Aktuelle Ausgabe 01/2024

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Umweg Umwelt - Rechnen sich MEKA, PAULa & Co.?

Prämienzahlungen für Umweltleistungen werden von Pflanzenbauern argwöhnisch betrachtet. Schließlich sollen sie eine „extensivierte Produktion“ fördern und stellen bestehende Anbauverfahren in Frage. Dennoch: Als Investition der Steuerzahler in eine vielgestaltige, ressourcenschonende Produktion fließen sie langfristig kalkulierbarer als Preisausgleichszahlungen. Wer als Pflanzenbauer künftig Geld verdienen will, sollte professionellen Pflanzenbau intelligent mit den immer besser ausgestatteten Agrarumweltprogrammen verknüpfen. Das ist mit Bürokratie verbunden – aber auch mit Chancen!

Denn KULAP, MEKA, HIAP, PAULa und ähnliche Agrarumweltprogramme auf Länderebene wollen letztlich nichts anderes als verantwortungsbewusste Landwirte: den Erhalt der Bodenfruchtbarkeit, die Minimierung der Stoffausträge und eine energieeffiziente Produktion. Erreicht werden sollen diese Ziele u.a. durch:

  1. Der Anbau von Leguminosen, z.T. gekoppelt an erweiterte Fruchtfolgen
    Anliegen: Klimaschutz
  2. Die Winterbegrünung mit Zwischenfrüchten oder Untersaaten
    Anliegen: Wasserschutz
  3. Konservierende Bodenbearbeitung mittels Mulch- bzw. Direktsaaten
    Anliegen: Erosionsschutz

Einen Überblick über die Förderprogramme der Bundesländer zu diesen Maßnahmen gibt der Artikel "Förderungsmöglichkeiten erweiterter Fruchtfolgen mit Leguminosen oder Zwischenfrüchten im Rahmen von Agrarumweltmaßnahmen der Bundesländer". Diese dient nur der groben Orientierung, auch sind Förderprogramme ausschließlich für ökologisch wirtschaftende Betriebe nicht erfasst.

Gemeinsam ist allen Programmen ein Verpflichtungszeitraum von fünf Jahren. Die konkreten Fördervoraussetzungen hinsichtlich der Standorte („Gebietskulisse“) und detaillierte Durchführungsbestimmungen finden sich in den Richtlinien der Länder.

In diesem Beitrag werden die Förderungsprogramme für den Leguminosenanbau auf ihre Wirtschaftlichkeit hin überprüft, ein weiterer Beitrag widmet sich Agrarumweltmaßnahmen für Zwischenfrüchte und Untersaaten.

Klimaschutz mit Leguminosen
Dass zukünftig Leguminosen verstärkt gefördert werden, ist ihrer „Klimafreundlichkeit“ zu verdanken: Fruchtfolgen mit Leguminosen tragen nach Ergebnissen eines EU-Forschungsvorhabens 12 % weniger zur globalen Erwärmung bei als Getreidefruchtfolgen (UFOP). Das ist gut nachzuvollziehen: Ackerbohnen „assimilieren“ minus 4,1 kg Stickstoff je Dezitonne Korn (Erbsen 3,6 kg), hinzu kommen ca. 1,5 kg im Stroh, bei 60 dt/ha Ertrag insgesamt also 336 kg N/ha – ohne jegliche Stickstoffdüngung! Da jedes Kilogramm an eingespartem Stickstoff dem Energieäquivalent von einem Liter Erdöl entspricht, ist der Leguminosenanbau besonders energieeffizient. Hinzu kommt ein sehr hoher Vorfruchtwert.

Bis zu 220 €/ha Leguminosen-Prämie ab 2010
Kalkuliert man Futterweizen mit 12,00 €/dt und Sojaextraktionsschrot mit 33 €/dt, liegt der Futterwert von Bohnen und Erbsen gegenwärtig bei etwa 18 €/dt. Als Marktfrucht werden beide Früchte jedoch kaum besser als proteinreicher Weizen bezahlt, bisher gibt es keine funktionierende Vermarktungskette von der Erfassung bis zur Verwertung.

Wird die Ernte nicht selbst verwertet, liegt die Marktleistung der Ackerbohnen und Körnererbsen gegenwärtig etwa 500 €/ha unter Körnerraps und Weizen. Trotz der 220–290 €/ha geringeren Erzeugungskosten beträgt die Differenz immer noch im Mittel ca. 150 €/ha (Tab. 1).

Wirtschaftlichkeit Fruchtarten
Wirtschaftlichkeit Fruchtarten

Auf Bundesebene wurde deshalb beschlossen, den „klimaschonenden Anbau von Körnerleguminosen“ ab 2010 mit jährlich 220 Euro je Hektar zu fördern. Gegenwärtig ist abzusehen, dass Thüringen und das Saarland diesen „PLANAK-Beschluss“ voll umsetzen, Baden-Württemberg immerhin mit 150 €/ha. Damit geht die Rechnung auf: Nach der Kalkulation in Tab. 2 liegt die prämien- und fruchtfolgekorrigierte Leistung auf dem Niveau der konkurrierenden Blattfrucht Körnerraps. Leguminosen sind damit in den angesprochenen Bundesländern hoch wettbewerbsfähig, die höheren Ertragsschwankungen werden ökonomisch durch den höheren Prämienanteil wirtschaftlich abgemildert. 

