Eine weitere Tagung mit süddeutschen Ökoberatern fand auf dem SAATEN-UNION-Versuchsbetrieb in Moosburg statt.
Weil die vorrangigen Zuchtziele der SAATEN-UNION-Züchter – Pflanzengesundheit, Nährstoffeffizienz und Ertragssicherheit – bestens mit den Grundsätzen des ökologischen Landbaus harmonieren, haben die Sorten des Unternehmens seit jeher einen guten Ruf im Bioanbau.
Bei der Besichtigung der Zuchtgärten – Schwerpunkt waren Sommer- und Winterackerbohnen, Sommer- und Winterkörnererbsen sowie Gräser – war ein großes Interesse an der Arbeit der jeweils anderen Gruppierung zu spüren.
Auch bei den Anbauverfahren gab es Synergieeffekte. So wurde diskutiert, die Gräserunterrückung in Wintererbsen mittels Gelbsenf zu unterstützen, der im Verlauf des Winters sicher abfriert. Auch bei den anderen Fruchtarten gab es Überraschungen. Hybridweizen standen beispielsweise eigentlich gar nicht auf dem Besichtigungsprogramm, stießen jedoch bei den Besuchern auf reges Interesse. „Mir war völlig neu, dass Hybridweizen für den Ökolandbau von Interesse sein könnten", äußerte sich der SU-Fachberater Sven Böse überrascht. So erfuhren er und seine Kollegen, dass der Einsatz der leistungsstärkeren und -stabileren Hybriden außer bei Mais (!) im Ökolandbau zwar noch kontrovers diskutiert würde, nach überwiegender Meinung der Ökoberater aber wohl mittelfristig kein Weg daran vorbeiführen werde.
Halbzwerg-Genetik weniger geeignet!
In der Abschlussdiskussion wurde auch deutlich, dass Sorten im ökologischen Anbau andere Verarbeitungsqualitäten liefern als unter konventionellen Bedingungen. So stellte Hans-Joachim von Klitzing, Öko-Korn-Nord e.V., heraus, dass geeignete Qualitätsweizenpartien auch mit niedrigem Proteingehalt in der Regel im Ökoanbau hervorragende Backqualitäten lieferten. Ökologisch produzierte C-Sorten anderseits taugten häufig nicht als Futterweizen. Zu erklären sei dies mit der im Futterweizensegment vorherrschenden Halbzwerg-Genetik, die weniger für extensive Anbaubedingungen geeignet ist.
Resistenz gegen Flugbrand und Streifenkrankheit
Hafer werde zu einem erheblichen Teil vom ökologischen Landbau nachgefragt, so Dr. Steffen Beuch, der verantwortliche Züchter der Nordsaat Saatzucht GmbH (Abbildung). „Die Bedeutung des Hafers als Futtermittel sinkt, wogegen der Einsatz im Lebensmittelbereich gestiegen ist. Die heimischen Mühlen decken einen erheblichen Teil ihres Bedarfs durch Importe aus dem nordeuropäischen Ausland." Dies ist sicher auch ein Grund dafür, dass sich die Nordsaat-Züchtung auf die Entwicklung ökostabiler Qualitätshafer für ganz Europa spezialisiert hat. Darüber hinaus werden von Züchterseite produktionstechnische Versuche zu Fragestellungen durchgeführt, die auch Ökobetriebe interessieren: Als Beispiel nannte Beuch die Eignung von Kurzhafer als Stützfrucht für Erbsen. Für die vor allem für den ökologischen Anbau wichtigen Haferkrankheiten stünden Resistenzen und Toleranzen zur Verfügung, das gelte auch für Flugbrand und Streifenkrankheit.
Mehr Sortenversuche auf Ökostandorten
An diesem Punkt schwenkte die Diskussion dann zu der eingangs gestellten Frage: Müssen nicht Versuche zum Ökoanbau auf „richtigen" Ökostandorten durchgeführt werden, also nicht nur bei ökologisch orientierter Düngung und Pflanzenschutz? Denn die Kombination aus Bodenbearbeitung, Bodenbedingungen und Bestandesführung macht ja eben den Unterschied. Gerade der Faktor Boden unterscheidet sich in beiden Produktionsweisen immens. Dieser müsste, so die Meinung der Ökofachleute, bei allen Sortenversuchen ungleich stärker Berücksichtigung finden, als dies zur Zeit der Fall sei. Folkert Höfer, Öko-Korn-Nord e.V., dazu: „Wir Öko-Vermehrer orientieren uns natürlich an den Landessortenversuchen auf ökologischen Flächen. Aber es werden zu wenige Sorten geprüft. Wir sind daher oft auf ein mühsames Sich-Herantasten an geeignete Sorten angewiesen. Das kostet Zeit und Geld."
In einem Punkt war man sich einig: Es gibt zwar ausreichend genetische Variation in den Züchterhäusern. Da aber bei den Selektionen verständlicherweise aus ökonomischen Gründen immer auf die gefragten Sorteneigenschaften des Hauptmarktes geschaut wird, geht relativ viel dieser genetischen Bandbreite noch vor der Wertprüfung verloren.
Intensiv diskutiert wurde in diesem Beispiel die Frage der Selbstverträglichkeit des Leguminosenanbaus, die im Ökoanbau aufgrund der engeren Fruchtfolgestellung stärker gefordert sei. Dr. Olaf Sass, bei der NPZ für die Züchtung der Leguminosen verantwortlich, zeigte sich hier optimistisch: „Wenn klar ist, was die Pflanzen im Ökoanbau konkret an besonderen Eigenschaften mitbringen müssen, kann man diese natürlich auch bei den Selektionen besser berücksichtigen."
Es werden weitere Gespräche notwendig sein, um die Bedürfnisse und Machbarkeiten der Sortenentwicklung für den Ökoanbau zu klären, hier waren sich die Beteiligten einig. Die Veranstaltungsreihe wird fortgesetzt.
Dr. Anke Boenisch