Aktuelle Ausgabe 01/2024

Ausgaben

Sonderausgaben

Themen

Abonnement

Impressum

Datenschutzerklärung

Cookie-Einstellungen

Anbauwürdigkeit: Wo passen Erbsen, Acker- und Sojabohnen?

Körnererbse, Acker- und Sojabohne haben unterschiedliche Ansprüche an Boden und Klima, zudem sind die Vermarktungsstrukturen nicht überall gegeben.

Wer also mit der Erweiterung der Fruchtfolge mit Leguminosen liebäugelt, sollte vorher prüfen, welche Kulturart auf den Betrieb und in die Region passt.

praxisnah sprach mit Jan Böse, Produktmanager für Ackerbohnen und Futtererbsen, und Dr. Olena Sobko, Produktmanagerin für Sojabohnen, über Anbaupotenzial und Vermarktung unserer wichtigsten heimischen Leguminosen.


praxisnah: Welche klimatischen Grundvoraussetzungen brauchen Acker- und Sojabohnen bzw. Körnererbsen?

Böse: Die Ackerbohne braucht vor allem zur Blüte Ende Mai bis Ende Juni für einen guten Hülsenansatz ausreichend Wasser. Das gilt im Prinzip genauso für die Erbse. Bei fehlendem Wasser oder auch extremer Hitze in diesem Zeitraum werden die Blütenanlagen reduziert.

Erbsen benötigen im Vergleich mit Ackerbohnen über die Vegetation jedoch nur die Hälfte an Wasser, wodurch sie sehr breit anbauwürdig sind. Vor der Blüte sind Spätfröste für gut verwurzelte Ackerbohnen meist nicht problematisch. Zur Zeit der Blüte jedoch reduzieren sie den Ertrag erheblich. Erbsen können zumindest leichtere, frühe Spätfröste ebenfalls kompensieren.

Sobko: Auch die Sojabohne ist empfindlich, wenn zur Blüte, besonders aber zur Zeit der Hülsenfüllung (Ende Juni bis Mitte August), das Wasser knapp wird. Dann werden die Blüten abgestoßen bzw. die Anzahl der Körner pro Hülse, die TKM und auch die Zahl der Seitentriebe reduziert. Spätfrost dagegen ist für Soja bis zu -5 °C kein Problem. Bei Soja sind vielmehr die benötigten Wärmesummen entscheidend – die Aufteilung in Reifegruppen basiert darauf: Je spätreifer die Sorte, desto höher soll die Wärmesumme sein. Da sich die Wärmesummen in den letzten Jahren verschoben haben, eignen sich heute viel mehr Regionen für einen Sojaanbau als noch vor 10 Jahren – ausreichende Niederschläge vorausgesetzt. Hitze zur Abreife führt zu Ertragseinbußen besonders bei den 000-Sorten.


Eignen sich alle Böden oder gibt es Ausnahmen?

Böse: Für Ackerbohnen scheiden Sandböden aus, weil hier das Wasserhaltevermögen zu gering ist. Acker- und Sojabohnen und Erbsen reagieren stark negativ auf Bodenschadverdichtungen. Steine erschweren die Erbsenernte, daher sollte man möglichst anwalzen und absammeln.

Sobko: Soja passt sehr gut auf leicht erwärmende Böden mit lockerer Struktur. Sandböden und schwere Tonböden sind zu vermeiden und steinige Böden, aber auch Hanglagen bereiten Ernteschwierigkeiten.


Gibt es Einschränkungen bei der Fruchtfolgeeignung?

Böse: Die Ackerbohnen passen besonders in von Winterungen dominierten Fruchtfolgen. Erbsen eignen sich sehr gut als frühräumende Vorfrucht, etwa vor Winterraps oder Wintergerste. Als Blattfrucht bietet die Leguminose Vorteile in der Unkrautbekämpfung – Stichwort „Resistenzmanagement“.

