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Saatgutversorgung bei Mais trotz Dürre gesichert!

Bei dem Begriff „Rekordsommer“ denkt die ältere Generation an 1976 und die jüngere erinnert sich noch gut an das Jahr 2003. Auch 2018 war ein Sommer, der teilweise vernichtende Auswirkungen auf die Erträge hatte. Wie sieht es 2019 mit der Saatgutversorgung bei Mais aus? Wie kamen deutsche Saatgutvermehrer durch den Sommer? Martin Munz, Fachberater für Baden-Württemberg, berichtet:

In den nächsten Wochen steht die Sortenwahl und Saatgutbestellung für das Maisjahr 2019 an – da drängt sich die Frage auf, ob die Wunschsorten und -mengen überhaupt zur Verfügung stehen. Denn selbst in Regionen, die bei Getreide und Raps einigermaßen glimpflich davongekommen sind, hat es den Mais im August oft doch noch „erwischt“.


Kontrolle der Kolben
Kontrolle der Kolben
Vermehrer haben vorgesorgt

Bei den Vermehrungsbeständen jedoch sieht es anders aus, denn Maisvermehrungen werden anders geführt als „normale“ Bestände. Eduard Feuerstein, Saatmaisvermehrer aus Heitersheim, gibt daher stellvertretend für seine Berufskollegen im Rheintal Entwarnung. Wie fast die gesamte Saatmaisproduktion in Südbaden von 3.638 ha in diesem Jahr steht seine Fläche unter Beregnung. Beregnung ist zur Absicherung des Produktionsrisikos bei Vermehrern entscheidend und daher quasi Pflicht. Hinzu kommt, dass das Gebiet des Rheingrabens über eines der größten und nachhaltigsten Grundwasserreservoirs Mitteleuropas verfügt – Beregnung also quasi immer möglich ist.

Auf 27 ha des Betriebes Feuerstein steht dieses Jahr die Sorte NEUTRINO, die für die SAATEN-UNION vermehrt wird. Mit ca. 150 ha Produktionsfläche nimmt NEUTRINO den 6. Platz der in Deutschland vermehrten Maissorten ein. Die Fläche steht ausschließlich in Südbaden, der wichtigsten und sichersten Produktionsregion Deutschlands.

Anhaltende Trockenheit hat dem Betriebsleiter dieses Jahr einiges abverlangt und deutlich mehr Arbeit und Kosten verursacht. „Schon vor dem Fahnenschieben musste ich dieses Jahr die Beregnung anschmeißen“, schildert Landwirt Feuerstein die besondere Situation in dieser Kampagne am Tage unseres Gesprächs. „Heute ist der 6. August und es ist schon der 6. Beregnungsgang.“ Pro Durchgang werden 25 – 30 mm/Tag aufgewendet. Diese Maßnahme ist die alles entscheidende Risikoabsicherung, denn sie sichert während der Blüte eine ausreichende Wasserversorgung, eine gute Vitalität der Narbenfäden und der Pollen. Damit ist sie entscheidend für die Befruchtung und eine störungsfreie Kornfüllung. Um die gewohnt hohe Saatgutqualität zu gewährleisten, waren auf dem Betrieb Feuerstein dieses Jahr acht Beregnungsdurchgänge notwendig.

Eine elementare Maßnahme bei der Saatgutproduktion von Mais ist die Entfahnung der Mutterlinie, also die Entfernung des männlichen Blütenstandes. So wird die Selbstbefruchtung unterbunden, der Pollen der Vaterlinie ist der garantiert einzige Bestäuber. Der Zeitrahmen dieser Arbeit beschränkt sich auf wenige Tage und wird durch die Länderdienststelle kontrolliert. Unsachgemäße Entfahnung kann zu einer Aberkennung durch die Saatgutanerkennungsstelle des LTZ Augustenberg führen.

Zwar hat die Beregnung auch einen positiven Effekt auf das Mikroklima in den Beständen, aber 2018 war die Temperatur teilweise so hoch, dass man sich schon fragen kann, ob die Qualität der Maiskörner nicht gelitten haben könnte. Bisher kann man aber auch in diesem Punkt Entwarnung geben: Es gibt weder einen ungewöhnlich hohen Krankheitsbefall – im Gegenteil, der Fusariumbefall ist äußerst gering – noch scheint das TKG nennenswert geringer als in anderen Jahren auszufallen.


