Aktuelle Ausgabe 01/2024

Ausgaben

Sonderausgaben

Themen

Abonnement

Impressum

Datenschutzerklärung

Cookie-Einstellungen

Zwischenfruchtanbau – zeitgemäß und zielführend

Zwischenfrüchte zur Gründüngung haben eine große Bedeutung in klimaresilienten, nachhaltigen Anbausystemen. Neben den Zielen Nährstoffspeicherung, dem resultierenden Grundwasserschutz, dem Erosionsschutz und der Unkrautunterdrückung spielt die Kohlenstoffspeicherung eine wichtige Rolle. Annette Hoffmann, Landwirtschaftskammer Niedersachsen, beschreibt, welche Zwischenfrüchte besonders effektiv sind und wie diese Effektivität sichergestellt werden kann.

Wer Zwischenfrüchte anbaut, tut dies aufgrund der sich daraus ergebenden positiven Effekte. Befindet sich die Fläche in einem roten Gebiet, ist der Zwischenfruchtanbau vor einer Sommerung, die gedüngt werden soll, verpflichtend. Bei GLÖZ 6 und 7 ist der Zwischenfruchtanbau nur eine von mehreren Möglichkeiten, die Vorgaben zu erfüllen.


Gute Ausfallgetreideunterdrückung durch Ölrettich/Wicke (rechts), nach Ölrettich kommt Getreide durch (links). (Aufnahme 21.02.2022, Halligdorf, Hüwing)

Gute Ausfallgetreideunterdrückung durch Ölrettich/Wicke (rechts), nach Ölrettich kommt Getreide durch (links). (Aufnahme 21.02.2022, Halligdorf, Hüwing)


Hauptfrucht ist entscheidend

Für die Wahl der richtigen Zwischenfrucht ist die Hauptfrucht entscheidend, vor der die Zwischenfrucht steht. Hieraus ergibt sich, welche Zwischenfruchtart oder -arten infrage kommen. Aus der Hauptkultur, nach der die Zwischenfrucht steht, leiten sich der mögliche Aussaattermin und das Aussaatverfahren ab.


Versuch zur Stickstoffversorgung ohne Düngung

Wie gut sich Ölrettich mit Sommerwicke als Mischungspartner entwickelt, haben Versuche der Landwirtschaftskammer Niedersachsen eindrucksvoll bestätigt. Dabei sollen die Nmin-Werte vor Winter auf gleich niedrigem Niveau liegen wie nach einem ungedüngten Ölrettich. Da diese Anforderungen an die Zwischenfrucht von besonderer Bedeutung für den Wasserschutz sind, wurde die Probenahme und Untersuchung im Rahmen der landesweiten Aufgaben § 28 NWG aus Mitteln der Wasserentnahmegebühr kofinanziert. Die N-Nachlieferung von verschiedenen Zwischenfruchtmischungen soll für die Bewirtschaftung in Trinkwassergewinnungsgebieten detailliert erfasst werden.

Hierzu wurde über drei Jahre hinweg der Anbau von ungedüngtem und gedüngtem (60 kg N/ha mineralisch) Ölrettich mit einer Ölrettich-/Wicke-Mischung verglichen. Ergänzend dazu wurde auch eine reine Leguminosenmischung etabliert, die z. B. für Zuckerrübenfruchtfolgen auf schweren, nicht auswaschungsgefährdeten Standorten interessant sein kann. Hinzu kommt eine für Zuckerrübenfruchtfolgen geeignete Mischung aus Senf und Erbse.

  1. Die Nmin-Gehalte im Boden vor Winter sind nach den Zwischenfrüchten Ölrettich, Ölrettich gedüngt und Ölrettich/Wicke gleichermaßen niedrig und unterscheiden sich nicht signifikant voneinander. Lediglich die reine Leguminosenmischung weist einen höheren Nmin-Wert auf. Für leichte, auswaschungsgefährdete Standorte ist sie somit nicht geeignet.
  2. Der Aufwuchs des Zwischenfruchtbestandes, der hier über die N-Aufnahme dargestellt ist, ist bei der Ölrettich/Wicke-Mischung signifikant höher als bei dem ungedüngten Ölrettich. Je größer der Auswuchs, desto höher ist neben der Stickstoff- auch die CO2-Bindung.
  3. Durch das Wachstumsverhalten der Wicke wird der Boden gut bedeckt, was sich positiv auf die Unkrautunterdrückung durch den Bestand auswirkt.

