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Wachsender Markt: Die Ackerbohne als Lebensmittel

Die FAVA-TRADING ist die Antwort von Landwirten und einer Primärgenossenschaft auf die unzureichenden Vermarktungsstrukturen für Ackerbohnen in Norddeutschland. Die Zwischenbilanz des Geschäftsführers und Landwirts Jan Schulze-Geißler nach zwei Jahren: Der deutsche Lebensmittelmarkt ruft nach Ackerbohnen.

Quelle: Dr. Anke Boenisch, SAATEN-UNION
Quelle: Dr. Anke Boenisch, SAATEN-UNION
2016 hatten Thorsten Stehr, die RAISA e.G. und die Landwirte Carsten Elfers, Gerriet Gerdts und Jan Schulze-Geißler die Nase voll: Jahrelang hatten sie Ackerbohnen als hochwertiges Fruchtfolgeglied angebaut und versucht, diese Kultur erfolgreich in den Markt zu bringen. „Aber es zeigte sich immer wieder, dass viele Aussagen Lippenbekenntnisse waren und nichts nachkam“, erinnert Schulze-Geißler sich. Ihn hat das jahrelang geärgert, denn er und seine Berufskollegen schätzen die Ackerbohne sehr. „In unserem landwirtschaftlichen Betrieb bauen wir mittlerweile auf 130 Hektar Ackerbohnen mit Erträgen von 5–8 Tonnen/Hektar – im Schnitt 6 Tonnen an. Diese Kultur fühlt sich in Norddeutschland wohl, bleibt hier gesund und bringt hohe Erträge. Mit ihr können wir Ungrasprobleme effektiv bekämpfen und sie hat darüber hinaus langfristige Effekte auf die gesamte Fruchtfolge.“ Die nach der Bohne stehende Wintergerste bringe bis zu 10 dt/ha mehr Ertrag und brauche weniger N-Dünger. Selbst der Raps, der nach der Gerste steht, profitiere noch von der Leguminose. 

Quelle: Dr. Anke Boenisch, SAATEN-UNION
Quelle: Dr. Anke Boenisch, SAATEN-UNION

Da aber trotz all dieser positiven Effekte die nicht vorhandenen Vermarktungsschienen die Wirtschaftlichkeit der Ackerbohne ausbremste, war das ökonomisch nicht mehr hinnehmbar. So beschloss man, die Sache selbst in die Hand zu nehmen.

Im Sommer 2016 stand dann das Geschäftskonzept, im Frühjahr 2017 begann der Bau der Produktionsanlage.


Das Konzept ist förderungswürdig

Vorrangiges Ziel der FAVA-TRADING ist die Förderung des Ackerbohnenanbaus der Region. Möglichst viel der gehandelten Rohware soll aus dem regionalen Umfeld kommen. Der Bedarf lässt sich allerdings nicht zu 100 % aus Niedersachsen und Schleswig-Holstein decken, sodass teilweise auch Ware aus Mecklenburg-Vorpommern angedient wird. In der Produktionshalle wird die Rohware dann in mehreren Schritten extrem schonend und energiesparend sortiert und gesichtet, dann teilweise geschält und gesplittet.


Die verschiedenen Aufbereitungsqualitäten fließen bereits zum Teil in die heimische Lebensmittelindustrie ab. Man war ursprünglich davon ausgegangen, die Bohnen in den Lebensmittelbereich zu exportieren, denn in anderen Ländern, z. B. im arabischen Raum, hat die Ackerbohne eine lange, ungebrochene Tradition und findet für verschiedenste Speisen Verwendung. Aber auch hierzulande steigt die Nachfrage – durch viel Engagement und Netzwerkarbeit konnten bereits erste Geschäftsbeziehungen mit Abnehmern aus Deutschland aufgebaut werden.


Bei der gesamten Produktion wird auf Energieeffizienz und Nachhaltigkeit geachtet. Ein Beispiel: Die aufbereitete Warere wird in Behältern aus extrem stabiler Pappe für den Transport gelagert. Dieses umweltschonende Material ist ex­trem belastbar und besteht aus zwei „Ringen“ (s. Bild). 

Quelle: Dr. Anke Boenisch, SAATEN-UNION
Quelle: Dr. Anke Boenisch, SAATEN-UNION
Neben einem Zugewinn an Stabilität hat dieser Aufbau den Charme, dass die Ringe differenziert ausgetauscht werden können: Ist der Außenring beschädigt, wird nur dieser erneuert. Wenn die Behälter nicht durch z. B. Maschinen beschädigt werden, halten sie bis zu 500 Be- und Entladungen aus, was die Kosteneffizienz verbessert. Das Material ist sehr umweltfreundlich und recycelbar. Bei Geschäften mit ausländischen Weiterverarbeitern wird versucht, Warenströme über die Kontinente zu vermeiden. „Wir möchten nicht, dass die Bohnen an einen Verarbeiter im Nahen Osten gehen und dort verpackt werden, um dann hier in einem orientalischen Spezialgeschäft in den Regalen zu stehen“, macht Schulze-Geißler deutlich.

