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Der europäische, aber auch der internationale Braugerstenmarkt, ist durch zunehmende Konzentrationsprozesse gekennzeichnet. Nur noch wenige Mälzer und Brauer werden in der Zukunft den Markt bestimmen. Eine neue Herausforderung für den Züchter ist es daher, Sorten zu züchten, welche neben den von der Landwirtschaft und Verarbeitern gewünschten Eigenschaften auch über eine europaweite Anbaueignung verfügen.  

Die Sommergerstenzüchtung der Nordsaat Saatzucht GmbH und Saatzucht Dr. J. Ackermann & Co. basiert u. a. auf einem engmaschigen Prüfnetz in Deutschland. In den letzten 10 Jahren verstärkten die Züchter auch die Testung des genetischen Materials in Europa.

Von der „Miniparzelle“zur offiziellen Prüfung
Bereits junges Zuchtmaterial wird in Form von Mikroplots, das sind 1m2 große Beobachtungseinheiten, in Deutschland, Frankreich und Großbritannien geprüft. Anhand dieser „Miniparzellen“ können die Merkmale Ährenschieben, Gelbreife, Standfestigkeit und vor allem Resistenzeigenschaften erfasst werden. So ist es möglich, das Material unter den spezifischen Anbaubedingungen der jeweiligen Umwelt einzuschätzen. Ein Jahr später erfolgen dann, zusätzlich zu sechs Orten in Deutschland, erste Ertragsprüfungen in vier Ländern Europas. Stämme, die sich ertragsstark und -stabil zeigten, werden intensiv in Kleinmälzungsanalysen am Standort Böhnshausen der Nordsaat untersucht, um sichere Aussagen über deren Malzqualität treffen zu können. Die Gesamtheit aller Ergebnisse ermöglicht dem Züchter, Stämme zu selektieren, welche unter den verschiedenen klimatischen Bedingungen hohe Erträge bringen, resistent bzw. tolerant gegen die wichtigsten Krankheiten und qualitativ ohne Tadel sind. Prüfungen in den jeweiligen offiziellen Versuchen der einzelnen Länder und die Zulassungen schließen sich in den folgenden Jahren an.

Keine „Eintagsfliegen“
Dass dieses Konzept zum Erfolg führen kann, ist mit der europaweiten Zulassung der Braugerstensorte ANNABELL bereits bewiesen. ANNABELL zeigte unter unterschiedlichen Klimabedingungen eine außerordentliche Ertragsstabilität: Irland 107%, Dänemark 106%, Schweden 105%, Ungarn 108%, Deutschland 104% und Polen 105% (amtliche Ergebnisse 2000)! Keine „Eintagsfliege“, denn mit den Sorten URSA und AURIGA wurden drei Jahre später zwei weitere Spitzenprodukte für den Braugerstenmarkt zugelassen. Insbesondere URSA vereint beste Werte im Bereich der Agronomie mit sehr guter Blattgesundheit und ausgewogener, „runder“ Qualität im Komplex der Malz- und Braueigenschaften. Sie belegte Platz 1 unter den Braugersten in den Landessortenversuchen der Jahre 2002, 2003 und 2004! 

Neue Entwicklungen aus dem Hause Nordsaat versprechen derzeit ähnliche Chancen einer europaweiten Zulassung. Die Sorte XANADU, welche sich durch höchste Werte in verschiedenen Merkmalen der Malzqualität auszeichnet, ist bereits in Deutschland, Österreich und Frankreich (hier mit der bestmöglichen Einstufung in der Qualität) zugelassen und stand zur Ernte 2004 in weiteren acht Ländern Europas in offizieller Prüfung (Abb.1). Auch die jüngere Sortengeneration, die Stämme BEATRIX und VIVENDI, stehen bereits jetzt schon in vielen Ländern in der offiziellen Prüfung.

Der Weg zur erfolgreichen Braugerste ist nach der Zulassung jedoch noch nicht endgültig geebnet. Erst die Akzeptanz der Malz- und Brauindustrie ermöglichen einer Braugerstensorte die Eroberung von Marktanteilen. Darum befinden sich die Züchterhäuser und die SAATEN-UNION im engen Kontakt und Diskussion mit der verarbeitenden Industrie.

Dr. Lissy Kuntze, Nordsaat Saatzucht GmbH

Stand: 01.01.2005