Aktuelle Ausgabe 01/2024

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So war die Vegetation 2020/21 - das können wir für die nächste Ackerbausaison mitnehmen

Fachberater aus ganz Deutschland werfen einen Blick zurück und erklären, warum manches im Ackerbau so und nicht anders gelaufen ist. Wie haben sich Getreide, Mais und Raps entwickelt und auf welche Krankheiten und Schädlinge sollte man besonders Acht geben? 

Süddeutschland von Florian Ruß

Florian Ruß; Foto: privat
Florian Ruß; Foto: privat
Die Witterung in der zurückliegen Vegetationsperiode unterschied sich komplett von den Vorjahren – Dürre und (Dauer)Hitze waren kein Thema, stattdessen war es kühl und feucht.

Raps

Deutlich sichtbar war in diesem Jahr der Rapserdflohbefall. Ein weiterer Schädling war der schwarze Kohltriebrüssler, der zur Verholzung des Haupttriebs und zu fehlendem Längenwachstum führte. Bei diesem Schädling, der spät im Herbst zufliegt, empfiehlt sich das Aufstellen von Gelbschalen zur Kontrolle schon vor dem Winter. Die wichtigste und effektivste Insektizidbehandlung 2021 war die gegen den Großen Rapsstängelrüssler.

Durch die kalte Witterung hielt sich der Zuflug der Rapsglanzkäfer in Grenzen. Die Blüte begann Mitte/Ende April und damit deutlich später als in den Vorjahren. Ein Verzicht auf eine Blütenbehandlung rächte sich fast immer: Die Bestände präsentierten sich zunächst alle gesund und gut entwickelt, doch die anhaltende nass-kühle Witterung sorgte dafür, dass sich die Abreife verzögerte. Verticilium, Sclerotinia, Alternaria und Phoma befielen den Raps, wobei deutliche Sortenunterschiede erkennbar waren. Gesunde Sorten lieferten dann auch oft die besseren Erträge, wie das Beispiel der Sorte Daktari in den Landessortenversuchen zeigte. Bestände ohne Blütenbehandlung waren deutlich zu erkennen.


Getreide

Erste Düngergaben wurden Ende Februar bzw. Anfang März ausgebracht. Zu diesem Zeitpunkt war eine Herbizidmaßnahme vor dem Winter meist durchgeführt; auf Ackerfuchsschwanzstandorten folgte im Frühjahr eine zweite.

Spätverungrasung in Winterweizen mit Ackerfuchsschwanz; Bild: Ruhnke
Spätverungrasung in Winterweizen mit Ackerfuchsschwanz; Bild: Ruhnke
Zwar war die Witterung sehr feucht, für Pilzinfektionen fehlte zunächst aber die nötige Wärme, sodass sich der Infektionsdruck in Grenzen hielt. Im Laufe der Vegetation wurden nichtsdestotrotz in vielen Regionen die Schadschwellen überschritten. Die häufigsten Krankheiten waren Rhynchosporium, Ramularia, Septoria tritici und Mehltau. Vermehrt trat dieses Jahr Lager auf – mit deutlichen Sortenunterschieden.

Problematisch war auch die Spätverunkrautung v. a. durch Ackerfuchsschwanz. Durch die lang anhaltende feuchte Witterung und teilweise Lager befürchtete man 2021 Probleme mit der Fallzahl zu bekommen. Diese Befürchtung bestätigte sich jedoch nicht, auch die Proteinwerte im Weizen waren meist zufriedenstellend.


Mais

Der Mais hatte es im Frühjahr 2021 schwer. Nach der Saat Ende April sorgte die Kälte für eine verzögerte Entwicklung von ca. 14 Tagen. Die warmen Tage im Mai bzw. Juni nutzte der Mais für das Längenwachstum und holte auf. Im Spätsommer präsentierten sich die allermeisten Sorten hervorragend. 


Fazit

Dies war ein Jahr, das deutlich Sortenunterschiede in Sachen Resistenzen/Gesundheit und Standfestigkeit zeigte. Sortenvielfalt und die Wahl gesunder Sorten – das kann man für alle Kulturen sagen – machten sich in diesem Jahr bezahlt.


 


Nord-Westdeutschland von Maik Seefeldt

Die Aussaatbedingungen im Herbst 2020 waren für alle Kulturen sehr gut und so konnten sich die Winterungen zunächst gut entwickeln. Es folgte ein „Schmuddelwinter“, der erst Ende Januar/Anfang Februar ein paar knackig-kalte Wintertage mit sich brachte. Durch die meist vorhandene Schneedecke waren die Pflanzen aber gut geschützt. Der Vegetationsbeginn verzögerte sich und die Aussaat der Sommerungen konnte erst später als normal erfolgen. Diese kühl-feuchte Phase führte dazu, dass der Dünger vom Wintergetreide gut aufgenommen wurde und die Pflanzen gut bestockten.