 


 

„Unser Ziel als Unternehmen ist es, mit

 der Ackerbohnenvermarktung über langfristige Geschäftsbeziehungen Geld zu verdienen. Die Landwirte wollen mit der Ackerbohne Geld verdienen, gesunde Fruchtfolgen anbauen und sie wollen einen zuverlässigen Vermarktungspartner haben, dessen Preispolitik transparent und fair ist“, bringt Schulze-Geißler es auf den Punkt. In Kombination mit dem regionalen Gedanken war das Konzept so gut, dass es zzt. mit Landesmitteln des Programms ELER* gefördert wird.


Klare Spielregeln, faire Preise

„Uns sind die Transparenz und die Langfristigkeit der Geschäftsbeziehungen zu den landwirtschaftlichen Betrieben sehr wichtig. Wir lagern hier keine Ware ein und trocknen auch nicht. Daher muss die Ware just-in-time entweder von den landwirtschaftlichen Betrieben oder aber vom Zwischenhändler geliefert werden“, erläutert der Geschäftsführer das Prinzip. Es ist ihm wichtig zu betonen, dass auch Partien von Betrieben, die keine Möglichkeit der Vorsortierung, Trocknung und Lagerungen haben, angenommen werden. Diese Partien könnten über den örtlichen Landhändler angedient werden. Wird die geforderte Qualität nicht erzielt, kann die als Lebensmittel abgewiesene Ware aber noch ein qualitativ hochwertiges Futtermittel werden.


Zurzeit werden Anbauverträge über eine bestimmte Sockelmenge und mit garantierter Preisuntergrenze abgeschlossen, die sich am Weizen- und Sojaschrotpreis zweier Termine orientiert. Auch die Obergrenze wird definiert.

Wer in Norddeutschland noch eine Vermarktungsmöglichkeit für seine Ackerbohnen sucht, kann sich gerne bei FAVA-TRADING melden: www.fava-trading.de

So lohnt sich die langfristige Bindung für die landwirtschaftlichen Betriebe, denen aber neben dem Preis auch vor allem die Vermarktungssicherheit wichtig ist. Ein Teil der Rohwarenmenge kommt als „freie Ware“ zu FAVA-TRADING.


Insgesamt ist die Ackerbohnenfläche in der Region in den letzten Jahren gestiegen und auch größere Betriebe beschäftigen sich zunehmend mit dieser Grobleguminose. Die Ackerfuchsschwanzproblematik spielt dabei sicher eine Rolle. Hinzu kommt die Erkenntnis, dass man die Ökonomie einer Kultur nicht über den Deckungsbeitrag der einzelnen Kultur, sondern nur über die detaillierte ökonomische Betrachtung der gesamten Fruchtfolge erfassen kann.


Der Großteil der Ware bleibt in Deutschland

Da die Nachfrage durch deutsche Verarbeiter steigt verbleibt ein immer größer werdender Teil der von FAVA-TRADING aufbereiteten Ware in Deutschland. Im Moment sind sortenreine Partien noch nicht nachgefragt, aber Schulze-Geißler sieht in dem Punkt in der Zukunft eine mögliche Veränderung. Denn immer häufiger sind es sehr spezielle Produkte, die aus den Ackerbohnen hergestellt werden und je spezieller das Endprodukt, desto detaillierter die qualitativen Vorgaben. Dies ist auch ein Grund dafür, dass das junge Unternehmen in der Planung der nahen Zukunft neben den bisher angebotenen Qualitäten durchaus auch eine Herstellung von Konzentraten einbezieht. Diese finden dann zum Beispiel in der vegetarischen/veganen Ernährung als Bestandteil von Fleischersatzprodukten Verwendung – auch dieser Markt wächst weiter! Genauso steigt die Nachfrage nach GMO-freien Produkten – im Lebensmittelbereich und in der Futterindustrie.

Trotz der wachsenden Inlandnachfrage wird auch in den nächsten Jahren ein Teil der norddeutschen Ackerbohnen in den Export gehen, denn auch im Ausland sind hiesige Qualitäten gefragt.


Nachweisbare Qualitätskontrolle

Der Lebensmittelmarkt verlangt fast immer Zertifizierungen, die eine Nachverfolgbarkeit der Ware und deren laufende Qualitätskontrollen garantieren. Ohne GMP+ oder IFS-Food-Zertifizierung kommt daher kaum ein Unternehmen in den Markt. Darüber hinaus hat FAVA-TRADING den Biomarkt bereits ins Visier genommen und strebt mittel­fristig die Lizenz als EU-Bioverarbeiter an. Zurzeit gibt es in Deutschland keine deutsche Bioackerbohnen-Verarbeitung, jetzige Ware kommt überwiegend aus China.


„Wir halten viel Kontakt zur Forschung – so unterstützen wir auch Masterarbeiten – und zu Netzwerken in der verarbeitenden Industrie. Das Allerwichtigste ist aber der enge Kontakt zu den Landwirten. Denn der sorgt für langfristige Geschäftsbeziehungen und diese für planbare Mengen und Qualitäten.“

*http://www.stmelf.bayern.de/eler

 

Stand: 22.02.2019