Aktuelle Ausgabe 02/2024

Ausgaben

Sonderausgaben

Themen

Abonnement

Impressum

Datenschutzerklärung

Cookie-Einstellungen

Wie rechnen sich Sommerungen 2023?

Das Erntejahr 2022 ist für Körnerfrüchte wesentlich erfolgreicher ausgefallen, als noch im Frühsommer befürchtet wurde. Die höheren Produktionskosten wurden glücklicherweise grundsätzlich von den gestiegenen Erzeugerpreisen mehr als kompensiert. Für den Frühjahrsanbau 2023 stellt sich spätestens jetzt die Frage, wie die noch zur Verfügung stehende Ackerfläche optimal genutzt werden kann. Jörg Reisenweber, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, führt aus, welche Sommerungen den höchsten wirtschaftlichen Erfolg versprechen.

Der Anteil der Sommerungen an der Ackerfläche hat sich die letzten 5 Jahre bei etwa 35 % eingependelt. Spitzenreiter ist aktuell der Silomais mit 2,02 Mio. ha Anbaufläche, gefolgt von Hackfrüchten mit 668 tsd. ha, hierunter Zuckerrüben mit 397 Tsd. ha und Kartoffeln mit 267 Tsd. ha. Auf Platz 3 findet sich der Körnermais mit 466 Tsd. ha, der zusammen mit Silomais rund 21 % der gesamten deutschen Ackerfläche belegt. Mit 371 Tsd. ha liegt die Sommergerste auf dem vierten Platz gefolgt von den Hülsenfrüchten mit 261 Tsd. ha.


Keine erkennbaren Ertragszuwächse bei Sommerungen
Abb. 1 zeigt die Ertragsentwicklung von Sommerungen in Deutschland im Vergleich zum Winterweizen. Bei keiner der dargestellten Früchte ist es in den letzten 10 Jahren in der Praxis zu statistisch erkennbaren Ertragszuwächsen gekommen. Bei Körnermais, Sommerweizen und -gerste haben sie tendenziell sogar leicht abgenommen. Dies ist nicht zuletzt durch die klimatischen Bedingungen wie (Früh-)Sommertrockenheit und Unwetterereignisse verursacht.
Besonders empfindlich zeigte sich hier der Körnermais. Die geringsten Ertragsschwankungen wiesen Sommergerste und Futtererbsen auf.

Für die Anbauplanung und zur Kalkulation der potenziellen Wirtschaftlichkeit von Marktfrüchten ist es daher sinnvoll, sich mindestens am dreijährigen, besser fünfjährigen Ertragsdurchschnitt zu orientieren.


Ertragsentwicklung; zur besseren Ansicht bitte anklicken

Ertragsentwicklung; zur besseren Ansicht bitte anklicken


Erzeugerpresie; zur besseren Ansicht bitte anklicken

Erzeugerpresie; zur besseren Ansicht bitte anklicken


Erzeugerpreise
Die Entwicklung der Erzeugerpreise für Sommerungen im Vergleich zum Qualitätswinterweizen zeigt Abb. 2: Während sich Ackerbohne, Futtererbsen, Braugerste und Körnermais in etwa auf Weizenpreis-Niveau bewegen, heben sich Sojabohne und Sonnenblumen deutlich ab. Der für Soja erzielte Preis hängt unter anderem von den Vermarktungsmöglichkeiten ab. In Süddeutschland ist das Netz an Abnehmern deutlich dichter als der Mitte und im Norden Deutschlands. Die Erzeugerpreise im Erntejahr 2022 wurden von drei Faktoren beeinflusst: Einer drastischen Verteuerung von Energie (Kraftstoffe) und somit pflanzlichen Alternativen (Öl), einer Angebotsverknappung durch Ernteausfälle in Südeuropa sowie den reduzierten Getreide- und Ölsaatenexporten durch den Ukrainekrieg.


Wirtschaftlichkeit der Sommerungen im Rückblick
Im Schnitt der letzten drei abgeschlossenen Erntejahre konnten sich im Bundesgebiet Körnermais und Sojabohnen als deutlich konkurrenzstärkste Sommerkulturen behaupten (s. Abb. 3). Sommerweizen und Sommer(brau)gerste lagen in etwa gleichauf und belegten in der Wirtschaftlichkeit das Mittelfeld. Aufgrund der deutlich schlechteren Bezahlung konnten Ackerbohnen und Futtererbsen hier nicht mithalten. Allerdings sind hier sowohl die Teilnahme an Förderprogrammen, da diese länderspezifisch ist, als auch die Vorfruchtwirkung der Leguminosen, da sie sich erst bei den Folgefrüchten bemerkbar macht, nicht eingerechnet. In Fruchtfolgen mit hohen Getreide- oder Maisanteilen profitieren i. d. R. die nachfolgenden Früchte in Form höherer Erträge und Einsparungen bei Dünger, Pflanzenschutz und Bodenbearbeitung. Abhängig von der jeweiligen Fruchtfolge und vom Standort beträgt im nachfolgenden Weizenanbau für Körnerleguminosen – im Vergleich zu einer Getreidevorfrucht – der Vorfruchtwert etwa 150 bis 200 €/ha. Sonnenblumen konnten im Deckungsbeitragsvergleich nicht überzeugen. Durchschnittliche Erträge von nur etwa 20 dt/ha führten bei Standardqualität nur zu Deckungsbeiträgen um 220 €/ha. Mit Sorten in HO-Qualität lassen sich abhängig von den Vermarktungsgegebenheiten aber deutlich bessere Ergebnisse erzielen.


