Norddeutschland: Düngung und Pflanzenschutz – eine echte Herausforderung!
Von Daniel Freitag
Lang anhaltender Regen erschwerte regional die Aussaat im Norden. In einigen Fällen entfiel die Herbstaussaat sogar, um den Boden zu schonen. Bis auf die Woche nach Weihnachten, die Schnee und bis zu minus 16 °C brachte, verlief der Winter milde und nass. Ohne den schützenden Schnee wären die weit entwickelten Frühsaaten ausgewintert.
Schwierige Düngung – man brauchte Schlagkraft und Glück
Ab Mitte Februar wurde diese lange feucht-nasse Periode kurz unterbrochen und gab so den Betrieben die Möglichkeit zur ersten Düngergabe. Wohl dem, der eine hohe Schlagkraft hatte, denn nach wenigen Tagen wurde es wieder nass und die Felder unbefahrbar.
Die Monate März/April fielen dann absolut trocken aus. Zwar konnte jetzt problemlos gedüngt werden, doch durch die extreme Trockenheit – regional fiel wochenlang nicht ein Tropfen Regen – blieben die Nährstoffe des Düngers ungenutzt. Die Unterschiede zwischen früh und unter ausreichend feuchten Bedingungen gedüngten Beständen und spät gedüngten Beständen, die dann kein Wasser mehr bekommen haben, waren ab Mai offensichtlich. Letztere „hungerten“ sichtbar. Den Pflanzen machte zudem der sehr hart geregnete Oberboden zu schaffen. Einige Praktiker walzten und striegelten, auch Rollhaken kamen zum Einsatz. Nach diesen Maßnahmen wurden die Bestände sichtlich vitaler.
Pflanzenschutzmaßnahmen schwer abzuschätzen
Eine weitere große Herausforderung war die Terminierung der Pflanzenschutzmaßnahmen bei kühlen Temperaturen im Frühjahr und dann hohen Sonneneinstrahlungen in Kombination mit der Trockenheit. Wer nach dem Motto „Weniger ist mehr“ gehandelt hatte, war auf dem richtigen Weg. Die Ernte überraschte mit sehr guten Erträgen bei der Wintergerste und dem Winterraps. Das Ergebnis beim Winterweizen und Winterroggen fiel regional sehr unterschiedlich aus und enttäuschte vor allem auf den leichteren Standorten sehr.
Die Erträge der Sommerungen fielen auf leichten Standorten katastrophal aus. Auf den besseren Böden jedoch waren sie eine echte Überraschung – teils wurden bei Sommergerste und Sommerhafer Erträge von 9 t/ha eingefahren!
Westdeutschland: Ertragseinbußen führen zu Futterlücken
Von Maik Seefeldt
Nach einem sehr feuchten Herbst fielen im Westen Deutschlands im Januar/Februar fast überall mehr als 200 mm Niederschlag. Nach frostigen Nächten bis -10 °C im März blieb es bis in den Mai hinein kühl. Die nahezu deutschlandweite Dürre endete in Westdeutschland erst Mitte September. Eine hohe Sonneneinstrahlung und die hohen Temperaturen im Juni, Juli und August ließen viele Kulturen regelrecht vertrocknen – wohl dem, der über Beregnungsmöglichkeiten verfügte.
Raps überraschte positiv
Die Aussaat des Winterrapses war durch die späte Getreideernte 2021 oft grenzwertig und relativ spät. Durch die feuchten Böden konnte der Raps zügig gleichmäßig auflaufen und sich gut entwickeln. Regional gab es stärkere Kalamitäten mit dem Rapserdfloh. Vereinzelt ging der Raps recht ungleichmäßig in den Winter. Da dieser mild ausfiel, konnten sich die etwas schwächeren Bestände weiterentwickeln und kamen verhältnismäßig gut in das Frühjahr. Die erste Düngergabe war oft wegen der mit Wasser gesättigten Böden erst spät möglich. Da die Temperaturen im Frühjahr ungewöhnlich niedrig waren, erstreckte sich die Rapsblüte über einen langen Zeitraum. Wegen der ab März fehlenden Niederschläge und den folgenden hohen Temperaturen waren am Ende der Blüte bereits Trockenschäden auf einigen Flächen sichtbar. Auch im Westen drosch der Raps dann aber doch überraschend gut – die meisten konnten mit Ertrag und Qualität – und auch mit dem Marktpreis – sehr zufrieden sein.
Sowohl das Winter- als auch das Sommergetreide hatten gute Startbedingungen und bei kühlen Frühjahrstemperaturen bestockten die Bestände gut. Die trockenen Bedingungen führten zu relativ geringem Krankheitsdruck. Trotz der Dürre war das Wintergetreide in der Lage, hohe Erträge mit guten Qualitäten zu erzielen. Abstriche gab es einzig beim Rohproteingehalt des Weizens.
Verlierer der Trockenheit: Sommerungen
Alle Sommerungen hatten unter der Trockenheit zu leiden und mussten, wenn möglich, über die gesamte Vegetationsperiode beregnet werden. Wo das nicht möglich war, gab es erhebliche Ertragseinbußen, besonders bei Kartoffeln, Rüben und Mais. Milchviehbetriebe und auch Biogasanlagen werden für die nächsten Monate größere Futterlücken schließen müssen.
Hoffnung für einen guten Start der 2022 ausgesäten Kulturen machen die intensiven Regenfälle seit Mitte September.
