Rüdiger Meyer, Geschäftsführer der Landwirtschaft Körner GmbH & Co. Betriebs. KG, war quasi fast von Anfang an dabei: Im extrem trockenen Frühjahr 2007 stieg der Thüringer mit 60 ha Sorghum als Zweitfrucht ein und hat diese Fläche bis heute etwa konstant gehalten.
Im Unternehmen hat die Biogasproduktion mit zwei Anlagen und 780 kW Gesamtleistung zwar eine bedeutende Stellung. Aber neben 550 Milchkühen (11.000 kg Durchschnittsleistung) samt Nachzucht, sowie 300 Sauen plus 7.200 Mastschweinen ist dies eben auch nur einer von drei Betriebszweigen. Die Fruchtfolgeplanung muss sich an der Optimierung der Fütterung für Milch- und „Stahlkuh“, für Nachzucht, Sauen und Ferkel gleichermaßen orientieren.
Auf 1.729 ha Ackerfläche werden ca. 300 ha Mais angebaut, 240 davon als Haupt- und 60 als Zweitfrucht nach Grünroggen. 60 ha Sorghum stehen nach Wintergersten-GPS, die Mitte Juni geerntet wird. Unmittelbar danach folgt die Sorghum-Aussaat. 2008 und 2007 in Einzelkornsaat (250.000 Kö./ha), 2009 mit einer Scheibendrille. Die Ernte dieser Zweitfrucht erfolgt in dem Zeitfenster vom 10.–15. Oktober.
Alles dabei: Von Euphorie bis Frust
„Bei Sorghum gab es in den letzten drei Jahren alles – von Euphorie bis Frust“, erläutert Meyer. Begonnen hat es 2007 mit Begeisterung, denn in dem trockenen Frühjahr bzw. Frühsommer konnte Sorghum gegenüber Mais punkten und da die Niederschlagsverteilung insgesamt ausreichte, wurden TM-Erträge von 89 dt/ha realisiert. Zusammen mit den 126 dt/ha der Wintergerste war diese Fruchtfolgekombination im betrieblichen Vergleich mit der Fruchtfolge Grünroggen/Maiszweitfrucht mehr als wirtschaftlich. „In dem Jahr passte die Niederschlagsverteilung und die Wärmesumme einfach optimal. Und obwohl ein Herbststurm die ganze Hirse ins Lager geschickt hat, haben wir noch diesen für einen solchen Standort hervorragenden Ertrag realisiert. Leider lief es 2008 und 2009 dann weniger optimal“, blickt der Geschäftsführer zurück.
Trockenheit zur falschen Zeit lässt auch Hirse einbrechen
2008 enttäuschte schon die Wintergerste witterungsbedingt „aber die mageren 65 dt TM/ha bei der Hirse taten richtig weh“. Woran lag’s? „An der Trockenheit im Juni in der Auflaufphase“, erläutert Meyer. „Das führte zu massiven Auflaufproblemen bei allen Sorten, die wir im Anbau hatten. Das wurde bis zum Oktober nicht mehr aufgeholt.“ Dass die gestörte Auflaufphase der Hauptgrund sein muss, da ist er sicher, denn: „Im Vergleich dazu entwickelte sich Sorghum, der im Mais in Rabenfraß-Fehlstellen im Mai nachgesät worden war, hervorragend.“
Und wie lief es 2009?
Nach Meinung von Rüdiger Meyer war auch dieses Jahr suboptimal. Zwar konnten bei der Vorfrucht Wintergersten-GPS wieder erfreuliche 124 dt/ha geerntet werden, aber Sorghum sieht in diesem Jahr wieder schlecht aus.
2009 hatte es sehr wohl genug geregnet, „aber diesmal war es nach der Bestockung schlicht zu kalt. Das Längenwachstum verlief daher massiv verzögert. Auch das war wieder über alle Sorten zu beobachten.“
Der Mais, der als Zwischenfrucht etwas früher gedrillt worden war, hatte diese Probleme nur an wenigen Standorten und brachte 2009 erneut im direkten Vergleich die besseren Leistungen. Beides – Sorghum und Mais – sind zwar C4-Pflanzen, aber in der Praxis zeigt sich immer wieder, dass Sorghum einen deutlich höheren Anspruch an die Temperatursumme hat.
