Obwohl in der Praxis der hohe Vorfruchtwert grundsätzlich bekannt ist und für die Fruchtfolge als wertvoll angesehen wird, fand der Anbau dieser Kulturen seit der Entkopplung der Direktzahlungen ab Mitte der 2000er Jahre in Deutschland nur auf unter 1 % der Ackerfläche statt. Von Landwirten oft genannte Gründe waren fehlende Vermarktungsalternativen und nicht verfügbare Kenntnisse zur Produktionstechnik.
Anbau im Greening hat Leguminosen wieder interessant gemacht
Die Möglichkeit, stickstoffbindende Pflanzen im Greening auf die Erfüllung der ökologischen Vorrangfläche anrechnen zu können, hat vieles verändert: Innerhalb von drei Jahren konnte die Anbaufläche von rund 95.000 ha auf über 180.000 ha etwa verdoppelt werden. Zahlreiche fachliche Nachfragen auf unterschiedlichsten Fachveranstaltungen zeigen, dass eine intensive Auseinandersetzung mit der Produktionstechnik und der Einsatzmöglichkeit als Futtermittel begonnen hat.
Umso bedauerlicher ist es, dass mit Wirkung zum 1. Januar 2018 der Pflanzenschutzmitteleinsatz bei Eiweißpflanzen im Greening verboten worden ist. Die Folge war ein bundesweiter Flächenrückgang bei Körnererbsen und bei Süßlupinen zur Ernte 2018. Ackerbohnen und in Deutschland angebautes Soja konnten entgegen diesem Trend die Flächen jedoch nochmals ausdehnen. Zudem hat sich der Anbau von stickstoffbindenden Pflanzen auf der ökologischen Vorrangfläche von rund 174.200 ha zur Ernte 2017 auf nur noch 84.400 ha zur Ernte 2018 mehr als halbiert. Die Verpflichtung der ökologischen Vorrangfläche wird dort mit alternativen Kulturen erfüllt. Das spricht eine deutliche Sprache betreffend die Notwendigkeit von Pflanzenschutzmaßnahmen nach guter fachlicher Praxis.
Agrarumweltmaßnahmen sind stark nachgefragt
Der Beginn der letzten Förderperiode in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) war Anlass für die Bundesländer, die bisherigen Agrarumweltmaßnahmen zu prüfen sowie neu auszurichten. Ab Anfang 2015 wurde eine Maßnahme zur Förderung einer vielfältigen Fruchtfolge mit 10 % Leguminosen neu konzipiert. In diese Förderung fallen kleinkörnige und/oder großkörnige Leguminosen und/oder Leguminosengemenge. Meist gibt es einen Zuschlag zum Fördersatz, wenn Körnerleguminosen angebaut werden. Die Nachfrage nach dieser Agrarumweltmaßnahme war so groß, dass je nach Region die verfügbaren Finanzmittel meist schnell ausgeschöpft waren. Oft wurden daher die Programme für Neuanträge bereits nach kurzer Zeit geschlossen bzw. einige Bundesländer haben von dem Angebot wieder Abstand genommen. Trotzdem hat die Agrarumweltmaßnahme zur Fruchtartendiversifizierung mit Leguminosen in Deutschland inzwischen einen festen Platz in der zweiten Säule der GAP und stellt einen wichtigen Förderanreiz für den Anbau dar.
Auch im Rahmen der für Herbst 2019 angekündigten Ackerbaustrategie des BMEL sollen die Eiweißpflanzen eine tragende Rolle im Hinblick auf die gewünschte und notwendige Erweiterung von Fruchtfolgen spielen. Es lohnt sich also, sich verstärkt mit den Möglichkeiten und Chancen dieser Kulturen auseinanderzusetzen! Darüber hinaus wird ebenfalls in dem Ende November 2018 von der EU-Kommission vorgelegten „Proteinplan 2018“ den Körnerleguminosen inkl. EU-Soja eine wichtige Rolle zugewiesen. Die Mitgliedsstaaten werden aufgefordert, in den zu erstellenden nationalen strategischen Plänen zur Umsetzung der GAP nach 2020 umfangreiche Maßnahmen zur Förderung von Eiweißpflanzen im Anbau und in der Nutzung zu ergreifen.
Innerbetriebliche Vermarktung ökonomisch vorteilhaft
Die Verfütterung selbstangebauter Leguminosen im eigenen Betrieb ist wirtschaftlich vorteilhaft. Denn dann kann der Futterwert angesetzt werden, der den Marktfruchtpreis i. d. R. deutlich übersteigt. Für Nicht-Tierhalter ist die Kooperation mit dem Nachbarn eine Option. Hier kann der Marktfruchtbetrieb einen gesicherten Absatz generieren und der tierhaltende Betrieb eine verlässliche Angebotsquelle nutzen.