Die verwendete Ölrettich/Wicke-Mischung hat einen Samenanteil von 70 % Ölrettich und 30 % Wicke. Diese Mischung etabliert sich ebenso gut wie eine Mischung mit 60/40 % Samenanteil, wie sie im Rahmen von Greening nötig war. Die 70/30-Mischung ist kostengünstiger als die Mischung 60/40. Zudem besteht die Aussicht, dass sie unter besonderer Berücksichtigung der Stickstoffnachlieferung in Wasserschutzgebieten im Rahmen der Freiwilligen Vereinbarungen gefördert werden kann (Beispiel Niedersachsen). Der rechtliche Rahmen ermöglicht durch die Vorgaben der DüV die volle Ausdüngung bis zur Höhe der Herbstgrenze. Dies ist nur im Ausnahmefall empfehlenswert, da die Leguminosen bei höherem Stickstoffangebot ihr Potenzial nicht voll ausschöpfen. Sowohl aus Sicht des Grundwasserschutzes als auch mit Blick auf den Geldbeutel ist die Düngung hier i. d. R. kontraproduktiv.


Nmin-Gehalte

Nmin-Gehalte


Nmin-Gehalte und Stickstoffaufnahme von Zwischenfruchtbeständen

Nmin-Gehalte und Stickstoffaufnahme von Zwischenfruchtbeständen


Die Hauptkulturen der Fruchtfolge bestimmen die Zwischenfrucht

  1. Fruchtfolgen mit Leguminosen: Wenn Leguminosen als Hauptfrucht angebaut werden oder deren Anbau künftig vorgesehen ist, muss auf leguminosenhaltige Zwischenfrüchte verzichtet werden. Sie würden die mehrjährigen Anbaupausen unterbrechen, die zur Vermeidung von Fruchtfolgekrankheiten zwingend notwendig sind.
  2. Kartoffelfruchtfolgen: Die anspruchsvollste Hauptfrucht in Bezug auf die Zwischenfrucht ist die Kartoffel. Das Tobacco-Rattle-Virus (TRV) verursacht die wirtschaftlich relevante virusbedingte Eisenfleckigkeit und wird durch frei lebende Nematoden übertragen, denen verschiedene Zwischenfrüchte als Wirtspflanze dienen. Zudem sind sie auch Wirt für das Virus. Wirtspflanzen, die in der Kartoffelfruchtfolge nichts verloren haben, sind z. B. Senf, Phacelia, Ackerbohne und Felderbse. Da Ölrettich das Auftreten der Eisenfleckigkeit nicht fördert, sollte im Speisekartoffelanbau besonders auf Flächen mit Befall mit oder Verdacht auf TRV Ölrettich in Reinsaat angebaut werden. Für einen funktionalen Ölrettich-Bestand ist vor allem auf schwach nachliefernden Standorten eine Stickversorgung unerlässlich. Außerhalb roter Gebiete darf er mit max. 60 kg Gesamt-N/ha bzw. 30 kg Ammonium-(NH4)-N/ha aus mineralischem oder organischem Dünger versorgt werden. Ist dies nicht möglich oder nicht erwünscht, kann durch die Mischung des Ölrettichs mit Sommerwicke die Entwicklung des Bestandes gefördert werden. Die Leguminose Sommerwicke ist als luftstickstoffsammelnde Art in der Lage, sich selbst mit Stickstoff zu versorgen. Zunächst profitiert der Ölrettich davon, dass die Wicke ihm den Bodenstickstoff nicht streitig macht, später versorgt er sich über den aus den Knöllchen in den Bodenvorrat abgegebenen Stickstoff. Die Sommerwicke verhält sich neutral hinsichtlich des TRV.
  3. Bei der Wahl der Ölrettichsorte in Kartoffelfruchtfolgen sind Sorten mit Resistenz gegen das Wurzelgallenälchen (Meloidogyne ssp.) zu bevorzugen. Wenn neben Kartoffeln auch Zuckerrüben in der Fruchtfolge stehen, empfiehlt es sich, Sorten zu verwenden, die resistent gegen Rübenzystennematoden (Heterodera schachtii) sind.
  4. In Zuckerrübenfruchtfolgen ohne Kartoffeln bietet sich neben Ölrettich auch Senf als Zwischenfrucht an. Auch hier sollten gegen Rübenzystennematoden resistente Sorten verwendet werden, da die heute verbreiteten nematodentoleranten Zuckerrübensorten die Nematoden sehr wohl vermehren, auf einen Befall jedoch nicht mit Ertragseinbußen reagieren. Spielen Nematoden keine Rolle, kommen auch weitere Mischungspartner wie Phacelia oder Öllein infrage. Als legumer Mischungspartner eignet sich die Felderbse. Leguminosen (Ausnahme Alexandriner Klee) scheiden in Zuckerrübenfruchtfolgen immer dann aus, wenn Befall mit dem Rübenkopfälchen (Ditylenchus dipsaci) droht.
  5. In Rapsfruchtfolgen können Kreuzblütler wie Ölrettich und Senf die typischen Rapskrankheiten Sclerotinia, Verticillium und Kohlhernie vermehren. Arten aus anderen Pflanzenfamilien bzw. kreuzblütlerfreien Mischungen ist hier der Vorzug zu geben. Lediglich in Fruchtfolgen mit Zuckerrüben und Raps kann wiederum auf Ölrettich zurückgegriffen werden.
  6. Getreide- und Maisfruchtfolgen: Den größten Spielraum für die vielfältige Gestaltung von Zwischenfruchtmischungen bieten Getreide- und Maisfruchtfolgen.

