Aktuelle Ausgabe 01/2024

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Erfahrungsbericht: Sommerungen bringen mehr Sicherheit, mehr Wirtschaftlichkeit

Bei Dr. Sabine Andert, Landwirtin in Altmark (Sachsen-Anhalt), sind einige Sommerkulturen nachhaltig in die Fruchtfolgen zurückgekehrt. Nachdem die Spezialisierung auf Winterungen über Jahre ökonomisch sinnvoll war, hat sich dies jetzt durch agronomische Herausforderungen und klimatische Veränderungen massiv verändert. Sommerungen rechnen sich hier wieder!

Als klassischer Ackerbaubetrieb mit der Spezialisierung auf Winterkulturen war für uns der Anbau von Sommerkulturen bis vor wenigen Jahren ökonomisch und ackerbaulich wenig reizvoll. Leguminosen wurden seit der Entkopplung der Direktzahlungen ab Mitte der 2000er-Jahre nicht mehr angebaut. Sommergetreide wurde nur nach Umbruch einer Winterung gedrillt und für Mais fehlten wirtschaftlich attraktive Vermarktungsmöglichkeiten. Fest etablierte Blattfrucht war Winterraps und der Anbau von Stoppelweizen war eine Konstante und ökonomisch gewinnbringend.


Resistenter Ackerfuchsschwanz zwang zum Umdenken! Bild: Andert
Resistenter Ackerfuchsschwanz zwang zum Umdenken! Bild: Andert
Der resistente Ackerfuchsschwanz zwang zum Umdenken

Agronomische Herausforderungen und klimatische Veränderungen haben dazu beigetragen, dass sich all dies in den letzten Jahren verändert hat. Molekulargenetische Untersuchungen der Ackerfuchsschwanzpflanzen führten zu dem Schluss, dass es keine Option mehr sein konnte, ausschließlich auf chemische Herbizide zu setzen. Die Resistenzentwicklung der Ackerfuchsschwanzpopulationen auf unseren Feldern stand in engem Zusammenhang zu der winterungsbetonten Fruchtfolge mit hohem Getreideanteil. Darüber hinaus zeigte sich, dass der Stoppelweizen aufgrund lang anhaltender Trockenperioden in den Frühjahrsmonaten der vergangenen Jahre auf unserem Betrieb das Ertragsniveau zurückliegender Jahre nicht mehr erreichen konnte.


Sommerungen sind wichtiger Bestandteil des integrierten Agrarmanagements

Die altbewährte Fruchtfolge musste den aktuellen Herausforderungen angepasst werden. Der Anstoß für dieses Umdenken wurde insbesondere nach Erfahrungen einen Umbruchs von Winterraps ausgelöst. Dieser Umbruch und der nachfolgende Anbau von Ackerbohnen zeigte, dass Sommerkulturen einen deutlichen Mehrwert für unseren Betrieb mit sich bringen können. Zudem machte diese kurzfristige „Notfall-Anbauentscheidung“ deutlich, dass Leguminosen oder auch Sommergetreide unkompliziert in das Betriebssystem integriert werden konnten und sich darüber hinaus auch auf die organische Substanz und Struktur des Bodens positiv auswirkten. Heute ist die Fruchtfolge bestehend aus Winterungen (ca. 65–75 %) und Sommerungen (ca. 25–35 %) wichtiger Bestandteil unseres integrierten Agrarmanagements. Eine der wichtigsten Wirkungen der Sommerkulturen ist die Reduzierung der Unkräuter und Ungräser durch die Unterbrechung von Populationszyklen.


Effektiveres und kostengünstigeres Ungrasmanagement, geringere Düngekosten

Der Anbau der Sommerkulturen bringt aus Sicht des Ungrasmanagements für unseren Betrieb zwei positive Aspekte mit sich: Erhöhung der Bodenbearbeitungsgänge in der Zwischenkulturzeit und rotierendes Herbizidregime. Deutlich steigern konnten wir die Zahl der flachen Bodenbearbeitungsgänge im Herbst, um den Ackerfuchsschwanz immer wieder zu stören. Die Bodenbearbeitung vor der Aussaat im Frühjahr hemmte das Ungras zusätzlich. Leguminosen im Vermehrungsanbau bieten die Möglichkeit des Herbizideinsatzes von Wirkstoffen, die in getreidelastigen Fruchtfolgen nicht eingesetzt werden können und deren Resistenzstatus gegenüber Ackerfuchsschwanzpopulationen (noch) gering ist.