Im Juni kam es dann aber zu einem abrupten Wechsel hin zu einer trocken-heißen Witterung. Die Pflanzen stellten den Stoffwechsel um und Verlagerungsprozesse in die vielversprechenden Kornanlagen liefen jetzt nur noch suboptimal ab. Hinzu kam, dass das Wurzelsystem wegen des feuchten Frühjahres nur relativ schwach entwickelt war. Das führte zu einer schlechten Nährstoffversorgung. Am besten kam mit diesen Bedingungen aufgrund der verhältnismäßig frühen Abreife noch die Wintergerste zurecht.

Bordeaux hat in Lüchow-Dannenberg sehr gut gedroschen
Bordeaux hat in Lüchow-Dannenberg sehr gut gedroschen

Die Erträge und Qualitäten fielen regional sehr unterschiedlich aus: Die Bestände, die vor der Regenperiode im Juli gedroschen werden konnten, hatten oft gute Qualitäten und hohe Erträge (z. B. die Zweizeilergerste Bordeaux mit 99 dt/ha auf einem Betrieb in Lüchow-Dannenberg). Der Regen verzögerte dann aber die Erntearbeiten teilweise erheblich bis in den September hinein – dramatisch sinkende Qualitäten waren die Folge.

Auch die Erträge von Winterweizen und -triticale enttäuschten vielerorts. Bei Roggen ergab sich zwar auch ein heterogenes Bild, insgesamt fiel die Ernte aber durchschnittlich aus. Nicht zuletzt der regional vorkommende Starkregen brachte viele Bestände (nicht nur Roggen) ins Lager – nur wenige sehr kurze und/oder standfeste Sorten (z. B. Piano) blieben überwiegend stehen.

Standfestigkeit von Piano , 2021, Foto: Baufeld
Standfestigkeit von Piano , 2021, Foto: Baufeld
Rückblickend auf die Rapssaison kann man feststellen, dass dieses Jahr eine intensive Bestandesführung belohnt wurde: Wer regelmäßig seine Bestände kontrollierte und schnell reagierte, konnte den Schaden durch Kohltriebrüssler und Kohlstängelrüssler begrenzen. Je nach Insektenbefall und Krankheitsdruck lagen die Erträge zwischen vollkommen enttäuschenden 20 dt/ha bis hin zu Spitzenerträgen von über 50 dt/ha.

Interessant ist die Entwicklung des Dinkels in Westdeutschland: Die Nachfrage der Anbauer nach dieser Kultur steigt weiter, auch weil 2020 wieder einmal ein gutes Dinkeljahr war und weil sich hier immer mehr Vermarkter engagieren.

Der Mais startete bei den kühlen Temperaturen im April/Mai zunächst sehr zögerlich, holte dann aber in der warmen Phase mächtig auf. Fast überall im Land steht viel Mais-Masse auf den Feldern, was vermutlich zu einem Preisabfall führen wird. Milchviehhaltende sollten sich überlegen, ob nicht auch CCM oder LKS eine Alternative zum Silomais wären. Hochschnitte können sowohl TS-Gehalte als auch Energiegehalte erhöhen. Auch der Körnermais kann eine gute Alternative sein.

Ganz erfreulich haben sich die Futterrüben dieses Jahr präsentiert und werden gute Massenerträge erzielen.

Die Sojabohne hat sich im östlichen Vertriebsgebiet (Dannenberg) gut entwickelt und viele Hülsen angesetzt.


 


Ostdeutschland von Roy Baufeld

Roy Baufeld, Foto: RInne
Roy Baufeld, Foto: RInne

Nach drei wasserzehrenden Trockenjahren brachte das Vegetationsjahr 2021 endlich wieder nennenswerte Niederschläge. Im Herbst 2020 entwickelten sich Bestände aller Herbstkulturen trotz oft verspäteter Aussaat sehr gut. Aufgrund der Feuchte im Oberboden erfolgte kein Wurzelwachstum in die Tiefe. In die Rapsbestände wanderte Ende Oktober der Rapserdfloh ein – ein selten auftretendes Problem, welches im zeitigen Frühjahr zu massiven Blattverlusten führte.


