Aktuelle Ausgabe 01/2024

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Drahtwurmgefahr im Mais – was kann man tun?

Drahtwürmer, die Larven verschiedener Schnellkäferarten, führen in den letzten Jahren auf vielen Standorten im Mais zu erheblichen Pflanzenverlusten. Möglichkeiten des chemischen Pflanzenschutzes schwinden. Der Drahtwurm muss daher ackerbaulich über die gesamte Fruchtfolge bekämpft werden. Franz Unterforsthuber, Fachberater für Südbayern, zeigt Möglichkeiten auf.

Die Schnellkäfer legen in den Monaten April bis Juni ca. 200 Eier in Paketen 1–2 cm in den Boden und bevorzugen dicht bewachsene, feuchte Bestände. Ideal dafür sind Stilllegungen, Grünland, mehrjähriges Ackerfutter und auch geschlossene, stärker verunkrautete Getreidebestände. Nach 3–4 Wochen entwickeln sich die ersten Larven, die mehr als 10 Stadien durchlaufen. Die Larve bevorzugt feuchte Bedingungen und ernährt sich von organischer Substanz und wachsenden Wurzeln. Angelockt durch CO2, das von der Wurzel an die Umgebung abgegeben wird, kommt sie zur Nahrungsaufnahme in den Wurzelhorizont. Die Larvenentwicklung dauert je nach Feuchte, Temperatur und Nahrungsangebot drei bis fünf Jahre, bevor sich der Drahtwurm im Zeitraum Juli/August in etwa 20 cm Bodentiefe verpuppt und zum neuen Schnellkäfer heranwächst. Er ist ein Überlebenskünstler und übersteht Problemphasen in einer Ruhestarre in etwa 60 cm Tiefe.


Drahtwurm an Mais
Drahtwurm an Mais
Gefährdete Standorte

In Böden in niederschlagsreicheren Regionen mit höherem Humusgehalt und damit mehr organischer Substanz und v. a. in Grünlandumbrüchen fühlt sich das Insekt also besonders wohl. Lange Phasen der Bodenruhe z. B. durch mehrjähriges Kleegras oder allgemein durch stark reduzierte Bodenbearbeitung lassen eine ungestörte Entwicklung mehrerer Larvengenerationen zu. Nicht zu vergessen sind Flächen mit Wurzelunkräutern, die durch ihr kontinuierliches Wurzelwachstum ständig Nahrung liefern. So kommt es über die Jahre wiederholt an denselben Stellen zu Problemen.

Das Schadensausmaß verstärkt sich in trockenen Frühjahren, da die Larven gezielt die Feuchtigkeit der Wurzeln wachsender Kulturpflanzen suchen.


Bodenbearbeitung ist bei Bekämpfung entscheidend

An diesen Zusammenhängen ist zu erkennen, dass es nicht DIE eine Maßnahme zur Bekämpfung des Drahtwurms gibt, sondern kontinuierlich daran gearbeitet werden muss, die Populationen im Acker niedrig zu halten. Nur so lassen sich im Mais Pflanzenausfälle in stärkerem Ausmaß vermeiden. Dabei sind verschiedene Maßnahmen im Zeitraum Sommer bis Spätsommer sehr effektiv.

Eine erfolgreiche Bekämpfung durch Bodenbearbeitungsmaßnahmen setzt Folgendes voraus:

  1. Wachsende Wurzeln müssen den Drahtwurm in den Bearbeitungshorizont locken.
  2. Bei der Bearbeitung müssen trockene Bedingungen vorherrschen, die die Drahtwurmpopulation austrocknen und damit reduzieren.

Zeitraum Vegetationsbeginn/Frühjahr: Im Frühjahr zu Vegetationsbeginn sind die Bedingungen für eine erfolgreiche Bekämpfung eher selten gegeben. Man bräuchte einen wachsenden Bestand als Lockmittel (Weidelgras oder winterharte Zwischenfrucht) und einen warmen, trockenen März vor der Maisaussaat, der die Larven nach Bodenbearbeitung austrocknen lässt. In dieser problematischen Zeit bleibt in der Regel nur, den auflaufenden Mais mit den bereits beschriebenen eingeschränkten Möglichkeit Kalkstickstoff und Beize zu schützen.

