Aktuelle Ausgabe 01/2024

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Fruchtfolgen als Problemlöser?

Für den Ökologischen Landbau ist die Fruchtfolge der Dreh- und Angelpunkt: Sie ist Basis für Bodenfruchtbarkeit, Ökonomie, Pflanzenschutz und Pflanzenernährung. In dem Gespräch von Stefan Ruhnke mit Sven Heinrich, Gut Rosenkrantz, einem Handelsunternehmen für Natur- und Bioprodukte, wird auch deutlich: Vieles davon kann auch auf konventionell wirtschaftende Betriebe übertragen werden.

Starker Ackerfuchsschwanzbefall - hier kann eine geschickte Fruchtfolge regulieren.
Starker Ackerfuchsschwanzbefall - hier kann eine geschickte Fruchtfolge regulieren.
praxisnah: Viele Ihrer Beratungsbetriebe stellen gerade auf den Ökologischen Landbau um. Wie wird diese Phase von den Betrieben wahrgenommen?

Sven Heinrich: Viele Landwirte merken während der Umstellung, dass diese Landwirtschaft nicht mehr so termingebunden ist, da man viel intensiver auf Pflanzen, Umweltbedingungen und auch auf den eigenen Betrieb achten muss. Man schaut auf die Wirtschaftlichkeit der gesamten Fruchtfolge. Mit der Notwendigkeit weiter Fruchtfolgen bedarf es zusätzlich ganz anderer Vertriebswege und Anbauverfahren, und dieser Sachverhalt ist für viele sehr spannend.

 

Welche Anforderungen stellen weite Fruchtfolgen, als wesentlicher Baustein des Ökologischen Landbaus?

Das Anforderungsportfolio einer Fruchtfolge erstreckt sich über alle ackerbaulichen Problemstellungen. Ökonomische, ökologische und betriebsspezifische Ansprüche müssen dabei über einen Zeitraum von fünf bis acht Jahren in Einklang gebracht werden. Das Gleichgewicht der mehrenden und zehrenden Kulturen muss betrachtet werden. Ich habe im Ökologischen Landbau kaum „Korrekturmittel“ zur Vermeidung von (Fruchtfolge)Krankheiten, Nährstoffmanagement etc. – das muss im Wesentlichen über die Fruchtfolge laufen.


Für die Ökolandwirtschaft gilt ja eigentlich die Kreislaufwirtschaft. Welche Möglichkeiten haben reine Ackerbaubetriebe?

Ein reiner Ackerbaubetrieb, der mit 100 ha umstellen will, hat nach der Umstellung lediglich 60–70 ha für den Ackerbau zur Verfügung. Die anderen 30–40 ha, die für das Nährstoffmanagement und die Gesunderhaltung der Fläche benötigt werden, muss ich in irgendeiner Form gewinnbringend oder möglichst verlustarm durchkriegen.

Zum einen sind Futter-Mist-Kooperationen zu nennen, aber dazu brauche ich natürlich eine geeignete Betriebsumwelt. Dann ist da noch das Cut & Carry-Verfahren: Das ansonsten für Futterzwecke geerntete Kleegras wird von einer Geberfläche auf eine Nehmerfläche als Gründüngung ausgebracht. Für eine langfristigere Nutzung des Erntegutes bieten sich Möglichkeiten der Silierung oder Kompostierung.

Man kann auch den Leguminosenanbau in den Hauptfruchtanbau integrieren: z. B. Weißklee als Untersaat in Getreide. Viehlose Betriebe können Futterleguminosen anbauen und diese dann verkaufen. Leguminosen wie z. B. Lupinen haben eine sehr gute Vorfruchtwirkung und erzielen momentan gute Preise.

Die Kooperation mit Bio-Biogasanlagen ist auch interessant, denn Biogasgülle und Gärreste sind effektive Düngemittel, die den Pflanzen sehr schnell zu Verfügung stehen.


Wie bekommt man mit rein pflanzlichem Dünger und ohne Gärrest den Stickstoff rechtzeitig für die Ertragsanlage in die Pflanze?

Das geht über die Position der Hauptkulturen innerhalb der Fruchtfolgen: z. B. zwei Jahre Kleegras vor einem Winterweizen. Dann mineralisiert ziemlich viel im Herbst, im frühen Frühjahr und auch darüber hinaus. Nach Kleegras stehen die Kulturen, mit denen ich Qualität erzeuge und auch Geld verdiene. Eine beispielhafte Fruchtfolge wäre ein Kleegras (nährend) vor Backweizen (zehrend), gefolgt von einer Zwischenfrucht vor einer Kartoffel (zehrend), gefolgt von einem Dinkel (zehrend), zu einer Sommerleguminose (nährend) und als abtragende Kultur dann noch einen Hafer (zehrend).


Mechanische Unkrautregulierung bringt bei übermäßigem Einsatz Nachteile mit sich. Kann die Fruchtfolge dazu beitragen, den Einsatz zu reduzieren?