Leistung in der Biogasanlage
Und wie verhält sich Sorghum in der Biogasanlage?
„Ernte, Silagequalität und Leistung in der Anlage – das ist nach unseren Erfahrungen alles o.k., wobei wir hier keinen aussagekräftigen unmittelbaren Vergleich zu Mais haben, weil in der Regel beides zusammen zugeführt wird. Wenn man aber nur Hirse verwendet, muss man die anderen Substrate den veränderten Inhaltsstoffen anpassen. Will heißen: Mehr Getreide als bei Mais“, so sind die Erfahrungen. „Wir haben zudem den – subjektiven – Eindruck, dass die Gasausbeute älterer Sorghum-Silagen besser ist.
Allerdings rät Meyer allen Biogasanlagenbetreibern zu Substratanalysen: „Ohne Analysen der Komponenten ist eine effektive Fütterung der Anlage nicht möglich!“
Sorghum als Rinderfutter
Diese Analysen braucht er aber nicht nur zur optimalen Bestückung der Anlage, sondern auch für die Tierfütterung. Rüdiger Meyer setzt Sorghum auch in der Rinderfütterung erfolgreich ein.
„Sorghumsilage ist eine hervorragende Alternative zur Anwelksilage. Sie enthält wenig Stärke und Zucker, so dass die Tiere nicht verfetten und nicht zu viel Energie bekommen. Sie wird sehr gerne gefressen und die Silage hat eine sehr gute Qualität. Wir füttern sowohl ganz junge als auch ältere Silage und haben in den drei Jahren noch nie irgendwelche Probleme mit den Tieren gehabt.“ Hinzu kommen betriebliche Vorteile: „Da Gersten-GPS in der Fütterung eine tragende Rolle spielt, passt die Kombination Hirse/Gersten-GPS sehr gut in meine Betriebsstruktur. Zusammen mit der seit vielen Jahren im Betrieb etablierten Kombination von Grünroggen und Zweitfruchtmais haben wir eine hohe Flexibilität und Arbeitsspitzen werden entzerrt.“
Unterm Strich: eher positiv
„Sorghum ist eine Kultur mit starken Ertragsschwankungen. Es sollten nur diejenigen den Anbau von Sorghum in Erwägung ziehen, die in wärmeren Regionen mit Sommertrockenheit produzieren. Nur hier ist Sorghum konkurrenzfähig zu Mais”, rät Meyer.
Auch seine Erfahrungen machen deutlich: Aufgrund ihrer Biologie ist Hirse sehr trockenresistent und verträgt niederschlagslose Zeiträume besser als Mais. In den empfindlichen Entwicklungsperioden – Auflaufen und frühe Jugend – reagiert aber selbst diese Kultur mit deutlichen Ertragseinbußen auf zu wenig Wasser. Auch unzureichende Temperatursummen können sich sehr stark auf die Leistung auswirken. „In guten Maisjahren kann Sorghum einfach mit Mais nicht mithalten“, lautet sein Urteil. Trotzdem ist das Fazit insgesamt eher positiv: „Bei uns fließen auch andere Faktoren in die Rechnung mit ein: Die hervorragende Qualität der Silage für die Jungrinderfütterung, arbeitswirtschaftliche Aspekte sowie die Tatsache, dass Sorghum im Juni noch effektiv Gülle nutzen kann. Für uns ist diese Kultur damit trotz der unsicheren Ertragslage betrieblich sehr interessant. Wir bauen auch 2010 wieder 60 Hektar als Zweitfrucht hinter Gersten-Ganzpflanzensilage an – weil das wirklich gut passt.“
Das Gespräch führte Dr. Anke Boenisch