Noch interessanter? Förderprogramme für erweiterte Fruchtfolgen
In Bayern und Nordrhein-Westfalen gibt es für erweiterte Fruchtfolgen mit mindestens 5 bzw. 7 % Leguminosen Zuwendungen von 100 bzw. 65 €/ha – und zwar auf die gesamte Ackerfläche. Was bedeutet das für einen 100 ha Betrieb in Nordrhein-Westfalen?

Für maximale Deckungsbeiträge bestellte dieser bisher 50 % seiner Ackerfläche mit Winterweizen, auf jeweils 25 % standen Körnermais und Körnerraps. Für die kommende Aussaat stellt er 7 % seiner Ackerfläche auf Körnererbsen um, eine ideale Vorfrucht für den stickstoffzehrenden Körnerraps. Die Auflagen sehen überdies vor, dass keine Fruchtart mehr als 30 % der Anbaufläche einnehmen darf. Also werden 13 ha Winterweizen durch Wintergerste ersetzt, ebenfalls eine ideale Vorfrucht für den Körnerraps.

Das Ergebnis (Tab. 2): Die kostenkorrigierte Marktleistung seiner Fruchtfolge sinkt um 1.930 €, dieser Nachteil wird jedoch bereits beinahe mit dem höheren Fruchtfolgewert1 kompensiert. Aus dem Programm „Vielfältige Fruchtfolgen“ werden ihm zusätzlich 6.500 € überwiesen, sein Betriebsgewinn steigt damit um 3246 €/ha.

Auswirkung der Förderung auf erweiterte fruchtfolgen
Auswirkung der Förderung auf erweiterte fruchtfolgen

Noch größer ist der Mehrgewinn in Bayern: Bei 100 €/ha Fruchtfolgeprämie und 5 % Leguminosenanteil ergibt sich bei sonst gleicher Kalkulation sogar ein Mehrgewinn  von über 6700 €.Für viele Betriebe ist diese Fördermaßnahme also noch interessanter als hektarbezogene Prämien bezogen auf die Leguminosenfläche. Wo sich 5 bzw. 7 % Leguminosen (in NRW auch Gemenge!) problemlos in der Fruchtfolge integrieren lassen, die übrigen mindestens vier Früchte zwischen 10 und 30 % der Anbaufläche einnehmen und der Getreideanteil insgesamt 66 % nicht übersteigt, winkt die Prämie.

Schwieriger wird die Erweiterung enger Fruchtfolgen dort, wo es auf wenige Arbeitsgänge ankommt, etwa in weiter entfernten Betriebsteilen. Auch flächenknappe Biogas-Betriebe in wüchsigen Lagen mit hohen Flächennutzungskosten werden kaum auf hohe Silomais-Anteile verzichten können.

Biogas-Betriebe in kühleren Lagen könnten jedoch einen Teil ihrer Biomasse auf Getreide-GPS oder Energierüben umstellen, Trockenlagen auf Sorghum. In Süddeutschland sind viele Körnermaisbetriebe wegen des Maiswurzelbohrers zu weiteren Fruchtfolgen gezwungen. Dort kann die Fruchtfolgeprämie wirtschaftliche Verluste ausgleichen. Das gleiche gilt auch für Betriebe mit Vergrasungsproblemen: Sommerungen wirken dort geradezu als Befreiungsschlag – auch ohne Umweltprämie!

 

Fazit: Geld liegt nicht auf der Straße
… jedoch in den immer großzügiger ausgestatteten Fördertöpfen der Agrarstrukturprogramme. Klimaschonend produziertes Eiweißfutter „ohne Gentechnik“ von heimischen Äckern wird angeblich von vielen Verbrauchern gefordert! Dabei stehen gerade noch 50.000 ha Grobleguminosen auf Deutschlands Feldern, überwiegend in ökologisch wirtschaftenden Betrieben!

Förderprogramme für Leguminosen könnten die Situation wenden: Mit zunehmendem Anbau könnten sich effiziente Vermarktungswege entwickeln, die Erlöse entsprechend dem Futterwert steigen, der züchterische Fortschritt stimuliert, die Produktonstechnik optimiert. So war es bei der massiven „Anschubfinanzierung“ für die Öl- und Eiweißpflanze Körnerraps, so ist es bei Energiepflanzen, so könnte es sein im Hinblick auf energiesparende Fruchtfolgen. Über den Umweg Umwelt tragen Agrarumweltmaßnahmen dazu bei, die Vorteile erweiterter Fruchtfolgen ohne Einkommensverluste wahrzunehmen.

Sven Böse

 

1) Fruchtfolgeeffekte sind betriebsspezifisch zu sehen. Hier wird mit 120 €/ha bei Raps und Weizen kalkuliert - resultuierend  aus 30 kg/ha geringerer Düngung und höherer Ertragsleistung des Winterweizens nach Körnerraps bzw. Körnererbse im Vergleich zur Selbstfolge. Die 60 €/ha Vorfruchtwert für Wintergerste sind für die höheren und sichereren Rapserträge angesetzt

Stand: 20.10.2009