Jede Bodenbearbeitung ist immer mit einer Mineralisierung, Anregung der Mikroorganismen und auch gegebenenfalls der Unkräuter verbunden. Bodenbearbeitung gibt immer einen Impuls, den ich steuern muss.

Die Fruchtfolge ist der wichtigste Einzelfaktor zur Regulierung der Unkräuter. Die stärkste Wirkung besteht beim Wechsel von Blatt- zu Halmfrüchten, der den Zyklus der Unkräuter, die Winterungen begleiten, unterbricht. Über eine gute Nährstoffversorgung, eine geeignete Sortenwahl und eine Wachstumsförderung kann ich die Kulturen stärken –, die Bestände schließen schneller. Neben Mais mit planophiler Blattstellung können auch Untersaaten eine Spätverunkrautung über Lichtentzug unterdrücken. Auch das mehrjährige Kleegras bietet eine sehr gute Möglichkeit: Mit dem häufigen Schröpfen des Bestandes kann man auch ausdauernde Unkräuter gut in den Griff bekommen.


Mit ausgewogenen Fruchtfolgen tritt ein solcher Ackerfuchsschwanzbefall nicht auf.
Mit ausgewogenen Fruchtfolgen tritt ein solcher Ackerfuchsschwanzbefall nicht auf.
Sind dies auch Maßnahmen gegen Ackerfuchsschwanz?

Der Ökologische Landbau bietet gute Möglichkeiten zur Ackerfuchsschwanzbekämpfung. Die Kombination aus mehreren Maßnahmen – später Saattermin und der Wechsel zu einer Sommerung – ist langfristig die beste Strategie. Man kann gute Effekte erreichen, das zeigt eine Studie aus England, wenn man Wintergetreide spät nach dem Keimlingspeak der Unkrautsamen sät. Mit der Säkombination wird dem Unkraut dann während der Aussaat zusätzlich einer „auf den Deckel gegeben“. Aber man benötigt Zeit, um das Samenpotenzial zu reduzieren.

Man muss sich aber generell von dem Anspruch an einen unkrautfreien Feldbestand verabschieden, weil es einfach nicht möglich und auch gar nicht erwünscht ist. Unkräuter zeigen uns, was wir falsch machen: Kamille als Verdichtungsanzeiger, das verstärkte Auftreten von Ungräsern in Folge falscher Saattermine usw.


Bodenbürtige Krankheiten sind auch im Ökologischen Landbau ein großes Thema. Was können Sie dagegen tun?

Zunächst einmal: Anbaupausen einhalten und Sekundärwirte bekämpfen. Man kann auch Kulturen gegen andere austauschen, z. B. Erbse gegen Soja und natürlich muss man, da viele Krankheiten saprophytisch auf Ernteresten überleben können, die Stoppel gründlich bearbeiten. Die Stoppel sollte in die oberen bodenaktiven Schichten eingearbeitet und nicht auf 30 cm eingewühlt werden. Dort überdauern sie und werden dann im nächsten Jahr wieder nach oben geholt. Über mehrjähriges Kleegras kann das aktive mikrobielle Leben im Boden gefördert werden, wodurch Stoppeln schneller umgesetzt werden. Ich habe zusätzlich eine Habitatkonkurrenz der Mikroorganismen im Boden, Schadorganismen haben es dann schwerer. Eine vollständige Bekämpfung ist aber nicht möglich.


Ein später Saattermin ist immer auch mit einem Ertragsverlust verbunden …

In der Landwirtschaft ist es immer so: Ich gewinne das eine, ich verliere das andere. Kürzere Vegetationszeiten führen in der Landwirtschaft oft auch zu besseren Qualitäten, da Ertrag und Qualität bekanntlich negativ miteinander korrelieren.


Welche Mittel können und dürfen Sie einsetzen, um Krankheiten wie Steinbrand zu bekämpfen?

Tillecur® auf Senfmehlbasis oder Cerall®, das ist ein mikrobiologisches Präparat. Es stehen aber auch physikalische Verfahren wie Elektronenbehandlung oder Warmwasserbeizen zur Verfügung. Gerade bei Vermehrungen sollte man einen Schutz des Saatgutes zur Risikoverminderung einsetzen. Wenn eine Konsumgetreidepartie Steinbrand aufweist, kann die Sporenbelastung mittels Bürsten bei einem Aufbereiter wie Gut Rosenkrantz reduziert werden. Mit der Verwendung von Z-Saatgut bekommt man untersuchte, saubere Saatgutqualität.

Die meisten werden in Zukunft einen Mittelweg fahren und das Beste aus beiden Welten kombinieren: Fruchtfolgen aus dem Ökologischen Landbau und Betriebsmittel aus dem konventionellen im Rahmen des integrierten Pflanzenschutzes.

Stand: 05.07.2021