Man muss bei Ackerbohnen eine Anbaupause von mindestens 4 Jahren und bei Erbsen eine von mindestens 6 Jahren einhalten. Zwischenfruchtmischungen sollten dann aus phytosanitären Gründen frei von Leguminosen sein.

Sobko: Wintergetreide als Vorfrucht hinterlässt weniger Nmin und sollte daher für Soja bevorzugt werden. Soja ist grundsätzlich selbstverträglich, weil die Krankheiten und Schädlinge (vor allem Nematoden) in Deutschland noch kein Problem darstellen. Man hört immer wieder, dass man Soja nach Soja nicht mehr impfen müsste. Das stimmt aber nicht, denn die Knöllchenbakterien sterben über Winter in unseren Breiten ab! Bei Sclerotinia ist der Befall in Deutschland noch nicht dramatisch, aber Kreuzblütler übertragen diese Krankheit auch. Da sollte man aufpassen.


Welche Parameter sind bei der Bewertung der Wirtschaftlichkeit wichtig?

Böse: Will man die Fruchtfolge erweitern, dann ersetzt die Leguminose eine andere Hauptfrucht. Wenn die Ackerbohne zum Beispiel statt Stoppelweizen angebaut wird, muss man diese beiden Kulturen miteinander ökonomisch vergleichen. Dazu gibt es im Internet Hilfsmittel, zum Beispiel den Fruchtartenrechner der SAATEN-UNION (www.saaten-union.de/Fruchtartenrechner; Beispielrechnung s. Tab. 1).


Beispielrechnung

Beispielrechnung


Wie sehen denn die Vermarktungsstrukturen im Lande aus?

Sobko: Für Soja werden sie immer besser, weil heimische Soja in der Humanernährung immer beliebter wird. Zwei Beispiele: Die Rügenwalder Mühle fördert seit 2020 heimischen Sojaanbau. Die Taifun-Tofu bietet Vertragsanbau von Biosoja von Baden-Württemberg bis Österreich an.

Böse: Auch bei Ackerbohne und Körnererbse entwickelt sich dieses Marktsegment. Die FAVA-TRADING im Norden, die Emsland-Aller Aqua im Osten und der Verein Rheinische Ackerbohne e. V. im Westen sind gute Beispiele für eine innovative Vermarktung. Wir beobachten auch immer wieder engregionale Vermarktungsideen. Natürlich geht auch ein Teil der Ware ins Futter – leider sind immer noch zu wenige Handelshäuser bereit, Leguminosen aufzunehmen und entsprechend zu bezahlen.

Sobko: Bei Soja sieht es besser aus: Im Süden kann man bei fast jedem Händler Futtersoja abliefern.

Hier können Sie eine Übersicht mit Abnehmern für Soja, Futtererbsen, Ackerbohnen finden:

www.saaten-union.de/abnehmerkarte/


Es besteht ja noch die Möglichkeit der Selbstverfütterung oder einer Betriebskooperation. Worauf muss man dabei achten?

Böse: Ganz wichtig sind ausreichende Lagerkapazitäten, denn es fließt ja nur ein Teil direkt ins Futter ab, der Rest folgt nach und nach. Bohnen und Erbsen sind bei 14,5 % Feuchte gut lagerfähig. Bohnen nehmen bei der Trocknung die warme Luft nicht so schnell auf wie Getreide, das muss man einplanen.

Sobko: Will man Sojabohnen an Monogastrier verfüttern, muss man sie vorher aufbereiten, um antinutritive Substanzen wie Trypsininhibitoren, Urease, Phytinsäure zu reduzieren. Kurzfristig ist Soja mit 13 % Wasseranteil lagerfähig. Damit das Öl nicht ranzig wird, braucht es für eine langfristige Lagerung 9 %. 8–10 Monate sind dann kein Problem.


Wie sehen Sie den Leguminosenmarkt der Zukunft?

Böse: Fleischersatzprodukte werden immer beliebter und proteinreiche Leguminosen liefern hier einen wertvollen Rohstoff. Die Zahl der Firmen, die sich auf die Verarbeitung und Vermarktung von Ackerbohnen im Humanernährungssektor spezialisieren, steigt.