Nach der Getreideernte: Besonders effektiv ist die Drahtwurmbekämpfung in der Zeit nach der Getreideernte im Sommer bis Spätsommer (Juli/August). Nach zuerst flacher Bodenbearbeitung lockt das Wurzelwachstum des Ausfallgetreides die Drahtwürmer nach oben. Mit einer zweiten ca. 20 cm tiefen Bearbeitung unter trockenen Bedingungen kann die Schädlingspopulation ausgetrocknet und reduziert werden. Einen noch größeren Bekämpfungserfolg bringt die Wiederholung dieses Vorgangs.

Eine frühe Getreideernte ist für dieses Bekämpfungssystem von Vorteil. Das spricht v. a. für die Kulturart Wintergerste und auch frühreife Weizensorten, wie z. B. Lemmy oder SU Aventinus. Zeitlich ideal ist auch eine frühe GPS-Nutzung mit Untersaat Weidelgras. Das Wurzelwachstum der Untersaat wird nach der Getreideernte die Drahtwürmer in den Bearbeitungshoriziont locken.


Grasuntersaat in Triticale-GPS
Grasuntersaat in Triticale-GPS
Humusförderung kontra Drahtwurmbekämpfung: Prioritäten setzen!

In der derzeitigen Diskussion „Pflanzenbau im Klimawandel“ wird häufig die CO2-Speicherung durch Humusaufbau als Lösungsansatz genannt. Der Humusaufbau soll mit ganzjährigem Bewuchs, langer Bodenruhe, pflugloser und extensiver Bodenbearbeitung etc. gefördert werden. Sicher ist ein Aufbau des Humus für viele Standorte positiv zu bewerten, die dazu notwendigen Maßnahmen widersprechen jedoch komplett den hier notwendigen Bekämpfungsmaßnahmen dieses Schädlings. Nun muss man aber auch sehen: Die meisten Befallsstandorte liegen in Regionen mit höheren Jahresniederschlägen, werden organisch gedüngt und haben daher mit Humus kein Problem. Dem weiteren Humusaufbau muss hier keine so große Bedeutung beigemessen werden.


Einfluss der Zwischenfrucht

Häufig wird der Zwischenfruchtanbau im Zusammenhang mit dem Drahtwurm pauschal als schädlingsfördernd diskutiert. Das stimmt jedoch so nicht. Einjähriger Zwischenfruchtanbau führt in Kombination mit intensiver Bodenbearbeitung zu keiner Vermehrung der Drahtwurmpopulation. Demgegenüber sind Aussaaten im Vorernte-Verfahren in den stehenden Getreidebestand bzw. Direktsaat- Verfahren, die auf trockenen Standorten durchaus Sinn machen, in Befallslagen abzulehnen. Auch Untersaaten mit überjährig wachsenden Gräsern und v. a. mehrjähriger Zwischenfruchtanbau sind wegen der längeren Bodenruhe kritisch zu sehen

Jedoch verzögert eine intensivere und evtl. mehrmalige Bearbeitung die Aussaat der Zwischenfrucht, entsprechend müssen Kulturen mit angepasster Saatzeittoleranz ausgewählt werden. Der schnellwachsende Ölrettich Silettina (z. B. in der Zwischenfruchtmischung viterra® MAIS) oder der bewährte Gelbsenf Albatros (z. B. in der Zwischenfruchtmischung viterra® SCHNELLGRÜN) sind eine gute Wahl. Kreuzblütler wie Senf und Ölrettich sind auch für die noch verbleibenden Larven durch den „Biofumigations-Effekt“ weniger attraktiv.


Zusammenfassung

In der derzeitigen Diskussion „Pflanzenbau im Klimawandel“ wird häufig die CO2-Speicherung durch Humusaufbau als pauschaler Lösungsansatz genannt. Doch nicht auf allen Standorten ist ein Humusaufbau notwendig und angezeigt. „Klassische“ Drahtwurmstandorte sind das beste Beispiel hierfür, denn sie verfügen in der Regel schon über relativ hohe Humusgehalte und die Maßnahmen für einen weiteren Humusaufbau würden die Drahtwurmpopulation weiter fördern.

Der Drahtwurm wird in bestimmten Anbauregionen zum Problem, verstärkt durch den Wegfall hochwirksamer insektizider Beizen. Der öfter verurteilte Zwischenfruchtanbau spielt bei der Drahtwurmproblematik jedoch eine untergeordnete Rolle. Das effektivste Gegenmittel, das wir beim Drahtwurm haben, ist eine intensive, zielgerichtete Bodenbearbeitung.

 

Stand: 06.05.2021