Seit den 1970er-Jahren wird die Trockenerbse – eine Kreuzung aus Weinbergerbse und grüner Erbse – insbesondere in Frankreich als Hauptanbaugebiet Europas und auch in Deutschland intensiv züchterisch bearbeitet. Im Jahr 1974 kam in Frankreich mit der Registrierung von Finale die erste große Kultursorte auf den Markt.
Der Erbsenmarkt erlebte in den 1990er-Jahren in Frankreich eine starke Entwicklung mit fast 800.000 Hektar. Es dominierten Sorten, die zwar hohe Erträge brachten, aber zu Lager neigten wie Solara und Baccara. Nach dem Jahr 2000 brachte die Sorte Hardy züchterisch eine deutliche Verbesserung der Lagerungsanfälligkeit (SERASEM/RAGT – 2001). Von den 1990er-Jahren bis 2009 gingen die Erbsenanbauflächen in ganz Europa zunächst zurück. In Deutschland brach der Anbau ab 2002 ein und die Talsohle war auch erst im Jahr 2015 durchschritten. Seitdem haben sich die Flächen auf niedrigerem Niveau eingependelt, was auch den staatlichen Förderprogrammen zu verdanken ist.
Dieser europaweite Rückgang ist auf drei wesentliche Gründe zurückzuführen:
- Durch die Intensivierung des Erbsenanbaues kam es im Boden zu einem vermehrten Auftreten des Pilzes Aphanomyces (Wurzelfäule) in den Hauptanbaugebieten Frankreichs. In der Folge gingen die Erträge deutlich zurück.
- Der Anbau wurde oft aus den historischen Erbsenanbaugebiete auf Felder mit geringerem Potenzial verlagert. Böden mit höherem Potenzial wurden für lukrativere Kulturen verwendet.
- Auch die schwankenden Erträge im Erbsenanbau führten oft dazu, dass wirtschaftlich interessanteren Kulturen mit einer höheren Ertragsstabilität der Vorzug gegeben wurde.
NPZ und Partner: starke züchterische Kompetenz bei Erbsen
Trotz des europaweit schwindenden Interesses am Erbsenanbau hat die Norddeutsche Pflanzenzucht gemeinsam mit ihrem französischen Züchtungspartner nicht aufgehört, diese Kulturart weiter intensiv züchterisch zu bearbeiten. Dank ihrer Bemühungen kamen hoch leistungsfähige Sorten auf den Markt. Paradebeispiel ist die Sorte Astronaute, die in Ertrag, Proteingehalt und Widerstandsfähigkeit gegen Lagerbildung überzeugen konnte.
Die Züchtungsarbeit der NPZ und Partner hat zum Ziel, die Korn- und Proteingehalte zu erhöhen und zudem die Erträge zu stabilisieren. Basierend auf 50 Jahren Zuchterfahrung auf diesem Gebiet, sind wir in der Lage, dem europäischen Ackerbau jedes Jahr neue Winter- und Sommererbsen zur Verfügung zu stellen. Jährlich werden in Europa zwei Sorten von Wintererbsen und drei Sorten von Sommererbsen zugelassen.
Das Zuchtprogramm umfasst auch die Wintererbsen. Diesen steht eine längere Vegetationsphase zur Verfügung, dadurch können sie die Winterfeuchtigkeit ausnutzen und haben mehr Zeit für die Ertragsbildung. Zudem bietet diese Biologie auch einen teilweisen Schutz vor Aphanomyces. Neuere Sorten weisen eine hohe Frosttoleranz und eine starke Widerstandsfähigkeit gegen Lagerbildung auf.
Intensive Feldprüfungen
Ein großes Versuchsnetz in Europa, das auf die wichtigsten Anbaugebiete ausgerichtet ist, dient dazu, alle Sorten und Sortenkandidaten unter den verschiedenen Bedingungen zu testen. Auf diese Weise werden fast 300 agronomische Daten pro Linie erfasst und analysiert. Darauf basieren die Entscheidungen zur Markteinführung, und es lassen sich auch Anbauempfehlungen ableiten: Nur, wenn die Sorte in die Region passt, kann sie erfolgreich sein.
Erfahrungen von anderen Kulturen werden auf Erbsen übertragen
Nebebertragenn den Erfahrungen aus Ackerbohne und Raps fließen ebenso Kenntnisse aus den Bereichen der Mais- und Getreidezüchtung in die Entwicklung neuer Erbsensorten mit hinein. Beispiele hierfür sind die Verwendung von molekularen Markern oder die genomische Selektion.
