Aktuelle Ausgabe 01/2024

Ausgaben

Sonderausgaben

Themen

Abonnement

Impressum

Datenschutzerklärung

Cookie-Einstellungen

Braugerste als Zweitfrucht im Juni?

Bereits Anfang Mai 2007 war abzusehen, dass die Getreideernte besonders in den Frühdruschregionen ca. 2-3 Wochen eher als üblich einsetzen wird. Dies rief einige experimentierfreudige Landwirte auf den Plan, es mit einem Zweitfruchtanbau mit Sommergerste zu versuchen.

Attraktive Erzeugerpreise und die Möglichkeit einer alternativen Nutzung als Ganzpflanzensilage begrenzten das Anbaurisiko. Fachberater Martin Munz berichtet über die Erfahrungen.

vlnr: Hubert Braun (Landwirt), Joachim Hauck (Ministerium), Alfred Kroiher (Durst Malz)
vlnr: Hubert Braun (Landwirt), Joachim Hauck (Ministerium), Alfred Kroiher (Durst Malz)
Praxisanbauten bis zu 50 ha
Während die meisten Landwirte den Zweitfruchtanbau mit Sommergerste auf kleineren Flächen riskierten, bestellte der Verwalter der Landwirtschaft des Gestüts Schlenderhan im Rhein-Erft-Kreis, Herr Kübbeler-Hecker, die Sommergerste nach der Wintergerste auf gleich 50 ha. Auf den einzelnen Schlägen konnten dann am 19. Oktober 2007 zwischen 30 und 40 dt/ha geerntet werden.
Bereits am 7. Oktober erntete der Landwirt Alexander Horn (Oberzeuzheim/Hadamar Landkreis Limburg-Weilburg Hessen) ebenfalls vier Tonnen bei einer Erntefeuchte von 17 %.
In Baden-Württemberg wagten in verschiedenen Regionen mehrere Landwirte den Schritt, um die Monatswende Juni/Juli Sommergerste auszudrillen.

So auch der Landwirt Hubert Braun aus Bretten-Büchig (Landkreis Karlsruhe), der nach der frühen Ernte seiner Winterbraugerste am 19. Juni 2007 in den darauf folgenden Tagen den Acker mit den Sorten Belana und Braemar erneut bestellte. Hubert Braun wurde bei diesem Praxisversuch von der Mälzerei Durst-Malz unterstützt, für die er seit Jahren neue Winter- und Sommerbraugersten testet. Zur Ernte am 11. Oktober hatte Durst-Malz Landwirte, Berater und den Handel eingeladen, um über die Zukunft des Braugerstenanbaus im Allgemeinen und die Möglichkeit eines Zweitfruchtanbaus zu diskutieren.

Braugerste nach Frühkartoffel
Eine vielversprechende Fruchtfolgevariante verfolgt Landwirt Ulrich Bernhard aus Ittlingen im Landkreis Heilbronn. Er pflanzt Frühkartoffeln z.T. unter Folie, die jedes Jahr frühzeitig das Feld räumen. Seine Flächen liegen im Wasserschutzgebiet; daher muss er den Reststickstoff vor Auswaschung schützen. Dies erfolgte in den vergangenen Jahren über den Anbau von Zwischenfrüchten. Am 25. Juni und 2. Juli des vergangenen Jahres drillte er mit einem Insektizid gebeizte Sommergerste. Aufgrund des massiven Läusedrucks 2007 erwies sich diese Maßnahme als besonders wirksam. Auf die Stickstoffdüngung wurde aufgrund der Stickstoffreserve der Vorfrucht verzichtet. Am 15. Oktober erntete Landwirt Bernhard im Schnitt 35 dt/ha bei 19 % Feuchte, einem Rohproteingehalt von 11,9 % und einem Vollgerstengehalt über 90 %.

