckt werden. Deshalb ist Qualitätsbraugerste verglichen mit anderen zur Veredlung produzierten Feldfrüchten auch zukünftig sicher abzusetzen.
Mit einem Deckungsbeitrag, der auf einem ähnlichen oder höheren Niveau der Vergleichskulturen wie zum Beispiel Weizen liegt, wird sich der Anbau von Braugerste sicherlich auch in den nächsten Jahren lohnen.
Mit der Umsetzung des züchterischen Fortschritts, der über die Sortenempfehlung des Berliner Programms aber auch der einzelnen Landesverbände für den Braugerstenanbau derzeit kommuniziert wird, stehen der Landwirtschaft ideale Voraussetzungen zur Verfügung, um mit Braugerste wieder wirtschaftlich erfolgreich zu sein.
Walter König