Nmin im Frühjahr

Zur Düngebedarfsermittlung für die Sommerung ist die Kenntnis des tatsächlich mineralisierten Bodenstickstoffs unerlässlich. Hierzu empfiehlt es sich, eine eigene Nmin-Probe zu ziehen und untersuchen zu lassen. Der Nmin-Wert variiert je nach Zwischenfruchtart bzw. -mischung und dem Umbruchmanagement deutlich (Abb. 2 und 3). In Abb. 2 ist der Verlauf der Nmin-Werte über Winter bis in den März für den leichten Standort Halligdorf und den schweren Standort Adenstedt der Anbausaison 2022/2023 dargestellt. An beiden Standorten liegt der Wert der leguminosenhaltigen Mischungen über dem der reinen Ölrettichvarianten. Der Nmin-Wert nach Strohmulch unterscheidet sich zwischen den Standorten erheblich. Auf leichten Böden ist der Nmin-Wert im Frühjahr ohne Zwischenfrucht aufgrund der Verlagerung des Stickstoffs in tiefere Bodenschichten sehr niedrig, während er auf bindungsstarken, nicht auswaschungsgefährdeten Standorten meist über den Werten nach Zwischenfrüchten liegt.

Auch der Umbruchtermin hat einen erheblichen Einfluss auf den Nmin-Wert (Abb. 3). Am Standort Koldingen wurden über 4 Jahre hinweg die Nmin-Werte (bis 90 cm Tiefe) im März nach Strohmulch und verschiedenen Umbruchterminen der Zwischenfrüchte ermittelt. Im Mittel der Jahre zeigt sich die Reihenfolge: Strohmulch > Umbruch November > Umbruch nach 15.01. > Umbruch März. Da der März-Nmin-Wert bei der Düngebedarfsermittlung voll angerechnet wird, lässt sich im Falle hoher Werte Stickstoffdünger sparen. Besonders bei leguminosenhaltigen Zwischenfrüchten kann ein Abschlag in der Düngebedarfsermittlung in Höhe von etwa 10–20 kg N/ha, häufig auch mehr, angemessen sein.


Schwerer Standort vs. leichter Standort: Nmin-Werte

Schwerer Standort vs. leichter Standort: Nmin-Werte

zur besseren Ansicht bitte Anklicken

zur besseren Ansicht bitte Anklicken


Fazit

Zielgerichtet angebaut, erfüllen Zwischenfrüchte verschiedenste Funktionen. Das Thema Stickstoff spielt eine entscheidende Rolle. Die Zwischenfrucht muss selbst mit Stickstoff versorgt werden, damit sie einen funktionalen Bestand entwickelt. Darüber hinaus setzt sie Stickstoff frei, der den Folgekulturen zur Verfügung steht. Höhe und Zeitpunkt sind von verschiedenen Bewirtschaftungsaspekten sowie der Witterung abhängig und somit nicht exakt vorhersehbar. Einen ersten Anhaltspunkt bietet jedoch der Nmin-Wert im Frühjahr (Mai-Werte in Abb. 2). Besonders nach leguminosenhaltigen Mischungen und auf nicht auswaschungsgefährdeten Standorten steigen die Nmin-Gehalte deutlich an.

Bildquelle: Hoffmann

Stand: 15.12.2023