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„Fünf Prozent Stärke sind Können“

Etwa 200.000 ha Getreide jährlich finden bereits in den drei jetzt anlaufenden Bioethanolanlagen einen neuen Absatzmarkt. Sven Böse beschreibt am Beispiel Roggen, wie über die Sortenwahl und Anbautechnik die Stärkeausbeute zu verbessern ist.

Roggensorten für Bioethanol:

RASANT bringt als großkörnige, proteinarme Sorte die höchsten Erträge und gleichzeitig die besten Stärkegehalte aller Roggensorten. Die schwereren Ähren lohnen einen gezielten Wachstumsreglereinsatz, Fungizide dürfen dafür um ca. 30 % geringer dosiert werden als etwa bei Avanti. Der Einzelährentyp sollte ca. 20% stärker gedrillt werden, damit sinkt der Anteil spätblühender Nachschosser und damit auch die Mutterkorngefährdung.

FUGATO eignet sich als mittellange Sorte vorrangig für schwächere Standorte, FESTUS als kürzeste Sorte vor allem für stark N-nachliefernde Standorte, wo beste Standfestigkeit gefragt ist.

Auch im Hinblick auf ihre herausragende Blattgesundheit sind beide Sorten als Low-Input-Sorten anzusprechen. Die Stärkegehalte sind mittel bis hoch.

ASKARI und AVANTI sind überall dort interessant, wo alternativ auch die Verwertung als hochwertiger Brotroggen geplant ist, die Stärkegehalte sind durchschnittlich. ASKARI zeigte darüber hinaus in den mehrjährigen BBA-Versuchen den geringsten Mutterkornbefall und empfiehlt sich damit auch für eher feuchtkühle Standorte und solche mit geringer Roggen-Anbaudichte.

Weniger Ressourcen je Tankfüllung Biosprit
Zwar sind die Stärkegehalte des Roggens mit durchschnittlich 63 % i.TM. geringer als bei Weizen (ca. 66%) und Triticale (ca. 64%). Bis zu einem Standortpotenzial von etwa 80 dt/ha kann Roggen jedoch mit den geringsten Stückkosten produziert werden und ist damit häufig das lukrativste Bioethanolgetreide. Auch ist bei Roggen die Energiebilanz positiver als bei den anderen Getreidearten – etwa 60 – 100 l Erdöl spart allein die geringere N-Düngung, auch ist der Wasserverbrauch geringer.

Allein die Sortenwahl bringt 2 % Stärke mehr!
Der Stärkegehalt bestimmt maßgeblich die Alkoholausbeute und damit auch den Auszahlungspreis. Wird ein Prozentpunkt z.B. mit 0,20 €/dt honoriert, so entspricht dies bei 70 dt/ha und einem Erzeugerpreis von 9 €/dt einer Ertragsdifferenz von 1,5%. Am Beispiel der Sorte Rasant addiert sich so ein Mehrertrag von ca. 4 % und ein um etwa 2 % höherer Stärkegehalt auf einen Mehrerlös von 7% - bei sonst gleichen Voraussetzungen. 

Bestandesführung und Stärkegehalt
Alle Maßnahmen, die die Kornausbildung verbessern und den RP-Gehalt verringern, wirken sich positiv auf den Stärkegehalt und auch auf den Stärkeertrag aus, optimal sind Korndichten bis etwa 24.000 Körner/m2. Die SAATEN-UNION hat auf dem Hybro-Zuchtstandort in Wulfsode (Heide, 30 BP) geprüft, wie sich Düngung und Pflanzenschutz auswirken. Die Stärkegehalte und Proteingehalte wurden dabei jeweils nasschemisch in mehreren Wiederholungen untersucht.

Die Ergebnisse des Trockenjahres 2003 (Abb. 1):
Die 0-Variante hatte bei extrem dünnen Beständen zwar die beste Kornausbildung. Auf Grund des geringen Ertragsniveaus fehlte jedoch der Verdünnungseffekt für das Protein, der Stärkegehalt war nicht höher.
Die einmalige Aufdüngung auf 100 kg zu Beginn der Vegetation (Stufe 2) und auch die einmalige Behandlung (Stufe 3) steigerten dagegen den Stärkegehalt um bis zu 1,5 %. Die intensiv gedüngten und gespritzten Varianten konnten hingegen bei der „hitzigen“ Abreife 2003 die Stärkeeinlagerung nicht weiter verbessern und fielen im übrigen auch kostenbereinigt ab.

Abb.1: Einfluss der Anbautechnik auf Kornausbildung und Stärkeausbeute
Abb.1: Einfluss der Anbautechnik auf Kornausbildung und Stärkeausbeute
Anders im Hochertragsjahr 2004 (Tab. 1):
Durch die Frühjahrstrockenheit blieben die Bestände sehr dünn, die weitere Entwicklung begünstigte dann jedoch eine exzellente Einkörnung und Stärkeeinlagerung. Die Steigerung von der normalen zur hohen Düngung war weniger ertragswirksam als eine ährenbetontere Aufteilung (St.4)! Die Unterstützung der Kornfüllung durch die erste Behandlung brachte im Schnitt der Sorten 8 dt/ha Stärkeertrag, die zweite Behandlung war unter den Bedingungen des Jahres 2004 immerhin noch ca. 4 dt/ha und wäre damit bei geringen Roggenpreisen nicht wirtschaftlich.

Etwa 5 % Stärkegehalt sind „Können“ – das belegt die Bandbreite der Ergebnisse in Tab. 1. Der Stärkeertrag korrelierte in diesen Versuchen sehr eng – zu 95% – mit dem Kornertrag! Die drei Maxima von Stärkegehalt, Stärkeertrag und Gewinn wurden 2003 jeweils in Stufe 2, 2004 jeweils in Stufe 4 erzielt. Zwischen Qualität, Ertrag und Gewinn besteht also bei Bioethanolgetreide kein Zielkonflikt, anders als etwa bei Qualitätsweizen!

Tab.1: Einfluss der Anbautechnik auf die Stärkewerte und Geldrohertrag
Tab.1: Einfluss der Anbautechnik auf die Stärkewerte und Geldrohertrag
Empfehlungen zum Anbau 2005

  1. Eine hohe Andüngung (ca. 80 kgN/ha) ist in den meisten Jahren die beste Strategie. Schließen Sie die Düngungsmaßnahmen je nach Vegetationsverlauf bis EC 32 , spätestens EC 39, mit maximal 40 kg/ha ab, mehr und später begünstigt eher den Proteingehalt als den Stärkeertrag.
  2. Bei hoher Ertragserwartung, Befallsdruck und zeitigem Einsatz (letztes Blatt) lohnt gerade auch bei Bioethanolroggen ein leistungsfähiges Fungizid in ausreichender Dosierung – bis zur Ernte vergehen noch 3 Monate!
  3. Ethephon in EC 39-49 kann die Umlagerungsprozesse und damit die Stärkeinlagerung spürbar unterstützen. Moddus ist vorteilhafter im frühen Einsatz zur Stabilisierung sehr üppiger Bestände.
  4. Anders als bei Backroggen sind auswuchsbedingt höhere Zuckergehalte zwar für die Alkoholhausbeute kein Nachteil, der Stärkeabbau verringert jedoch Ihren Auszahlungspreis, dreschen Sie also gefährdete Partien rechtzeitig.


Sven Böse
Telefon: 0511 72666-251

Stand: 01.01.2005