Deckungsbeiträge; zur besseren Ansicht bitte anklicken

Deckungsbeiträge; zur besseren Ansicht bitte anklicken


Wirtschaftliche Ergebnisse 2022
Gemessen an den dreijährigen Deckungsbeiträgen fallen die wirtschaftlichen Ergebnisse 2022 nach bisherigen Erkenntnissen überraschend gut aus. So hatte lediglich die Sonnenblume mit 177 €/ha einen knapp unterdurchschnittlichen Deckungsbeitrag erzielt.
Das liegt sowohl an den unterdurchschnittlichen Erträgen, als auch an den enttäuschenden Erzeugerpreise.
Sommerweizen und Braugerste konnten ihr Ergebnis nahezu verdoppeln (s. Tab.1). Körnermais hätte mit hohen Erzeugerpreisen zwar ein großes Potenzial gehabt, nutzte dies jedoch aufgrund des schlechten Durchschnittsertrags nicht aus. In klimatisch günstigen Lagen Bayerns, mit ausreichend Niederschlägen, ist hier durchaus ein Deckungsbeitrag in Höhe von bis zu 1.800 €/ha zu erwarten. Die aktuell hohen Erzeugerpreise für Körnerleguminosen der Ernte 2022 führen zu einem positiven Deckungsbeitrag im Durchschnitt zwischen etwa 350 und 650 €/ha. Allerdings enttäuschte die Sojabohne: Bei einem Ertrag von 24,8 dt/ha erreicht sie einen Deckungsbeitrag von ca. 650 €/ha, bei 30 dt/ha wären knapp 1.000 €/ha möglich gewesen (Stand Nov. 2022).


Deckungsbeiträge 22

Deckungsbeiträge 22


Prognose Deckungsbeiträge; zur besseren Ansicht bitte anklicken

Prognose Deckungsbeiträge; zur besseren Ansicht bitte anklicken


Aussichten für 2023: Soja und Körnermais vorn
Als Grundlage für die nachfolgenden Kalkulationen wurden folgende Annahmen getroffen: Ein bundesdeutsches Ertragsniveau, das dem fünfjährigen Durchschnitt (2017 bis 2021) entspricht, Erzeugerpreise aus Informationen des Landhandels (derzeitige Vorverträge) bzw. Ableitungen von den für die Ernte 2023 derzeit maßgeblichen MATIF-Notierungen.
Zur Berechnung der Kosten für Betriebsmittel wurden die Preise für Diesel und Düngemittel (Anfang November 2022) angesetzt. Die Trocknungskosten entsprechen weitgehend denen vom Sommer/Herbst 2022. Zusätzlich wurden Aufschläge für eigens erzeugtes und zuzukaufendes Saatgut vorgenommen. Die Kosten für Pflanzenschutzmittel wurden gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 2020 bis 2022 um 10 % erhöht. Bei Vertragsangeboten von 58 €/dt (ohne MwSt.) und einem Durchschnittsertrag von 29 dt/ha würde unter derzeitigen Voraussetzungen die Sojabohne mit einem Deckungsbeitrag von etwa 750 €/ha als Favorit gelten (s. Tab. 2). Ein großer Vorteil liegt in der Unabhängigkeit vom mineralischen Stickstoffdünger, dessen weitere Preisentwicklung kaum kalkulierbar ist. Abhängig von der weiteren Entwicklung der Energiepreise wird der Körnermais im Bundesdurchschnitt mit etwa 700 €/ha voraussichtlich mindestens den zweiten Platz erzielen.

Derzeit würde er sich deutlich von Sommerweizen und -gerste abheben. Sonnenblumen würden den Prognosen zufolge nur eine untergeordnete Rolle spielen, dies kann sich allerdings beim Anbau von High-Oleic-Sorten und günstigen Vermarktungsbedingungen durchaus ändern. Ackerbohnen und Futtererbsen werden auch 2023 – trotz der Stickstoffautarkie – ohne die Bewertung der Teilnahme an (länderspezifischen) Agrarumweltprogrammen nur bis maximal 400 €/ha an Deckungsbeitrag erreichen. Sind die betrieblichen Voraussetzungen gegeben kann sich die Teilnahme an diesen Umweltprogrammen durchaus lohnen.


Fazit
Wichtig für die Anbauplanung der Sommerungen 2023 sind nicht die absolut erzielbaren Deckungsbeiträge der einzelnen Früchte, sondern deren relative Konkurrenzkraft zueinander. Bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit können mehrjährige Ertragsdurchschnitte sowie Vorvertragspreise oder Börsennotierungen wertvolle Hilfe leisten. Man sollte, sich unbedingt über Marktgeschehnisse und Preisentwicklungen zeitnah informieren.


Stand: 13.12.2022