Insgesamt führt der Anbau der Leguminosen zu einer voranschreitenden Dezimierung des Ackerfuchsschwanzes auf unseren Flächen. So konnten und können insbesondere die Herbizidkosten gegenwärtig und zukünftig reduziert werden. Neben den positiven Aspekten des Ungrasmanagements ist natürlich der hohe Vorfruchtwert der stickstoffbindenden Leguminosen gegenwärtig von hohem Wert.


Hafer kam 22 auf dem Betrieb Andert gut zurecht. Bild: Constapel
Hafer kam 22 auf dem Betrieb Andert gut zurecht. Bild: Constapel
Nicht alle Sommerungen kommen mit der Trockenheit zurecht

Die Frühjahrstrockenheit hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Am stärksten betroffen ist laut Deutschem Wetterdienst (DWD) der Nordosten Deutschlands und damit auch unser Betriebsstandort. Dies hat erheblichen Einfluss auf die Anbauwürdigkeit der Sommerkulturen auf unserem Betrieb, insbesondere bei den Leguminosen wurden erhebliche Ertragsunterschiede festgestellt.

Da Trockenperioden zur Hauptwachstumsperiode mit der zunehmenden Erderwärmung vermutlich häufiger und vielleicht auch heftiger auftreten werden, steht aktuell der Anbau von Körnerfuttererbsen, überwiegend zur Vermehrung, im Fokus. Von den heimischen Körnerleguminosen weist die Körnerfuttererbse die geringsten Standortansprüche auf. Daher brachte sie auch in den letzten trockenen Anbaujahren meist zufriedenstellende Erträge. Bei Aussaaten von Anfang bis Mitte März steht genügend Restfeuchte für Keimung und Auflaufen zur Verfügung.

Neben Körnerfuttererbsen zählte auch der Sommerhafer zu den Kulturen, die auf unseren Böden in den Trockenjahren stabile Erträge brachten. Andere Sommergetreide waren in ihrer Entwicklung stärker von der Witterung beeinflusst und reagierten mit höheren Ertragsrückgängen.

Ackerbohnen haben einen hohen Keimwasserbedarf im Frühjahr und reagieren während der Blüte und des Hülsenansatzes empfindlich auf Trockenstress. Die geringen Jahresniederschläge führten daher selbst auf unseren tiefgründigen Tonböden zu sehr niedrigen Erträgen. Vielversprechende Alternativen auch hinsichtlich der GAP 2023–2027 sind sicherlich Winterackerbohnen, die wir zukünftig testen werden.

Der Anbau von Sommerkulturen ist stark an die Vermarktungsmöglichkeiten geknüpft. Die innerbetriebliche Verwertung ist ökonomisch sicher vorteilhaft, bei uns als Ackerbaubetrieb aber nur bedingt möglich. Es ist erfreulich, dass sich vor dem Hintergrund der Forderungen nach GVO-freier Fütterung immer mehr Mischfutterhersteller für alternative Eiweißquellen aus heimischer Erzeugung interessieren. Hinzu kommt das zunehmende Interesse an Körnerleguminosen als Marktfrucht, das für uns als Ackerbaubetrieb interessant ist. Auch die zunehmende Bedeutung des Hafers für die Humanernährung öffnet unter Umständen neue regionale Absatzwege.


Fazit

Die aktuelle GAP-Reform bringt Herausforderungen für den Betriebsalltag unseres Ackerbaubetriebes mit sich und wirkt sich insbesondere ökonomisch aus. Die Anbauplanung wird noch intensiver durchdacht und es gilt, strategisch zu planen. Die Anforderungen an den guten und ökologischen Zustand der Flächen (GLÖZ) wird die Fruchtfolgen vieler landwirtschaftlicher Betriebe verändern. Auf unserem Betrieb hat sich in den letzten Jahren gezeigt, dass der Anbau von Sommerkulturen agronomisch sehr positiv zu bewerten ist: Sie haben einen großen Wert für die Fruchtfolge und erhöhen die Leistungsfähigkeit der Anbausysteme. Ökonomisch gilt es, dies einzelbetrieblich zu prüfen – da entscheiden sicherlich auch die regional sehr unterschiedlichen Niederschlagsmengen im Frühjahr der vergangenen Jahre über die Vorzüglichkeit des Anbaus von Sommerkulturen.

Titelbild: Constapel

Stand: 15.12.2022