Produktion von über 80 Sorten in Südbaden

Im Vermehrungsgebiet Südbaden werden insgesamt über 80 Sorten von über 200 Betrieben vermehrt und vor dem Maiswerk der ZG in Heitersheim aufbereitet. Das Ganze erfordert einen enormen Organisations- und Abstimmungsaufwand, denn die Sorten werden zu Produktionsinseln – sogenannten Blöcken – von 1 ha bis über 200 ha gruppiert und es müssen Anbauabstände von 200 m zu Sorten mit anderen Vaterkomponenten oder Konsummaisbeständen eingehalten werden. Auch diese Vorgaben werden streng von behördlicher Seite aus kontrolliert.

Wer meint, dass für die verschiedenen Reifegruppen und Nutzungsrichtungen doch 80 Sorten ausreichen müssten, ist weit von der Realität entfernt. Tatsächlich wurden einer Umfrage zufolge (amis®Seed) in diesem Jahr in Deutschland 759 Sorten angebaut. Aus einer solchen Sortenflut für den eigenen Betrieb die richtige Sortenwahl zu treffen, ist mehr Last als Lust.


Exkurs Sortenwahl: Den „Sortenblick“ fokussieren

Um für die eigene Region und Verwertungsrichtung die geeignete Sorte zu finden, lohnt es, einen Blick in die offiziellen Landessortenversuche zu werfen.

Hinzu kommen einige Handelshäuser, die Exaktversuche durchführen und ebenfalls eine wichtige Informationsquelle darstellen.

So bleibt für die Sortenwahl eine überschaubare Anzahl an Sorten übrig. Am Beispiel des Bundeslandes Baden-Württemberg, in welchem alle Klimaräume vorherrschen, sind dies bei Silomais in der Summe immer noch 93 LSV-geprüfte Sorten. Diese stehen, je nach Reife, im Sortiment für Grenzlagen (700 – 800 m NN) bis zur Siloreifezahl über S 300. In den einzelnen Reifegruppen bei Körnermais standen dieses Jahr 63 Sorten. Die Kandidaten in diesen Landessortenversuchen haben entweder durch eine deutsche Zulassung eine zweijährige Wertprüfung hierzulande durchlaufen oder sich durch eine zweijährige deutsche Prüfung als EU-Sorte für die Prüfung in Landessortenversuchen qualifiziert.

Alles in allem gibt es also ausreichend Sorten mit neutralen Ergebnissen, um für den eigenen Betrieb die Richtige herauszufinden.

Wobei ohnehin bei der Sortenwahl nicht ausschließlich der Ertrag entscheidend sein sollte, sondern auch je nach Verwendungszweck der Stärkegehalt oder die Verdaulichkeit in den Fokus rücken können.


Mehr als 700 Sorten im Angebot – das hat einen starken Wettbewerb zur Folge.

Aber bei allem Preisdruck muss der Aufwand für die Züchtung und die Kosten der Saatgutproduktion, wie am Beispiel des Vermehrungsbetriebes Feuerstein geschildert, honoriert werden. Hochwertiges Saatgut leistungsfähiger Sorten ist daher nicht im Billigsegment zu finden.


Wichtige Produktionsschritte bei der Hybridmaisvermehrung

1. Das Maislegen erfolgt in Streifen Mutter- und Vaterpflanzen z. B. im Verhältnis
4 (weibl.) / 2 (männl.). Ziel ist eine Synchronisation der Blüte, weshalb die männl. Pflanzen zu mehreren Aussaatterminen ausgesät werden.

2. Vegetative Phase: Pflanzen, die optisch abweichen, werden selektiert.

3. Fahnenschieben: Weibliche, fertile Pflanzen müssen entfahnt werden, damit keine Selbstbefruchtung erfolgen kann.

4. Kolbenbildung: Kontrolle der Einkörnung und des Schädlings-/Krankheitsbefalls; Vorselektion

5. Ernte: Die Kolben werden mit 25–37 % Wassergehalt (je nach Sorte, Region und Umwelt) i. d. R. maschinell gepflückt, sortiert, gerebelt und aufbereitet.

Dabei werden qualitativ minderwertige Kolben verworfen. 2018 gab es so gut wie keinen Fusariumbefall, das TKG war trotz der Hitze kaum reduziert.


Die Bestandesführung ist so ausgerichtet, dass das Produktionsrisiko minimiert ist. Beregnung muss schon bei geringem Wassermangel erfolgen. Beregnung hält Narbenfäden und Pollen vital und sichert die Kolbenfüllung. Bis zu 10-mal mussten 2018 Vermehrungsbestände beregnet werden.

Die Länderdienststellen kontrollieren den wichtigen Schritt des Entfahnens. Sie kontrollieren auch die Einhaltung des Mindestabstandes zum nächsten Maisfeld.

Stand: 22.10.2018