Erbsen werden zunehmend nachgefragt
Der Erbsenmarkt in Europa umfasst heute 793.000 ha im Jahr 2022, wobei Frankreich, Spanien und Deutschland die drei wichtigsten Erzeugerländer in der EU sind. Auf globaler Ebene ist es Russland, das seit 2022 Kanada als weltweit führenden Erbsenproduzenten entthront hat.
Starke Instabilitäten treten im Zusammenhang mit der Entwicklung des biotischen Drucks in Verbindung mit einer Verschärfung der klimatischen Bedingungen und einem Rückgang der phyto-sanitären Lösungen auf. Nichtsdestotrotz ist die Forschung bei Erbsen sehr aktiv (insbesondere in den letzten drei Jahren), wobei seit den 2000er-Jahren bei Winter- und Sommererbsen (Abb. 1) ein erheblicher genetischer Fortschritt bei den wichtigsten Merkmalen zu verzeichnen ist: Ertragspotenzial und Lagertoleranz.
Der genetische Fortschritt beim Proteingehalt ist auch bei Sommererbsen bemerkenswert.
Phänotypisierung: Grundlage jeder Züchtungsforschung
Bei Erbsen erfordert die Stammbaumselektion, die darin besteht, die besten Linien von Generation zu Generation auszuwählen, viele Feldbeobachtungen zur Phänotypisierung über Jahre hinweg, um die Umwelteinflüsse zu berücksichtigen. Trotz aller fortschrittlichen Züchtungsinstrumenten die heute zur Verfügung stehen, bleibt die phänotypische Selektion die Grundlage der Pflanzenzüchtung.
Die phänotypische Selektion wird immer mit verschiedenen Methoden durchgeführt: Versuche, Freilandversuche, Krankheitsanbau, Tests in kontrollierter Umgebung. So wurde beispielsweise vor kurzem die Auswahl von Sorten, die gegen Aphanomyces tolerant sind, durch eine Kombination von Mikrotests an Sämlingen unter kontrollierten Bedingungen und Feldtests unter künstlicher Infektion an verschiedenen Standorten durchgeführt.
Die Frosttoleranz von Wintererbsen wird auch durch ein Screening der Linien in Kühlräumen unter optimalen Bedingungen und die Prüfung des Verhaltens der besten Linien unter Feldbedingungen in der Höhe ermittelt.
Neue Instrumente zur Beschleunigung des genetischen Gewinns bei Erbsen
Um den Zuchtfortschritt zu maximieren, werden heute die Züchtungsinstrumente weiterentwickelt und verfeinert.
Die Einführung molekularer Marker für die Erkennung von quantitativen Merkmalsloci (QTLs) und genomweite Assoziationsstudien (GWAS) sind weit verbreitet, um Regionen des Genoms zu identifizieren, die an der phänotypischen Variation einer Pflanzeneigenschaft beteiligt sind. Diese neuen Züchtungsinstrumente wurden mit Erfolg für die Verbesserung der Frosttoleranz bei der Wintererbsensorte Feroe eingesetzt. Sie machen die Züchtung genauer und beschleunigen den genetischen Gewinn dank der markerunterstützten Selektion (MAS), die eine direkte Anwendung dieser Techniken darstellt. Trotz der Vorteile, die die Anwendung von MAS in der Züchtung mit sich bringt, kann diese Strategie für die Züchtung quantitativer Merkmale teuer und weniger effizient bleiben.
In dem Bemühen, Pflanzen durch genetischen Gewinn und genetische Vielfalt zu verbessern, ist in den letzten Jahren ein neuer Ansatz aus der Tierzucht entstanden: Die genomische Selektion (GS). Der Zweck besteht darin, den additiven genetischen Wert eines Individuums im Verhältnis zu seinem Genotyp vorherzusagen.
Die Stärke der GS liegt darin, dass sie die gesamte Wirkung der Gene in einem Individuum berücksichtigt.
Durch die Kostenreduzierung bei der Genotypisierung ist GS ein vielversprechendes Instrument, um die besten Linien für die interessierenden agronomischen Merkmale so früh wie möglich in der Züchtung zu identifizieren, ohne die Linien testen oder den Wert der Linien bei der Kreuzung vorhersagen zu müssen. Mit GS können wir erwarten, dass wir polygene Merkmale wie Ertrag, Proteingehalt und Aphanomyces besser züchten und den Zuchtfortschritt bei Erbsen beschleunigen können.
Text: Im französischen Original
Florian Barthès RAGT Frankreich.
Für Fragen steht Ihnen Nils Christiansen,
Norddeutsche Pflanzenzucht
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Bilder: RAGT, SAATEN-UNION