Sobko: Hinzu kommt, dass der Anbau von heimischem Eiweiß klimaneutraler ist als der von Importsoja. Das wird auch von den Verbrauchern zunehmend honoriert. Und nicht zu vergessen sind die ackerbaulichen Vorteile – wie die bodenverbessernde Wirkung oder auch die Verbesserung der Düngebilanz. Einige Bundesländer fördern den Anbau von Leguminosen mit einer Hektarprämie. Derzeit sind es Bayern, Hessen, BaWü, Niedersachsen und MV. Solche Programme stabilisieren die Anbauflächen heimischer Eiweißträger.


Wie vermarkte ich Erbse, Bohne, Soja und Co.?

 

Beispiele für mehr Informationen zu innovativen Vermarktungskonzepten, zu Verarbeitung und Vermarktung von Ackerbohnen, Körnererbsen und heimischer Soja finden Sie in dieser Übersicht.

Netzwerk aus Start-Ups, Unternehmen und Lebensmittelexperten, die sich im Bereich alternative Proteinquellen engagieren www.balpro.de

FAVA-Trading GmbH & Co. KG

Das Angebot an Hülsenfruchtprodukten aus heimischem Anbau umfasst eine breite Auswahl für den Lebensmittel- sowie den Futtermittelbereich. Schwerpunkt Ackerbohne, daneben weitere Hülsenfrüchte aus heimischer Produktion

www.fava-trading.com
Regionale Vernetzung von Landwirtschaft, Verbraucherschutz, Naturschutz und Vermarktung, um die Rheinische Ackerbohne als gentechnikfreien und regionalen Eiweißträger bekannt zu machen. www.rheinische-ackerbohne.de
Am Standort Golßen betreibt die Emsland Group zusammen mit dem dänischen Unternehmen Aller Aqua Technologies APS die Emsland-Aller Aqua GmbH. Schwerpunkt ist die Herstellung von Stärke und Proteinen aus Kartoffeln und Erbsen. www.emsland-group.de/unternehmen/firmenprofile/emsland-staerke/werk-golssen

Die Taifun-Tofu GmbH bezieht die in Deutschland biologisch erzeugten Sojabohnen überwiegend aus Baden und der Pfalz, seit 2019 auch aus Bayern. 2020 wurde die erste Taifun-Sorte zugelassen.

www.taifun-tofu.de/de/bio-sojaanbau

Ackerbohnen und Erbsen: in der Nutztierfütterung vielfältig einsetzbar

www.praxisnah.de/index.cfm/article/10003.html

Allgemeine Informationen zu Anbau und Vermarktung, Versuchsergebnisse etc.

www.demoneterbo.agrarpraxisforschung.de

www.sojafoerderring.de

Abnehmerkarte für Ackerbohne, Futtererbse, Sojabohne, Hafer, Durum, Dinkel – wird laufend aktualisiert

www.saaten-union.de/abnehmerkarte/ www.ufop.de/abnehmerkarte/

Die Rügenwalder Mühle hat seit Mai 2020 in NW und BB je einen Sojaversuch angelegt, um schon 2021 10 % des Bedarfs mit deutscher Soja zu decken und langfristig diesen Anteil weiter zu erhöhen.

www.ruegenwalder.de/eigenes-soja
Außerdem möchten wir Sie noch einmal auf den Sonderdruck der praxisnah „Ackerbohnen und Futtererbsen“ hinweisen. Die 5. überarbeitete Auflage enthält viele Tipps zu Bodenbearbeitung, Düngung, Pflanzenschutz, Fütterung, Vermarktung und Züchtung. Sie können das Heft kostenfrei bestellen unter info@praxisnah.de. Ein Download steht Ihnen unter www.praxisnah.de im Bereich Sonderausgaben zur Verfügung.  

 

 

 

Stand: 14.10.2020