Der Deutsche Mälzerbund hat die erforderlichen Reaktionen seitens der Brau- und Malzindustrie benannt:
1. Ziel muss es sein, die Sommerbraugerste in der Anbauplanung zu halten.
2. Das kann nur gelingen, wenn Sommerbraugerste finanziell als Alternative zum Anbau politisch geförderter und damit betriebswirtschaftlich attraktiverer Feldfrüchte (Biogas) bestehen kann.
3. Das geht nur über attraktive Vorvertragspreise für Braugerste1.Wenn also jetzt die Preise steigen und damit Sommergerste wieder attraktiv wird, kann es mittelfristig wieder zu einer Ausdehnung der Fläche kommen. Dann werden die Witterungsverhältnisse darüber entscheiden, wann der anstehende Engpass überwunden wird.
Da die Entscheidung für oder gegen einen Anbau von Sommergerste bereits im Sommer getroffen worden ist, wird sich die Fläche in 2011 nicht in größerem Umfang ausdehnen können. Lediglich Auswinterungen könnten zusätzliche Fläche schaffen. Darauf kann die Brau- und Malzindustrie allerdings nicht vertrauen und wird ihre Importe verstärken.
Der Wettbewerb beim Import steigt
Das Ausmaß der Braugersten-Knappheit ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht definierbar, wie auch die Entwicklung des Bierabsatzes im In- und Ausland. Die verheerenden Ausfälle in Osteuropa (insbesondere in Russland) führen zu einem Importbedarf der allein für Russland auf 250.000 t geschätzt wird 2. Somit steigt europaweit die Konkurrenz um die allgemein knappe Braugerste ganz erheblich.
Anbauwürdigkeit noch einmal prüfen!
Aus Sicht des Erzeugers bleibt die Frage offen, ob der Anbau von Sommerbraugerste in 2011 ein lukratives Geschäft sein könnte. Zudem ist es in jedem Fall sinnvoll, die Forderung des Deutschen Mälzerbundes nach langjährigen Verträgen aufzugreifen und bei der Preisfindung nicht alleine auf kurzfristige Gewinnmaximierung, sondern auch auf Nachhaltigkeit zu zielen. Ackerbaulich jedenfalls gibt es eine Reihe guter Gründe für die Sommerung Braugerste. Wenn auch noch der Preis stimmt, wird Braugerste wieder interessant. Für die deutsche Landwirtschaft wäre es ein Verlust, wenn zukünftig die Mälzer gezwungen wären, ihren Bedarf im Ausland zu decken. Noch ist dieser Trend umkehrbar.
Dr. Matthias Keßler
Dazu ein Kommentarr von Michael Lerch, Geschäftsführer des Deutschen Mälzerbundes.
Die Braugerstenfläche wurde seit 1990 um rund 65% reduziert und 2010 stellt nun einen historischen Tiefpunkt dar. Ausgehend von einer 80%igen Kapazitätsauslastung der deutschen Malzindustrie und einer Anlieferung von rund 1Mio. Tonnen Sommerbraugerste besteht bereits 2010/2011 ein Importbedarf von ca. 800.000 bis 900.000Tonnen Braugerste. Die Frage ist nur, wie soll dieser Bedarf gedeckt werden? (...)
In der EU wurden 2009 über 9,2 Mio. Tonnen Sommerbraugerste erzeugt. 2010 waren es nur noch 6,0 Mio. Tonnen. Noch steht alterntige Gerste zur Verfügung, um Versorgungsengpässe zu überbrücken. Aber eng wird es vermutlich trotzdem, denn ob Frankreich oder Dänemark wie die letzten Jahre den Importbedarf ausreichend abdecken können, ist mehr als fraglich. In den einzelnen Ländern führen entweder Qualitätsmängel oder/und Anbauflächenreduzierungen zu geringeren Braugerstenmengen. Osteuropa wird dieses Jahr als Gerstenlieferant ganz ausfallen.“
Als tragbare Lösung schlägt Lerch vor:
„Es muss uns gelingen, der Landwirtschaft als Alternative zum Anbau politisch geförderter und damit betriebswirtschaftlich attraktiverer Feldfrüchte den Anbau von Sommerbraugerste durch auskömmliche Preise schmackhaft zu machen. Das heißt konkret: Wir müssen der Landwirtschaft schnellstens einen attraktiven Vorvertragspreis für Braugerste mindestens für die Ernte 2011 anbieten. Voraussetzung dafür sind entsprechende vertragliche Vereinbarungen zwischen Brauerei und Mälzerei. Wir müssen endlich anfangen, in Punkto Rohstoffversorgung längerfristig zu denken und auch entsprechend zu handeln – dann können wir den Braugerstenanbau in Deutschland halten.“
Auszug, die gesamte Stellungnahme ist erschienen in: http://www.bestmalz.de/de/news/braugerstenernte-2010---und-was-dann__3621.htm am 13.09.2010