Bodenbearbeitung bei zu nassem Boden, Foto: Henze
Bodenbearbeitung bei zu nassem Boden, Foto: Henze
Gut durch den Winter gekommen – es startet schleppend

Der Winter brachte dann ebenfalls Feuchte bis in den März hinein – mit durchaus größeren Schneemengen – bis in den April hinein blieb es kalt und die Böden waren durchnässt. Teilweise waren die Böden nicht befahrbar, weshalb oft eine „passgenau“ terminierte Düngung oder notwendige Pflanzenschutzmaßnahmen nicht erfolgen konnten. Auch die Aussaat der Sommerungen verzögerte sich. Besonders schwer wog die Nicht-Befahrbarkeit des Bodens im Winterraps, wo Stängelschädlinge zeitig im Frühjahr aktiv waren, deren Bekämpfung dann aber nicht zeitnah erfolgen konnte. Nach der Maisaussaat Mitte April rutschten die Temperaturen wieder ab, der Boden kühlte aus und der Mais lief nicht auf. Erst im Juni begann der Mais dann „Boden gut zu machen“ und den Rückstand aufzuholen. Bis Redaktionsschluss präsentierten sich nahezu überall sehr gute entwickelte Maisbestände mit bis zu 4 Meter langen Pflanzen bei knapp durchschnittlicher Kolbenentwicklung.

Im kühl-nassen Mai entwickelten sich die Getreidebestände prächtig und man konnte bis zu 800 ährentragende Halme/m² zählen! Das Ergebnis aus „fetten Beständen“ und schwierigen Bedingungen für Pflanzenschutzmaßnahmen führte dann aber zu vermehrtem Lager. In diesem Jahr konnten daher gesunde und standfeste Sorten endlich wieder ihre Vorteile ausspielen.


Septoria Tritice an Weizen
Septoria Tritice an Weizen
Deutlicher Infektionsdruck in allen Kulturen
Kam in der Regel gesund durchs Jahr: SU Habanero
Kam in der Regel gesund durchs Jahr: SU Habanero

Die auffälligste Krankheit beim Weizen war dieses Jahr Septoria tritici, die in den letzten Jahren weniger in Erscheinung trat. Die ertragsstärksten Sorten dieses Jahr waren meist solche mit entsprechender Resistenzausstattung (z. B. SU Jonte oder SU Habanero). Ähnliches konnte im Raps beobachtet werden. In den Beständen kamen alle wichtigen Krankheiten vor: Verticilium, Phoma und Sklerotinia. Stängelgesunde Sorten zahlten sich unter diesen Bedingungen aus.


Erst Hitze, dann mieses Wetter: Erträge und Qualitäten schwinden

Konnte aufgrund der früheren Reife profitieren: Lemmy, Foro: Boenisch
Konnte aufgrund der früheren Reife profitieren: Lemmy, Foro: Boenisch
Warm wurde der Juni – leider auch mit einer Woche Hitze mit bis zu 35 °C. Über alle Kulturen reiften jetzt die Bestände extrem zügig ab. Vorteile zeigten hier Sorten, die genetisch bedingt früher abreifen wie z. B. Lemmy (WW), SU Midnight (WG) oder Ludger (RaW) oder die einfach zu diesem Zeitpunkt schon weiter entwickelt waren. Trockenes Erntewetter war auch in Ostdeutschland 2021 Mangelware. Die Wintergerste brach unter dieser wechselhaften Witterung größtenteils zusammen. Mit der Wintergerstenernte kam auch eine gewisse Ernüchterung, denn sowohl die Erträge als auch die Qualitäten waren nicht zufriedenstellend. Der Ertrag schwankte von 40 bis 100 dt/ha und die Qualitäten im Hektolitergewicht von 50 bis 66.

Auch die Raps- und Weizenerträge waren nur knapp unterdurchschnittlich. Der Raps brachte in Brandenburg ca. 25 dt/ha, in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen ca. 35 dt/ha, hatte ein sehr kleines TKG und einen geringen Ölgehalt von ca. 42 %. Der Weizen brachte größtenteils gute Qualitäten.


Wie lassen sich die enttäuschenden Erträge erklären?

Über fast die gesamte Vegetation war der Oberboden feucht. Das führte zu überzogenen Bestandesdichten, einem erheblichen Krankheitsdruck sowie im Raps zu Schädlingsdruck und einem geringen Tiefenwachstun der Wurzel. Dann trocknete der Oberboden in der Hitzephase Mitte/Ende Juni schnell aus, die flach ausgebildeten Wurzeln konnten die massiven Bestände nicht mehr ernähren. Die Nährstoffumverlagerung ins Korn wurde unterbrochen und die Pflanzen schalteten um in die Reifephase.

 

 

Stand: 12.10.2021