Darüber hinaus beginnen sich vor dem Hintergrund der Forderungen nach GVO-freier Fütterung auch immer mehr Mischfutterhersteller für alternative Eiweißquellen aus heimischer Erzeugung zu interessieren. Insbesondere die inzwischen weit vorangeschrittene Umstellung von Milcherzeugnissen auf die Kennzeichnung „Ohne Gentechnik“ hat einen Nachfrageschub ausgelöst. Ein Einstieg in dieses Segment kann interessante und ausbaufähige Vermarktungsperspektiven eröffnen.
Lebensmittel aus Ackerbohnen erfreuen sich immer größerer Beliebtheit
Einen Überblick über Inhaltsstoffe, Futterwert und Einsatzmöglichkeiten der Körnerleguminosen in der Wiederkäuer-, Schweine- und Geflügelfütterung finden Sie auch in unseren UFOP-Broschüren. Kostenloser Download unter https://www.ufop.de/agrar-info/erzeuger-info/fuetterung/ |
Körnerleguminosen und Soja als Marktfrucht zunehmend gesucht
In den letzten Jahren haben sich innovative neue Marktpartner etabliert, die sowohl regional als auch überregional in zunehmendem Maße als Spezialisten im Bereich Futtermittel- als auch Lebensmittelvermarktung für Ackerbohnen, Körnererbsen, Süßlupinen und Soja agieren. Obwohl einige dieser Akteure noch als Start-up einzuordnen sind, fließen doch immer mehr Mengen in die entsprechende Vermarktung und es wird von attraktiven Erzeugerpreisen für Marktfruchtbetriebe berichtet. Beispielhaft sollen hier wenige Unternehmen genannt werden wie z. B. die auf Ackerbohnenvermarktung für Lebens- und Futtermittel spezialisierte niedersächsische Firma FAVA-TRADING GmbH & Co. KG (Beitrag S. 20ff) und die Emsland Group mit ihren erbsenverarbeitenden Werken im brandenburgischen Golßen und in Emlichheim im Landkreis Grafschaft Bentheim (Beitrag S. 54). Für den Bereich Süßlupinen hat sich aus einem BMBF geförderten Projektvorhaben in Grimmen, Mecklenburg-Vorpommern, die Firma Prolupin GmbH gegründet, die sich auf die Gewinnung von Lupinenproteinisolaten als Zutat für zahlreiche Lebensmittel spezialisiert hat. In Süddeutschland wiederum befindet sich mit der Firma Taifun-Tofu GmbH in Freiburg der inzwischen europaweit größte Hersteller von Tofuprodukten, entstanden aus einen kleinen Sojabohnen- und Sojasprossenhandel auf dem Freiburger Marktplatz Mitte der 80er Jahre.
Da die Nachfrage nach pflanzlichem Protein in der Humanernährung stetig wächst, haben die Anbieter von entsprechenden Produkten sehr gute Entwicklungsperspektiven im Markt. Um die gute Qualität der angebotenen Produkte sicherzustellen, wird verstärkt auf Vertragsanbau aus Deutschland zurückgegriffen. Vielleicht ist ein Einstieg in ein solches Vermarktungsmodell auch für Ihren Betrieb eine gute Vermarktungsoption? Der Vorteil sind verlässliche Rahmenbedingungen für die Anbauplanung deutlich über den Zeitraum von einem Wirtschaftsjahr hinaus.
Fazit
Bei Körnerleguminosen und heimisch angebautem Soja sind ein zunehmendes Interesse und die Entwicklung immer erfolgreicher werdender regionaler und überregionaler Vermarktungsalternativen zu beobachten. Ein weiterer Schub hin zur Stärkung des Leguminosenanbaus ist aus der BMEL-Ackerbaustrategie zu erwarten, die für Herbst 2019 angekündigt ist. Bei der Erweiterung von Fruchtfolgen können Ackerbohnen, Körnererbsen, Süßlupinen und Soja eine tragende Rolle spielen. Prüfen Sie die Möglichkeiten und Chancen für Ihren eigenen Betrieb!
Dr. Manuela Specht, UFOP
Anbauratgeber zur Blauen Süßlupine, zur Körnerfuttererbse und zur Ackerbohne in der Reihe der UFOP-Praxisinformationen stehen als kostenloser Download unter https://www.ufop.de/agrar-info/erzeuger-info/futtererbsen-ackerbohnen-suesslupinen/ bereit. Eine entsprechende Broschüre zu heimisch angebautem Soja folgt zeitnah. |