Aktuelle Ausgabe 01/2024

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Maisanbau in Europa – was verändert sich bei unseren Nachbarn?

Anbau und Verwertung von Mais werden in den kommenden Jahren vor neuen Herausforderungen stehen: zunehmende Restriktionen bei Beizungen, allgemeine Preisanstiege, veränderte politische Rahmenbedingungen, ein veränderter Schädlingsdruck und auch der globale Klimawandel inklusive regionaler Wetterkapriolen. Hinzu kommt, dass Agrarprodukte hoch bewertet und Märkte stark volatil

Tschechien von Pavel Ježek

Entgegen vieler EU-Länder hat es dieses Jahr in Tschechien ausreichende Niederschläge gegeben. Die Silomaiserträge waren dementsprechend hoch und die Lager sind gut gefüllt. Die Anbaufläche wird 2023 daher nicht nennenswert ausgeweitet werden. Um die Qualität in der Silage zu erreichen, werden Silomaissorten mit hohem Stärkegehalt nachgefragt werden.

Beim Körnermais sind die Trocknungskosten entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg. Neben vermehrtem Rückgriff auf Zahnmaisgenetik werden Landwirte auch die Wahl einer früheren FAO-Reifezahl bevorzugen. CCM-Mais wird zunehmend eine Option auch für Milchviehbetriebe, um hohe Energiegehalte in die Futterration zu bekommen.

Auch in Tschechien sind die Düngemittelkosten jetzt eine echte Herausforderung: Der Einsatz von Mineraldünger wird aufgrund der Verfügbarkeit begrenzt sein. Derzeit kann davon ausgegangen werden, dass 2023 etwa 15 % weniger mineralischer Dünger eingesetzt wird. Mit Mist, Biogassubstrat oder Zwischenfrüchten wird versucht, den Mineraldünger zu kompensieren. Auch ist zu erwarten, dass der Anteil Leguminosen in der Fruchtfolge ansteigen wird, um so Stickstoff in den Boden zu bekommen. Die Sojabohne ist hier als eine neue und interessante Kulturart zu nennen, welche zudem ein attraktives Preisniveau erzielen kann.


Polen von Rafał Spychała 

Für die kommende Aussaat 2023 werden aufgrund der hohen Kostenstruktur, insbesondere der Dünge- und Trocknungskosten, andere Sortentypen gefragt werden. Beim Körnermais ist ein schnelles Dry-Down-Verhalten der Sorten wichtig, um die Erntefeuchte gering zu halten und Trocknungskosten zu sparen. Sorten mit Zahnmaisgenetik, wie etwa Horizonte (K 200) oder Kabanero (K 280) können so hohe Erträge und niedrige Kornfeuchten realisieren. Doch auch agronomische Aspekte werden wieder vermehrt in den Fokus rücken. Vor allem bei Körnermais wird großer Wert auf Pflanzengesundheit gelegt, weshalb Sorten mit einer guten Standfestigkeit und einer guten Widerstandsfähigkeit gegen Stängel- und Kolbenfusarium bevorzugt werden. Eine Lehre aus 2022 ist, dass mehr Wert auf die Jugendentwicklung bei Silo- und Körnermais gelegt wird. Sorten mit zügiger Jugendentwicklung haben auch schon bei kühlen Temperaturen meist das bessere Wurzelsystem, sodass sie Wasser und Nährstoffe effektiver nutzen können. Auch das Risiko von Kälteschäden im Frühjahr wird reduziert. Sortengesundheit in Kombination mit einer zügigen Jugendentwicklung bringen z. B. die Sorten Pumori und Neutrino mit. Mit Blick auf die hohen Düngerkosten gewinnt die N-Effizienz an Bedeutung. Gefragt werden also Sorten, die auch mit vergleichsweise geringen Düngermengen stabil-hohe Erträge realisieren können (z. B. Susann, SU Crumber, Prestol). In Polen ist die Maisanbaufläche in den letzten Jahren angestiegen. 2022 wurden etwa 1,86 Mio. ha (davon ca. 1,1 Mio. ha Körnermais) angebaut. Der Flächenanstieg in Kombination mit dem sich ändernden Klima wird neue Schaderreger nach sich ziehen. Gleichzeitig werden Pflanzenschutzmittelapplikationen politisch limitiert und immer weniger Wirkstoffe – vor allem prophylaktische – zugelassen. Alternative mechanische Maßnahmen und der biologische Pflanzenschutz (z. B. Trichogramma) gewinnen daher immer mehr an Bedeutung.


Die Niederlande von René Boons

Die Entwicklung des Maisanbaus in den Niederlanden ist stark politisch getrieben. Zwei wesentliche Trends werden zukünftig erwartet: ein Rückgang der Milchviehbestände und damit einhergehend eine Reduzierung der Maisanbaufläche, eingebettet in neue Fruchtfolgen.

