Aktuelle Ausgabe 01/2024

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Stabile Ertragsreaktion notwendig

Nach jahrelangem Rückgang ist 2008 in Deutschland die Anbaufläche für Hafer wieder leicht gestiegen. Neben dem Wegfall der Flächenstilllegung ist dafür auch ein verstärkter heimischer Bedarf nach den zwei schwachen Erntejahren 2006 und 2007 verantwortlich. Auch die deutsche Nahrungsmittelindustrie meldet erstmals wieder einen Anstieg des Verbrauches von Haferflocken. Die Züchtung muss daher Hafersorten bereitstellen, die sichere Erträge mit sehr guter Kornqualität verbinden, um diesen wachsenden Haferbedarf befriedigen zu können.

Unsichere Versorgungslage trotz guter Preise
In den Jahren 2006 und 2007 wurde in Deutschland eine vergleichsweise niedrige Haferernte eingebracht. Gründe dafür waren geringe Ernteerträge bei zurückgehenden Anbauflächen. Zuletzt lag der Praxisertrag bei Hafer 1992 niedriger als 2007. Als Konsequenz stieg die Importmenge an Hafer von 94.400 t im Wirtschaftsjahr 2005/2006 auf 222.500 t im Wirtschaftsjahr 2007/2008.

Getreidepreise 2008
Getreidepreise 2008
Das bedeutet einen Anstieg der Importe um 136 % innerhalb von nur zwei Jahren! Der Selbstversorgungsgrad bei Hafer in Deutschland liegt somit aktuell nur noch bei 82 %. Trat Deutschland 2005 noch mit etwa 82.000 t als vergleichsweise großer Haferexporteur auf (weltweit Platz 6) ist unser Land durch die stark gestiegenen Importe mittlerweile der zweitgrößte Haferimporteur hinter den USA!
Haferrispe
Haferrispe
Ob Importe in jedem Jahr diese Versorgungslücke schließen können, ist unsicher. Gerade 2008 haben die Hafer exportierenden Länder in Skandinavien eine qualitativ und quantitativ relativ schwache Ernte erzielt. Dabei wird gerade Qualitätshafer gesucht und auch besser bezahlt als Futterhafer. Der Preisabstand betrug in den vergangenen beiden Wirtschaftsjahren 10 bis 20 €/t, wobei der Zuschlag für Qualitätshafer 2007/2008 bei insgesamt höherem Preisniveau angestiegen ist (Tab. 1). Das bedeutet bei einem Ertragsniveau von 60 dt/ha einen erzielbaren Erlösvorteil für Qualitätshafer von 60 bis 120 €/ha und kompensiert damit etwa 10 % Kornertrag. Es lohnt sich daher, Qualitätshafersorten anzubauen, denn jeder Qualitätshafer ist auch immer der bessere Futterhafer!

Haferanbau ist oft deplatziert ...
Der Haferanbau konzentriert sich in Deutschland allerdings oft in Regionen und auf Böden, die nicht für eine Qualitätshaferproduktion geeignet sind. Die kontinental geprägten Regionen Mecklenburg-Strelitz und Uecker-Randow sind von deutlich weniger Niederschlägen und häufigeren Trockenperioden geprägt. Auch das Auswinterungsrisiko und der Anteil leichter Böden mit einem niedrigeren Ertragspotenzial sind hier deutlich höher als z. B. in den küstenklimatisch bevorzugten Landkreisen Nord-West Mecklenburg und Rügen. Hafersorten müssen sich also heute in Deutschland in der Praxis vorrangig auf schwierigen, höchstens jedoch mittleren Anbaubedingungen beweisen und bei einem häufig niedrigen Ertragsniveau stabile Kornerträge und -qualitäten liefern. Trotz des somit geringeren Ertragspotenzials wird hier sehr viel mehr Hafer angebaut als in ertragsstarken Regionen wie Nord-West Mecklenburg und Rügen (s. Abb. 1).

Hafererträge 2003
Hafererträge 2003
... eine Herausforderung für Züchter
Die Nordsaat/Saatzucht Granskevitz hat daher die Landessortenversuche der Jahre 2005 bis 2007 mit Sommerhafer nach der regionalen Angepasstheit der Sorten an komplizierte oder weniger komplizierte Anbaubedingungen untersucht. Dazu wurden die absoluten Kornerträge der einzelnen Sortimente von mehr als 120 Versuchen in Deutschland sortiert und in schwächere, mittlere und bessere Orte unterteilt. Anschließend wurde die Leistungsfähigkeit ausgewählter Sorten in diesen drei Kategorien in Relation zu den jeweiligen Verrechnungssortimenten bestimmt (Abb. 2).
Erträge Hafer LSV 2005-2007
Erträge Hafer LSV 2005-2007

 Die einbezogenen fünf Hafersorten repräsentieren zusammen 75 % der Hafervermehrungsfläche 2008. Das Ertragsniveau der einzelnen Kategorien betrug dabei für die Sorte ARAGON 51,3 dt/ha (schwächere Orte), 66,5 dt/ha (mittlere Orte) bzw. 79,2 dt/ha (bessere Orte). Danach weisen unter den in Deutschland gegenwärtig meistvermehrten Hafersorten vor allem ARAGON, TYPHON und IVORY eine besondere Eignung für schwierige Anbaubedingungen auf. Alle drei Sorten verfügen über ein hohes bis sehr hohes Ertragspotenzial, eine zügige Jugendentwicklung, eine überdurchschnittlich frühe Reife und eine hohe, sichere Kornqualität (Abb. 3). 

Kornqualität 2005-2007
Kornqualität 2005-2007
Auch bei einem mittleren Ertragsniveau erreichen ARAGON und TYPHON neben der Futterhafersorte Dominik noch überdurchschnittliche Ertragsleistungen, während IVORY neben schwächeren und mittleren auch an bessere Anbaubedingungen vergleichsweise gut angepasst ist. Die in diese Bewertung eingeflossenen schwächeren und mittleren Ertragsstandorte lagen in den vergangenen drei Jahren vor allem auf den diluvialen Standorten Ostdeutschlands, der Geest in Schleswig-Holstein, den Sandböden und Höhenlagen in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, aber auch in Hessen, den thüringischen, sächsischen und bayerischen Höhenlagen sowie auf Lössstandorten in den ostdeutschen Bundesländern. Damit werden auch die wichtigsten Anbauräume von Sommerhafer in den genannten Bundesländern erfasst und ein sehr großer Anbauraum Deutschlands beschrieben.
 

LSV Aragon 2005-2007
LSV Aragon 2005-2007
Auf diesen Standorten fiel besonders die Sorte ARAGON durch eine außergewöhnliche Stabilität der Ertragsreaktion auf (Abb. 4). In allen drei Prüfjahren erzielte diese Sorte besonders auf den mittleren bis schwächeren Standorten der Landessortenversuche stabile Kornerträge, wobei besonders die Ertragsleistung im Trockenjahr 2006 überzeugend gut ist.

Im Frühjahr 2009 stehen daher auch den Haferanbauern auf mittleren und schwierigen Standorten sehr gut geprüfte, ertragstreue Hafersorten mit überzeugender Kornqualität für alle Anwendungsbereiche, insbesondere auch die Qualitätshaferproduktion, zur Verfügung.

 

Dr. Steffen Beuch

Stand: 17.12.2008