Malwinta
Malwinta
Geringe Bestandesdichten, Krankheiten, Läuse und Mäuse begrenzten den Ertrag
Nicht alle Zweitfruchtversuche waren erfolgreich oder gar wirtschaftlich. Die Druschreife wurde nur in Regionen mit Weinbauklima sicher erreicht. Befriedigende Erträge sind nur mit erforderlichen Pflanzenschutzmaßnahmen möglich.
Sollten die Rahmenbedingungen wie hohe Marktpreise und eine frühe Ernte der Vorfrucht für einen nachfolgenden Braugerstenanbau sprechen, sind folgende Punkte zu beachten:

  • Beim Zweitfruchtanbau zählt jeder Tag. Daher sollte die Aussaat möglichst noch im Juni stattfinden und die Saatbettbedingungen hinsichtlich Qualität und Bodenfeuchte einen zügigen Feldaufgang erlauben. Bei der Sortenwahl sind Sorten mit frühem Ährenschieben und früher Reife von Vorteil.
  • Bei späteren Aussaaten und auf klimatisch weniger günstigen Standorten ist die Produktion von Biomasse durch den Anbau von frühen Maissorten oder Sorghum wirtschaftlicher.
  • Die Saatstärke muss deutlich auf ca. 500-600 Körner/m2 angehoben werden, da bei Sommeraussaaten kaum eine Bestockung stattfindet.
  • Eine sichere Ertragsbildung ist nur auf Standorten mit gutem Wasserhaltevermögen gewährleistet. Besteht die Möglichkeit der Beregnung kommen auch leichtere Böden in Frage.
  • Das Saatgut sollte mit Insektiziden gebeizt sein.
  • Beim Anbau von Sommergerste nach Wintergerste ist das Stroh abzufahren und eine Pflugfurche ratsam, um den stärker zu erwartenden Krankheitsdruck in den Griff zu bekommen.
  • Nach Frühkartoffeln kann die Bestellung pfluglos erfolgen. Der Krankheitsbefall muss genau kontrolliert werden, um rechtzeitig mit entsprechenden Maßnahmen reagieren zu können.

Ausblick
Ob der Zweitfruchtanbau über das Stadium von Praxisversuchen hinaus in geeigneten Regionen Bedeutung bekommt, bleibt abzuwarten. Weitere Erfahrungen müssen gesammelt werden. Trotz attraktiver Braugerstenpreise bevorzugen die Landwirte/innen momentan Wintergetreide. Um die Rohstoffversorgung für die Mälzereien sicherzustellen, muss die Option Winterbraugerste und Zweitfruchtanbau Sommergerste weiter verfolgt werden.

Martin Munz

 

Winterbraugerste richtig düngen!

Optimale Braugerstenqualität erzeugen Düngeempfehlung am Beispiel MALWINTA – weniger ist mehr.

Die Brauqualität ist entscheidend! Das größte Risiko für eine ausreichende Qualität ist ein zu hoher Rohproteingehalt. Das Ziel ist weniger als 11,5 %!

Gesamt N-Bedarf:
Um das höchstmögliche Ertragspotenzial mit niedrigem Eiweißgehalt zu erreichen, sind nur 100 kg N erforderlich. Das bedeutet einen um 40-60 kg geringeren Gesamt-N-Bedarf gegenüber der Produktion von Futtergerste.

Auf die N-Verteilung kommt es an!
Die Düngungsstrategie sollte so ausgerichtet sein, dass die Bestockung und Triebentwicklung gefördert werden: Optimal sind bei MALWINTA 850-950 Triebe/m2). Ein zu dichter Bestand erhöht das Lagerrisiko und mindert die Kornqualität. Malwinta ist standfest, daher ist bei der angegebenen Bestandesdichte und Düngungsstrategie kein Wachstumsregler notwendig. Malwinta erreicht auch den von den Mälzereien geforderten Vollgersteanteil von mindestens 90 % problemlos.

Vorsicht bei Trockenheit im Frühjahr!
Keine Spätdüngung durchführen. Durch Trockenheit leidet in erster Linie der Kornertrag. Was bei der Futtergerste noch ein paar Doppelzentner retten kann, wäre bei der Braugerste kontraproduktiv, da durch die Spätgabe in erster Linie der Rohproteingehalt erhöht wird.

Dr. Lászlo Cselenyi


 

Stand: 12.12.2006