Die niederländische Regierung will an der in der EU vereinbarten Reduzierung der Stickstoffemissionen bis 2030 festhalten. Da die Landwirtschaft zu den drei größten Emittenten zählt, wird diskutiert, Tierbestände zu reduzieren. Insbesondere Milchviehbetriebe werden betroffen sein. Mittelfristig ist damit eine Reduzierung der Maisanbaufläche von etwa 12 % auf ca. 160 Tsd. ha und eine Halbierung der Milchviehbestände zu erwarten.

Bisher gilt in den Niederlanden auf Ebene der Milchvieh­betriebe eine 80:20-Regel: Auf max. 20 % der Fläche darf Mais, auf den restlichen 80 % Futterpflanzen (inkl. Grünland) angebaut werden. Dieser Teil einer Ausnahmeregelung wird 2023 abgeschafft. Stattdessen wird eine obligatorische Fruchtfolge (1 zu 4) auf Feldebene eingeführt: 1 Jahr Maisanbau gefolgt von 4 Jahren Futterpflanzen, wie bspw. Grünland. Anstelle von 250 kg N/ha dürfen nur noch 170 kg N/ha ausgebracht werden, von denen der größte Teil ans Grünland geht. Leguminosen werden im Grünland daher als Bestandteil einer ausgeklügelten Düngerstrategie eine größere Rolle spielen. Da insgesamt weniger Stickstoff für die Maispflanzen zur Verfügung stehen wird, kann das maximale Ertragspotenzial vermutlich nicht mehr realisiert werden. Diese Maßnahme ist jedoch positiv für den Wasserhaushalt des Bodens und fördert die Zunahme von organischer Substanz. Nachteil:  Es erhöht sich der Krankheitsdruck durch Drahtwürmer.

Neben der Entwicklung hin zu einem Maisanbau ohne Pflanzenschutzmittel wird auch der Anbau von früheren Sortentypen (FAO 180 bis 220) stimuliert. Es gilt für Sandböden, dass Mais, der nach dem 1. Oktober geerntet wird, mit einer Untersaat angebaut werden muss. Bei Beerntung vor diesem Stichtag ist eine Untersaat während der Vegetationszeit vom Mais nicht notwendig.


Dänemark von Jens-Ole Nielsen

Dänemark ist aufgrund der geografischen Lage und der weitgehenden klimatischen Bedingungen ein Grenzland für den Maisanbau. Insgesamt werden ca. 170 Tsd. ha Silomais und etwa 9 Tsd. ha Körnermais angebaut.

Zwar ist Dänemark ein sehr kleines Land, man findet aber trotzdem je nach Region unterschiedliche Mais-Reifegruppen. Etwa 40 % des dänischen Maises hat die Reifegruppe FAO 150–190, ein großer Teil davon ist in West- und Nordjütland zu finden. Auf etwa der Hälfte der Fläche wird Mais mit der Reifegruppe FAO 190–210 angebaut. Nur 10 % der Flächen sind für spätere Reifegruppen geeignet. Das Frühjahr kann in Dänemark empfindlich kühl sein. Entscheidend für eine gute Bestandesetablierung sind daher auch eine gute Saatgutqualität (Nachweis über Kalttest unter Laborbedingungen) und gute Aussaatbedingungen.

In Dänemark ist die P-Düngung stark reguliert. Viehhaltende Betriebe dürfen maximal 35 kg pro ha und Jahr düngen. Diese Menge wird meist schon über die Güllegabe erreicht, sodass eine weitere Zufuhr zur Saat wie z. B. mit einer Unterfußdüngung gar nicht mehr oder nur in sehr geringem Maße möglich ist. Daher steigt bei den dänischen Betrieben das Interesse an Biostimulanzien oder Mikronährstoffen, die die Nährstoffverfügbarkeit verbessern sollen.

Zudem gibt es in Dänemark ein komplexes Regelwerk für Zwischenfrüchte und Untersaaten. U. a. gilt für viehhaltende Betriebe: Wer mehr als 10 ha Ackerland bewirtschaftet, muss davon auf 10 % Zwischenfrüchte anbauen. Wer mehr als 30 kg/ha N über Gülle oder Mist ausbringen möchte, muss auf zusätzlichen Flächen Zwischenfrüchte anbauen. Das kann je nach Standort zu einem Zwischenfruchtanteil von bis zu 45 % führen!

Ansprechpartner Daniel Ott,

Fotos: Ježek, Spychała, Boons, Nielsen, SAATEN-UNION

Stand: 10.10.2022