Ostdeutschland: Gewinnerkultur Wintergerste
Von Roy Baufeld
Die Aussaat der Winterkulturen startete im Herbst 2021 später, unter nassen, teils sehr schwierigen Bedingungen. Besonders problematisch war dies für Raps. Hier gab es drei verschiedene Aussaatvarianten: sehr früh bis früh bis zum 20. August, die Normalsaat ab dem 20.08. und die Spätsaat ab dem 05.09., die wegen der Niederschläge zwei Wochen lief. In der Auflaufphase sahen die später gesäten Bestände gut aus, wurden allerdings später von Schnecken und vor allem von den massiv auftretenden Erdflöhen fast vernichtet. Insektizide Beizen konnten zwar den massiven Druck des Erdflohs nicht oder nur bedingt aufhalten, förderten aber insgesamt sichtbar das Pflanzenwachstum. Unter diesen Bedingungen trugen spätsaatverträgliche und mit Premiumbeize behandelte Sorten (z. B. Ludger, Picard, Scotch) zur Anbausicherheit bei.
Sommerungen: schwierige Aussaat
Die Aussaatbedingungen der Sommerungen waren je nach Fläche und Region unterschiedlich und die unter suboptimalen Bedingungen gedrillten Bestände konnten oft bis zur Ernte nicht aufholen. In Kombination mit der Trockenheit – ab März fiel im Osten so gut wie kein Regen mehr und das in einigen Regionen monatelang – führte das bei Braugerste und Körnererbsen zu extremen Ertragsschwankungen.
Viele Betriebe reagierten auf den extrem überteuerten N-Dünger entweder mit einer Reduktion der Düngermenge oder mit einem Austausch des teuren synthetischen Düngers gegen die günstigere Gülle. Gülle wurde stellenweise zu einem knappen Gut! In Kombination mit durch die Frühjahrskälte und dann Trockenheit reduzierten Umsetzungsprozessen im Boden führte die reduzierte Düngung zu historisch niedrigen Rohproteingehalten.
In der Ernte stellte sich die Wintergerste wieder als Gewinnerkultur dar, mit überdurchschnittlichen Erträgen von 50 bis 115 dt/ha. Beim Winterweizen hingegen ist die Ernte mit Erträgen von 40 – 90 dt/ha unterdurchschnittlich ausgefallen. Schwankungen gab es auch bei den Getreidequalitäten: Hektolitergewichte von 55 – 67 kg bei Gerste und Proteingehalte von 10 – 15 % bei Weizen. Bei Raps wurden teilweise nur 1,5 Tonnen/ha geerntet, in anderen Regionen aber auch bis zu 5 Tonnen/ha, allerdings mit sehr zufriedenstellenden Ölgehalten.
Süddeutschland: Überraschungssieger Winterraps
Von Franz Unterforsthuber
Im Süden hat es in der letzten Saison 2021/22 Verschiebungen im Anbau gegeben. Diese sind auf zu erzielende Marktleistungen, politische Vorgaben und eine außergewöhnliche Situation auf dem Düngermarkt zurückzuführen. Auch Tierbestände wurden reduziert und die Silos waren vom Vorjahr noch gut gefüllt. Daher hat der Mais etwas Platz gemacht, Raps und Braugerste hingegen sind wieder auf mehr Flächen angebaut worden, und die Sojabohne etabliert sich im Süden als wichtige Leguminose.
Der Winter 2021/22 brachte erneut wenig Vegetationsruhe, der Frühlingsbeginn im März war trocken, der April aber brachte viel Niederschlag. Bereits im Mai war bei den Niederschlägen ein deutliches Süd-Nord-Gefälle erkennbar, das sich im Juni mit zusätzlich hoher Temperatur weiter verstärkte. Ab Juli herrschte in allen Ackerbaugebieten Bayerns Trockenheit, an zahlreichen Tagen mit über 30 °C. Darunter litten die Kulturpflanzen – jedoch je nach Wasserversorgung und Bodengüte in unterschiedlichem Ausmaß. Grundsätzlich konnte man beobachten, dass Kulturen mit früher Entwicklung wie Raps und Wintergerste mit der Situation am besten zurechtkamen. Vor allem der Raps zeigte an vielen Standorten überraschend hohe Erträge. Mein Eindruck ist, dass bei den milden Wintern die Rapsbestände, die im Herbst nicht zu üppig gewachsen sind, häufig die besten Erträge liefern.
Extrem schwankende Ergebnisse bei Weizen und Mais
Große Unterschiede innerhalb der Kulturart waren beim Weizen zu beobachten: In Abhängigkeit von Saatzeit und Bodengüte schwankten Ertrag und Qualität erheblich. Früh gesäte Bestände mit stärkerem Wurzelwerk und dadurch besserer Nährstoffaufnahme waren tendenziell im Vorteil. Die Hektolitergewichte fielen allgemein hoch aus, während die Eiweißgehalte vor allem von Fruchtfolge und Bodengüte sowie von der reduzierten Düngung im Rahmen der Düngeverordnung beeinflusst wurden.
Extreme Unterschiede gab es beim Mais, der auf Standorten ohne Beregnung bzw. mit nur sehr geringen Niederschlägen katastrophale Ergebnisse brachte. Ausreichend mit Wasser versorgte Bestände lieferten jedoch sehr gute Erträge. Mais liebt Wärme, braucht aber eben auch Wasser – ohne Wasser geht nichts.
Bildquellen: SAATEN-UNION, R. Kahl (Teaserbild)